Lerchl, Sylvie (2022)
Untersuchungen zur Wirkung von Radonexpositionen auf Psoriasis vulgaris anhand verschiedener Modellsysteme.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.26083/tuprints-00020181
Dissertation, Erstveröffentlichung, Verlagsversion
Kurzbeschreibung (Abstract)
Psoriasis ist eine immunvermittelte, chronisch-entzündliche Hauterkrankung, an der etwa 2 % der Weltbevölkerung leiden. Die häufigste Ausprägungsform, Psoriasis vulgaris, äußert sich in scharf abgegrenzten, mit Schuppen bedeckten Erythema, sogenannten Plaques. Der Pathomechanismus basiert hauptsächlich auf einer Autoimmunreaktion und kann in eine Initiationsphase und einen chronischen Status gegliedert werden. In der Initiationsphase aktivieren durch externe Stimuli vermehrt produzierte Autoantigene zunächst dendritische Zellen und folgend T-Zellen. Daraufhin stimulieren von Typ1- und Typ17-T-Helferzellen freigesetzte inflammatorische Zytokine Keratinozyten zur Produktion spezifischer parakrin, autokrin oder chemotaktisch wirkender Faktoren und leiten so die Chronifizierung ein. Die Psoriasis vulgaris stellt eine Indikation für die Radoninhalationstherapie in Heilstollen dar. Betroffene berichten über eine rasch eintretende Linderung der entzündlichen Hautläsionen, die mehrere Monate andauert. Wissenschaftliche Studien, die eine klinische Wirkung des Radons auf Psoriasis bestätigen und molekulare Mechanismen beschreiben, sind bislang unzugänglich. Aufgrund von begleitenden Kuraufenthalten und im Stollen herrschender Wärme kann ein Erholungseffekt als Auslöser der Symptomlinderung nicht ausgeschlossen werden. Ziel dieser Arbeit war es, mittels verschiedener Modellsysteme die potenziellen anti- inflammatorischen Effekte von Radon auf psoriatische Entzündungsreaktionen zu überprüfen und zugrundeliegende Wirkungsmechanismen zu analysieren. Dazu erfolgten zum einen in vivo-Untersuchungen der Wirkung von Radonexpositionen auf ein transgenes Mausmodell (DC- IL-17Aind/ind), das konstitutiv geringe Mengen IL-17A in CD11c+ dendritischen Zellen produziert und dadurch eine graduell verlaufende Plaque-Psoriasis entwickelt. DC-IL-17Aind/ind-Mäuse erhielten vor dem Auftreten charakteristischer Plaques Radonbehandlungen mit typischen Aktivitätskonzentrationen einer Radoninhalationstherapie, entweder in einer einmaligen einstündigen Exposition oder, wie für die Heilstollenkur üblich, auf zehn einstündige Teilexpositionen über einen Zeitraum von zwei Wochen aufgegliedert. Anschließend wurde auf Grundlage eines selbst entwickelten Scores von 0 – 6 der Schweregrad der Hautirritationen, die von rauen Stellen über charakteristische psoriatische Plaques bis zu flächigen Läsionen reichten, bis zu 20 Wochen nach Behandlung bewertet. Zudem wurden Blut sowie post mortem zu definierten Zeitpunkten Gewebeproben für molekulare Analysen entnommen. Zum anderen wurde in vitro die Wirkung von ionisierender Strahlung, wie sie beim radioaktiven Zerfall von Radon emittiert wird, auf ein zelluläres Psoriasis-Modellsystem analysiert. Dieses Modell basierte auf primären humanen Keratinozyten, in welchen durch Zugabe von pro- inflammatorischen Zytokinen ins Kulturmedium eine psoriasiforme Entzündungsreaktion simuliert, das heißt die Produktion entzündungsrelevanter Faktoren der chronischen Phase der Psoriasis vulgaris induziert wurde. Zu ausgewählten Zeitpunkten nach Bestrahlung wurde dann die Modulation der Expression bzw. Synthese Psoriasis-assoziierter Biomarker untersucht. Die Ergebnisse der in vivo-Untersuchungen zeigen, dass durch Radonexpositionen eine verzögerte Entwicklung von Hautirritationen in DC-IL-17Aind/ind-Mäusen erzielt werden konnte. Dieser Effekt war nach zehn Expositionen mit geringerer Aktivität signifikant und wesentlich ausgeprägter als nach einer einmaligen Exposition mit deutlich höherer Aktivität. Molekulare Analysen an Haut und Lymphknoten ließen darauf schließen, dass sich Radonexpositionen vorübergehend immunsuppressiv auf Faktoren auswirken, die vorwiegend an der Initiationsphase der Psoriasis vulgaris beteiligt sind. So wurden unter anderem auf Gen- oder Proteinebene Marker für ein Autoantigen, dendritische Zellen und Typ1-T-Helferzellen reduziert produziert, während anti-entzündliche Faktoren wie regulatorische T-Zellen zunahmen. Die Produktion von Biomarkern der chronischen