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Eine Erweiterung der Skalierte-Rand-Finite-Elemente-Methode zur Analyse und Bewertung des Randeffekts in ebenen Laminaten mithilfe der Finiten Bruchmechanik

Dölling, Sebastian Georg (2022)
Eine Erweiterung der Skalierte-Rand-Finite-Elemente-Methode zur Analyse und Bewertung des Randeffekts in ebenen Laminaten mithilfe der Finiten Bruchmechanik.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.26083/tuprints-00020357
Dissertation, Erstveröffentlichung, Verlagsversion

Kurzbeschreibung (Abstract)

Laminate aus Faser-Kunststoff-Verbunden sind ideale Werkstoffe für hoch belastbare, gewichtsgünstige Strukturbauteile. Dies ist vor allem auf ihre vorteilhaften mechanischen Eigenschaften zurückzuführen. Zudem besteht die Möglichkeit, Laminate auf die anliegende Belastung optimieren zu können. Dazu lässt sich deren Aufbau, der aus lagenweise gestapelten Einzelschichten besteht, gezielt anpassen. Allerdings gestaltet sich die Auslegung von Laminaten im Hinblick auf die Vorhersage der effektiven Festigkeit schwierig, da unterschiedliche Versagensarten auftreten können. Neben den Versagensmodi innerhalb der Einzelschichten, die sich durch geeignete spannungsbasierte Kriterien zuverlässig vorhersagen lassen, existiert eine weitere Versagensform, die als besonders kritisch anzusehen ist: eine schlagartige und großflächige Trennung der Einzelschichten, die auch als Delamination bezeichnet wird. Auslöser für den letztgenannten Versagensmodus kann der sogenannte Laminat-Randeffekt sein, der lokal an den vermeintlich harmlosen freien Rändern des Laminats in Form einer Spannungskonzentration auftritt, die im Sinne der Elastizitätstheorie sogar singulär ist. Hervorgerufen wird der Effekt durch die verschiedenen elastischen Eigenschaften der Schichten. Obwohl der Laminat-Randeffekt bereits seit vielen Jahren Gegenstand reger wissenschaftlicher Forschung ist, stellt sich dessen Bewertung noch immer als herausfordernd dar. Dies ist vor allem dem speziellen singulären Charakter des Spannungsfeldes geschuldet. Im Fokus dieser Arbeit steht die Vorhersage von interlaminarem Versagen, bedingt durch den Laminat-Randeffekt. Für das Erfassen des Randeffekts ist bislang keine exakte geschlossen-analytische Lösung bekannt. Aus diesem Grund wird die semi-analytische Skalierte-Rand-Finite-Elemente-Methode auf die speziellen Erfordernisse zu dessen vollständiger Erfassung adaptiert. Dabei erfolgt die Implementierung innerhalb des Berechnungsprogramms Matlab. Neben der hohen Effizienz zeichnet sich die Methode durch die Beschreibung der Feldgrößen in Form von (endlichen) Potenzreihen aus. Diese Darstellung entspricht dem natürlichen Charakter der Lösung, sodass ein vertieftes mechanisches Verständnis ermöglicht wird. Infolgedessen können singuläre Felder präzise erfasst werden. Zudem sind relevante Größen für die Beurteilung der Kritikalität des Spannungsfeldes, wie beispielsweise Spannungssingularitätsexponenten, unmittelbar zugänglich. Als praxisrelevante Laminatklasse stehen mittensymmetrische, ausgeglichene Winkelverbunde unter mechanischer Belastung im Fokus der Betrachtung. Die resultierenden Spannungsfelder werden mit Referenzlösungen verglichen, die mithilfe der klassischen Finite-Elemente-Methode gewonnen werden. Darüber hinaus wird unter Verwendung des Lekhnitskii-Formalismus eine analytische Lösung exemplarisch für den singulären Modus als Referenz berechnet und den Ergebnissen der Skalierte-Rand-Elemente-Methode gegenübergestellt. In beiden Fällen zeigt sich eine exzellente Übereinstimmung der Resultate. Es wird ausführlich auf die Problematik der Versagensvorhersage von Struktursituationen eingegangen, in denen schwache Spannungssingularitäten auftreten. Diese entziehen sich einer Bewertung mit klassischen spannungsbasierten Kriterien oder bruchmechanischen Verfahren. Einen möglichen Ausweg bietet das innovative gekoppelte Spannungs- und Energiekriterium im Rahmen der Finiten Bruchmechanik. Das Kriterium zeichnet sich durch die Verwendung von ausschließlich physikalisch basierten Materialkennwerten aus. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Diskussion über die Bereitstellung der benötigten versagensrelevanten Materialkennwerte. Die Betrachtung des Einflusses der Einzelschichtdicke auf die Versagenslast erfordert die Analyse einer Vielzahl von Randwertproblemen. Als elegante Möglichkeit, deren Anzahl signifikant zu reduzieren, wird die Methode der Dimensionsanalyse angewendet. Somit ergeben sich unter Ausnutzung der Selbstähnlichkeit Skalierungsgesetze für deren Lösungen. Für die Verifikation der vorhergesagten Versagenslasten wird zusätzlich ein Kohäsivzonenmodell innerhalb des Finite-Elemente-Modells implementiert. Die vorhergesagten Versagenslasten werden mit experimentellen Befunden aus der Literatur verglichen. Es zeigt sich eine gute Übereinstimmung. Physikalische Effekte, wie der Einfluss der Schichtdicke, werden erfasst. Einen interessanten Aspekt stellt die Konkurrenz der auftretenden Versagensmodi abhängig von der Orientierung der Einzelschichten dar. Zu diesem Zweck werden auch Versagensarten innerhalb der Einzelschichten mit einem gängigen Kriterium betrachtet. Der in der Literatur beschriebene Wechsel kann mit den vorgestellten Verfahren vorhergesagt werden. Dabei zeigt sich, dass der interlaminare Versagensmodus unbedingt berücksichtigt werden muss, da die Versagenslast sonst mitunter signifikant überschätzt wird. Abschließend wird die vorgestellte Methodik auf eine Situation der thermisch induzierten interlaminaren Rissentstehung, ausgehend vom freien Rand, übertragen. Als verwandtes Beispiel wird eine Glas-Epoxidharz-Fügung aus der Literatur betrachtet. Auch in diesem Fall stimmen die Vorhersagen mit den experimentell beobachteten kritischen Temperaturen gut überein.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2022
Autor(en): Dölling, Sebastian Georg
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Eine Erweiterung der Skalierte-Rand-Finite-Elemente-Methode zur Analyse und Bewertung des Randeffekts in ebenen Laminaten mithilfe der Finiten Bruchmechanik
Sprache: Deutsch
Referenten: Becker, Prof. Dr. Wilfried ; Mittelstedt, Prof. Dr. Christian
Publikationsjahr: 2022
Ort: Darmstadt
Kollation: xix, 189 Seiten
Datum der mündlichen Prüfung: 19 Januar 2022
DOI: 10.26083/tuprints-00020357
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/20357
Kurzbeschreibung (Abstract):

Laminate aus Faser-Kunststoff-Verbunden sind ideale Werkstoffe für hoch belastbare, gewichtsgünstige Strukturbauteile. Dies ist vor allem auf ihre vorteilhaften mechanischen Eigenschaften zurückzuführen. Zudem besteht die Möglichkeit, Laminate auf die anliegende Belastung optimieren zu können. Dazu lässt sich deren Aufbau, der aus lagenweise gestapelten Einzelschichten besteht, gezielt anpassen. Allerdings gestaltet sich die Auslegung von Laminaten im Hinblick auf die Vorhersage der effektiven Festigkeit schwierig, da unterschiedliche Versagensarten auftreten können. Neben den Versagensmodi innerhalb der Einzelschichten, die sich durch geeignete spannungsbasierte Kriterien zuverlässig vorhersagen lassen, existiert eine weitere Versagensform, die als besonders kritisch anzusehen ist: eine schlagartige und großflächige Trennung der Einzelschichten, die auch als Delamination bezeichnet wird. Auslöser für den letztgenannten Versagensmodus kann der sogenannte Laminat-Randeffekt sein, der lokal an den vermeintlich harmlosen freien Rändern des Laminats in Form einer Spannungskonzentration auftritt, die im Sinne der Elastizitätstheorie sogar singulär ist. Hervorgerufen wird der Effekt durch die verschiedenen elastischen Eigenschaften der Schichten. Obwohl der Laminat-Randeffekt bereits seit vielen Jahren Gegenstand reger wissenschaftlicher Forschung ist, stellt sich dessen Bewertung noch immer als herausfordernd dar. Dies ist vor allem dem speziellen singulären Charakter des Spannungsfeldes geschuldet. Im Fokus dieser Arbeit steht die Vorhersage von interlaminarem Versagen, bedingt durch den Laminat-Randeffekt. Für das Erfassen des Randeffekts ist bislang keine exakte geschlossen-analytische Lösung bekannt. Aus diesem Grund wird die semi-analytische Skalierte-Rand-Finite-Elemente-Methode auf die speziellen Erfordernisse zu dessen vollständiger Erfassung adaptiert. Dabei erfolgt die Implementierung innerhalb des Berechnungsprogramms Matlab. Neben der hohen Effizienz zeichnet sich die Methode durch die