Phase der Erkrankung zeigte sich dagegen in Haut- und Blutproben nicht gehemmt. Letzteres wurde auch durch die in vitro- Experimente teilweise nachgewiesen. Ionisierende Strahlung hemmte in psoriasiformen Keratinozyten zwar vorübergehend die Genexpression vereinzelter Biomarker, wirkte jedoch nicht umfassend immunsuppressiv auf die Produktion Psoriasis-spezifischer Faktoren. Zudem ging aus einer Genexpressionsanalyse der Haut von DC-IL-17Aind/ind-Mäusen hervor, dass Gene, die mit Reaktionen auf ionisierende Strahlung assoziiert sind, nach Radonbehandlungen nicht verändert exprimiert vorlagen. Dies lässt annehmen, dass die Wirkungen des Radons auf die Zielstrukturen nicht direkt von der ionisierenden Strahlung des radioaktiven Zerfalls ausgelöst, sondern überwiegend durch indirekte biologische Effekte vermittelt werden – eventuell durch die Reaktionen von einzelnen oder wenigen bestrahlten Zellen. Genauere mögliche Mechanismen diesbezüglich bleiben zu untersuchen. Die Ergebnisse dieser präklinischen Arbeit bestätigen in dem verwendeten Mausmodell die von Patient_innen und behandelnden Ärzt_innen immer wieder berichtete therapeutische Wirksamkeit von Radonbehandlungen auf Psoriasis. Zudem wurden erste Hinweise auf mögliche molekulare Mechanismen aufgezeigt, die künftig an weiteren (humanen) Modellsystemen und nach Möglichkeit in einer Patient_innenstudie verifiziert werden sollten. Hierfür wurde im Rahmen dieser Arbeit bereits ein komplexes humanes Psoriasis-Modell etabliert, das auf Hautexplantaten gesunder Spender basiert.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2022 | ||||
Autor(en): | Lerchl, Sylvie | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Untersuchungen zur Wirkung von Radonexpositionen auf Psoriasis vulgaris anhand verschiedener Modellsysteme | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Nuber, Prof. Dr. Ulrike A. ; Fournier, Prof. Dr. Claudia | ||||
Publikationsjahr: | 2022 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Kollation: | 167 Seiten | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 11 November 2021 | ||||
DOI: | 10.26083/tuprints-00020181 | ||||
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/20181 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Psoriasis ist eine immunvermittelte, chronisch-entzündliche Hauterkrankung, an der etwa 2 % der Weltbevölkerung leiden. Die häufigste Ausprägungsform, Psoriasis vulgaris, äußert sich in scharf abgegrenzten, mit Schuppen bedeckten Erythema, sogenannten Plaques. Der Pathomechanismus basiert hauptsächlich auf einer Autoimmunreaktion und kann in eine Initiationsphase und einen chronischen Status gegliedert werden. In der Initiationsphase aktivieren durch externe Stimuli vermehrt produzierte Autoantigene zunächst dendritische Zellen und folgend T-Zellen. Daraufhin stimulieren von Typ1- und Typ17-T-Helferzellen freigesetzte inflammatorische Zytokine Keratinozyten zur Produktion spezifischer parakrin, autokrin oder chemotaktisch wirkender Faktoren und leiten so die Chronifizierung ein. Die Psoriasis vulgaris stellt eine Indikation für die Radoninhalationstherapie in Heilstollen dar. Betroffene berichten über eine rasch eintretende Linderung der entzündlichen Hautläsionen, die mehrere Monate andauert. Wissenschaftliche Studien, die eine klinische Wirkung des Radons auf Psoriasis bestätigen und molekulare Mechanismen beschreiben, sind bislang unzugänglich. Aufgrund von begleitenden Kuraufenthalten und im Stollen herrschender Wärme kann ein Erholungseffekt als Auslöser der Symptomlinderung nicht ausgeschlossen werden. Ziel dieser Arbeit war es, mittels verschiedener Modellsysteme die potenziellen anti- inflammatorischen Effekte von Radon auf psoriatische Entzündungsreaktionen zu überprüfen und zugrundeliegende Wirkungsmechanismen zu analysieren. Dazu erfolgten zum einen in vivo-Untersuchungen der Wirkung von Radonexpositionen auf ein transgenes Mausmodell (DC- IL-17Aind/ind), das konstitutiv geringe Mengen IL-17A in CD11c+ dendritischen Zellen produziert und dadurch eine graduell verlaufende Plaque-Psoriasis entwickelt. DC-IL-17Aind/ind-Mäuse erhielten vor dem Auftreten charakteristischer Plaques Radonbehandlungen mit typischen Aktivitätskonzentrationen einer Radoninhalationstherapie, entweder in einer einmaligen einstündigen Exposition oder, wie für die Heilstollenkur üblich, auf zehn einstündige Teilexpositionen über einen Zeitraum von zwei Wochen aufgegliedert. Anschließend wurde auf Grundlage eines selbst entwickelten Scores von 0 – 6 der Schweregrad der Hautirritationen, die von rauen Stellen über charakteristische psoriatische Plaques bis zu flächigen Läsionen reichten, bis zu 20 Wochen nach Behandlung bewertet. Zudem wurden Blut sowie post mortem zu definierten Zeitpunkten Gewebeproben für molekulare Analysen entnommen. Zum anderen wurde in vitro die Wirkung von ionisierender Strahlung, wie sie beim radioaktiven Zerfall von Radon emittiert wird, auf ein zelluläres Psoriasis-Modellsystem analysiert. Dieses Modell basierte auf primären humanen Keratinozyten, in welchen durch Zugabe von pro- inflammatorischen Zytokinen ins Kulturmedium eine psoriasiforme Entzündungsreaktion simuliert, das heißt die Produktion entzündungsrelevanter Faktoren der chronischen Phase der Psoriasis vulgaris induziert wurde. Zu ausgewählten Zeitpunkten nach Bestrahlung wurde dann die Modulation der Expression bzw. Synthese Psoriasis-assoziierter Biomarker untersucht. Die Ergebnisse der in vivo-Untersuchungen zeigen, dass durch Radonexpositionen eine verzögerte Entwicklung von Hautirritationen in DC-IL-17Aind/ind-Mäusen erzielt werden konnte. Dieser Effekt war nach zehn Expositionen mit geringerer Aktivität signifikant und wesentlich ausgeprägter als nach einer einmaligen Exposition mit deutlich höherer Aktivität. Molekulare Analysen an Haut und Lymphknoten ließen darauf schließen, dass sich Radonexpositionen vorübergehend immunsuppressiv auf Faktoren auswirken, die vorwiegend an der Initiationsphase der Psoriasis vulgaris beteiligt sind. So wurden unter anderem auf Gen- oder Proteinebene Marker für ein Autoantigen, dendritische Zellen und Typ1-T-Helferzellen reduziert produziert, während anti-entzündliche Faktoren wie regulatorische T-Zellen zunahmen. Die Produktion von Biomarkern der chronischen Phase der Erkrankung zeigte sich dagegen in Haut- und Blutproben nicht gehemmt. Letzteres wurde auch durch die in vitro- Experimente teilweise nachgewiesen. Ionisierende Strahlung hemmte in psoriasiformen Keratinozyten zwar vorübergehend die Genexpression vereinzelter Biomarker, wirkte jedoch nicht umfassend immunsuppressiv auf die Produktion Psoriasis-spezifischer Faktoren. Zudem ging aus einer Genexpressionsanalyse der Haut von DC-IL-17Aind/ind-Mäusen hervor, dass Gene, die mit Reaktionen auf ionisierende Strahlung assoziiert sind, nach Radonbehandlungen nicht verändert exprimiert vorlagen. Dies lässt annehmen, dass die Wirkungen des Radons auf die Zielstrukturen nicht direkt von der ionisierenden Strahlung des radioaktiven Zerfalls ausgelöst, sondern überwiegend durch indirekte biologische Effekte vermittelt werden – eventuell durch die Reaktionen von einzelnen oder wenigen bestrahlten Zellen. Genauere mögliche Mechanismen diesbezüglich bleiben zu untersuchen. Die Ergebnisse dieser präklinischen Arbeit bestätigen in dem verwendeten Mausmodell die von Patient_innen und behandelnden Ärzt_innen immer wieder berichtete therapeutische Wirksamkeit von Radonbehandlungen auf Psoriasis. Zudem wurden erste Hinweise auf mögliche molekulare Mechanismen aufgezeigt, die künftig an weiteren (humanen) Modellsystemen und nach Möglichkeit in einer Patient_innenstudie verifiziert werden sollten. Hierfür wurde im Rahmen dieser Arbeit bereits ein komplexes humanes Psoriasis-Modell etabliert, das auf Hautexplantaten gesunder Spender basiert. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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Status: | Verlagsversion | ||||
URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-201818 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 500 Naturwissenschaften | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 10 Fachbereich Biologie 10 Fachbereich Biologie > Stammzell- und Entwicklungsbiologie |
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Hinterlegungsdatum: | 01 Mär 2022 08:03 | ||||
Letzte Änderung: | 02 Mär 2022 07:04 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Nuber, Prof. Dr. Ulrike A. ; Fournier, Prof. Dr. Claudia | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 11 November 2021 | ||||
Export: | |||||
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