Beschreibung der Feldgrößen in Form von (endlichen) Potenzreihen aus. Diese Darstellung entspricht dem natürlichen Charakter der Lösung, sodass ein vertieftes mechanisches Verständnis ermöglicht wird. Infolgedessen können singuläre Felder präzise erfasst werden. Zudem sind relevante Größen für die Beurteilung der Kritikalität des Spannungsfeldes, wie beispielsweise Spannungssingularitätsexponenten, unmittelbar zugänglich. Als praxisrelevante Laminatklasse stehen mittensymmetrische, ausgeglichene Winkelverbunde unter mechanischer Belastung im Fokus der Betrachtung. Die resultierenden Spannungsfelder werden mit Referenzlösungen verglichen, die mithilfe der klassischen Finite-Elemente-Methode gewonnen werden. Darüber hinaus wird unter Verwendung des Lekhnitskii-Formalismus eine analytische Lösung exemplarisch für den singulären Modus als Referenz berechnet und den Ergebnissen der Skalierte-Rand-Elemente-Methode gegenübergestellt. In beiden Fällen zeigt sich eine exzellente Übereinstimmung der Resultate. Es wird ausführlich auf die Problematik der Versagensvorhersage von Struktursituationen eingegangen, in denen schwache Spannungssingularitäten auftreten. Diese entziehen sich einer Bewertung mit klassischen spannungsbasierten Kriterien oder bruchmechanischen Verfahren. Einen möglichen Ausweg bietet das innovative gekoppelte Spannungs- und Energiekriterium im Rahmen der Finiten Bruchmechanik. Das Kriterium zeichnet sich durch die Verwendung von ausschließlich physikalisch basierten Materialkennwerten aus. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Diskussion über die Bereitstellung der benötigten versagensrelevanten Materialkennwerte. Die Betrachtung des Einflusses der Einzelschichtdicke auf die Versagenslast erfordert die Analyse einer Vielzahl von Randwertproblemen. Als elegante Möglichkeit, deren Anzahl signifikant zu reduzieren, wird die Methode der Dimensionsanalyse angewendet. Somit ergeben sich unter Ausnutzung der Selbstähnlichkeit Skalierungsgesetze für deren Lösungen. Für die Verifikation der vorhergesagten Versagenslasten wird zusätzlich ein Kohäsivzonenmodell innerhalb des Finite-Elemente-Modells implementiert. Die vorhergesagten Versagenslasten werden mit experimentellen Befunden aus der Literatur verglichen. Es zeigt sich eine gute Übereinstimmung. Physikalische Effekte, wie der Einfluss der Schichtdicke, werden erfasst. Einen interessanten Aspekt stellt die Konkurrenz der auftretenden Versagensmodi abhängig von der Orientierung der Einzelschichten dar. Zu diesem Zweck werden auch Versagensarten innerhalb der Einzelschichten mit einem gängigen Kriterium betrachtet. Der in der Literatur beschriebene Wechsel kann mit den vorgestellten Verfahren vorhergesagt werden. Dabei zeigt sich, dass der interlaminare Versagensmodus unbedingt berücksichtigt werden muss, da die Versagenslast sonst mitunter signifikant überschätzt wird. Abschließend wird die vorgestellte Methodik auf eine Situation der thermisch induzierten interlaminaren Rissentstehung, ausgehend vom freien Rand, übertragen. Als verwandtes Beispiel wird eine Glas-Epoxidharz-Fügung aus der Literatur betrachtet. Auch in diesem Fall stimmen die Vorhersagen mit den experimentell beobachteten kritischen Temperaturen gut überein.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

Composite laminates made of fiber-reinforced plastic are ideal materials for strong, low-weight structural components. This is mainly due to their advantageous mechanical properties. It is possible to optimize laminates for the applied load. For this purpose, their build-up, which consists of layer-wise stacked individual layers, can be customized. However, the prediction of the effective strength of laminates is difficult, as different types of failure can occur. In addition to failure modes within individual layers, which can be reliably predicted by suitable stress-based criteria, there is an additional failure mode that is particularly critical: a sudden separation of the individual layers over a large area, also known as delamination. The latter failure mode can be triggered by the so-called laminate free-edge effect, which occurs locally at the supposedly harmless free edges of laminates in the form of a stress concentration that is even singular according to the theory of elasticity. The effect is caused by the different elastic properties of individual layers. Although the laminate free-edge effect has been the subject of intensive scientific research for many years, its evaluation is still challenging. This is mainly due to the particular singular nature of the stress field. The focus of this work is the prediction of interlaminar failure, caused by the laminate free-edge effect. For the determination of the free-edge effect, no closed-form analytical solution is known. For this reason, the semi-analytical scaled boundary finite element method is adapted to the special requirements for its complete determination. The method is implemented in Matlab. In addition to its high efficiency, the method is characterized by the description of the field quantities in the form of a (finite) power series. This representation corresponds to the natural character of the solution, providing a deeper mechanical understanding. As a result, singular fields can be captured precisely. In addition, relevant quantities for the assessment of the criticality of the stress field, such as the singularity exponent, are directly accessible. As a practically relevant laminate-type, symmetric angle-ply laminates under mechanical loading are in the focus of the investigation. The resulting stress fields are compared to reference solutions obtained by the classical finite element method. Further, using the Lekhnitskii formalism an analytical solution is computed for the singular mode as a reference and compared to the results of the scaled boundary finite element method. In both cases, the agreement of the results is excellent. The challenges of predicting failure originating from weak stress singularities is discussed in detail, which are beyond the scope of evaluation with classical stress-based criteria or fracture mechanics methods alone. A possible solution is provided by the innovative coupled stress and energy criterion within the framework of finite fracture mechanics. The criterion is characterized by the use of only physical material properties. In addition, a discussion on the supply of the required failure-relevant material parameters is provided. Studying the influence of the individual layer thickness on the failure load requires the analysis of a large number of boundary-value problems. As an elegant way of significantly reducing their number, the method of dimensional analysis is applied. Thus, by exploiting the self-similarity, scaling laws for their solutions are obtained. In order to verify the predicted failure loads, a cohesive zone model is implemented within the finite element model. The predicted failure loads are compared with experimental findings from literature. The results show a good agreement. Physical effects such as the influence of the layer thickness are captured. An interesting aspect is the competition of the occurring failure modes depending on the orientation of the individual layers. For this purpose, failure modes within the individual layers are considered using a well-established criterion. The failure mode change described in the literature can be predicted with the introduced methods. It is revealed that the interlaminar failure mode has to be taken into account since the failure load otherwise may be overestimated significantly. Finally, the presented methodology is applied to a situation of thermally induced interlaminar crack initiation starting from the free edge. As a related example, a glass-epoxy bimaterial joint taken from literature is examined. In this case, the predictions are in good agreement with the experimentally observed critical temperatures.

Englisch
Status: Verlagsversion
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-203576
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 16 Fachbereich Maschinenbau
16 Fachbereich Maschinenbau > Fachgebiet für Strukturmechanik (FSM)
Hinterlegungsdatum: 02 Feb 2022 13:38
Letzte Änderung: 03 Feb 2022 06:16
PPN:
Referenten: Becker, Prof. Dr. Wilfried ; Mittelstedt, Prof. Dr. Christian
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 19 Januar 2022
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