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Beschreibungslogische Charakterisierung variationaler Geometrien

Zocholl, Maximilian (2021)
Beschreibungslogische Charakterisierung variationaler Geometrien.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.26083/tuprints-00020085
Dissertation, Erstveröffentlichung, Verlagsversion

Kurzbeschreibung (Abstract)

Das Konzept dient der Charakterisierung der Lösungsräume von vollständig bestimmten geometrischen Problemen, die Position von Punkten, Geraden und Ebenen implizit durch nichtlineare geometrische Zwangsbedingungen wie Winkel und Distanz beschreiben. Im Allgemeinen besitzt jedes dieser geometrischen Probleme mehrere Lösungen, deren geometrische Interpretationen als variationale Geometrien bezeichnet werden und von denen nicht alle gleichwertig sein müssen. Die Charakterisierung variationaler Geometrien dient deren Unterscheidung und ermöglicht hierdurch deren gezielte Selektierung. Als minimal notwendige Information zur Unterscheidung zweier Lösungen wird die Chiralität zur Disambiguierung der relativen Lage zwischen zwei geometrischen Elementen A,B genutzt, z.B. „A links von B“ oder „A rechts von B“.

Die Anwendbarkeit des Konzepts wird anhand von zweidimensionalen Skizzen und dreidimensionalen Baugruppenmodellen in der rechnergestützten Konstruktion vorgestellt, ist aber auch auf geometrische Probleme anderer Domänen übertragbar, z.B. die Interpretation von sensorbasierten Messungen. Die den variationalen Geometrien zugrunde liegende Technologie, das variationale Design, ermöglicht die Formulierung von geometrischen Zwangsbedingungen zwischen den geometrischen Elementen ohne die Spezifikation von Richtungsinformationen.

Die Defizite existierender Verfahren zur Lösungsselektion bestehen darin, dass diese Richtungsinformationen und Lösungen als gegeben annehmen, sich auf Punkte beschränken und weder vollständig noch korrekt sein müssen.

Zur Überwindung dieser Defizite argumentiert das vorgestellte Konzept, dass eine eindeutige Lösungsselektion nur von einem Verfahren durchgeführt werden kann, dass die vollständige und korrekte Charakterisierung aller variationaler Geometrien eines geometrischen Problems ermöglicht. Das Konzept der Charakterisierung und der Lösungsselektion erfüllt diese Voraussetzung und ermöglicht die Charakterisierung unter Unsicherheit über die Richtung der Zwangsbedingungen sowie unter Unwissen über die Position und Lage der geometrischen Elemente. Die Unsicherheitsinformationen werden explizit durch eine entscheidbare Beschreibungslogik modelliert. Diese ermöglicht die Nutzung von deduktiven Schlussfolgerungsverfahren für die Beantwortung der Fragen ob eine variationale Geometrie geometrisch eindeutig definiert ist und ob die variationale Geometrie der Modellierungsabsicht des Konstrukteurs entspricht.

Der wesentliche Beitrag der Dissertation besteht in der konzeptuellen, deklarativen und prozeduralen Spezifikation der Charakterisierung variationaler Geometrien und der hierdurch ermöglichten Lösungsselektion. Die Bedingungen für die Eindeutigkeit der Lösungsselektion werden über die beschreibungslogische Definition geometrischer Eindeutigkeit formalisiert und sind durch die Formulierung in 27 Teilproblemen, sogenannten Basiskonfigurationen automatisiert generierbar und prüfbar. Weitere Beiträge bestehen in der prototypischen beschreibungslogischen Implementierung von 32 Zwangsbedingungen. Hierfür wurden bestehende Methoden zur Konvertierung von Standards der ISO 10303 in Beschreibungslogik weiterentwickelt. Für die betrachtete Menge geometrischer Probleme werden darüber hinaus Abschätzungen der minimalen und maximalen Lösungsanzahl und notwendiger Lösungsselektoren vorgeschlagen.

Das Konzept wurde prototypisch implementiert, verifiziert und validiert. Das Ergebnis der Verifikation zeigt, dass mit sequenzieller Prüfung der Lösungsselektoren die Berechnungszeit linear zur Anzahl der variationalen Geometrien bleibt. Für die Validierung wurde ein Algorithmus entwickelt mit dem sich geometrische Probleme mit spezifischen Eigenschaften erzeugen lassen.

Das Ergebnis der Validierung zeigt, dass das Konzept variationale Geometrien vollständig und korrekt charakterisiert. Die Übertragbarkeit der Ergebnisse wird durch die Nutzung von Standards wie ISO 10303-108 und OWL 2 erleichtert.

Als Ausblick wurde das Potenzial zur Reduzierung der notwendigen Informationen für eine eindeutige Lösungsselektion identifiziert.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2021
Autor(en): Zocholl, Maximilian
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Beschreibungslogische Charakterisierung variationaler Geometrien
Sprache: Deutsch
Referenten: Anderl, Prof. Dr. Reiner ; Kirchner, Prof. Dr. Eckhard
Publikationsjahr: 2021
Ort: Darmstadt
Kollation: xviii, 382 Seiten
Datum der mündlichen Prüfung: 6 Juli 2021
DOI: 10.26083/tuprints-00020085
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/20085
Kurzbeschreibung (Abstract):

Das Konzept dient der Charakterisierung der Lösungsräume von vollständig bestimmten geometrischen Problemen, die Position von Punkten, Geraden und Ebenen implizit durch nichtlineare geometrische Zwangsbedingungen wie Winkel und Distanz beschreiben. Im Allgemeinen besitzt jedes dieser geometrischen Probleme mehrere Lösungen, deren geometrische Interpretationen als variationale Geometrien bezeichnet werden und von denen nicht alle gleichwertig sein müssen. Die Charakterisierung variationaler Geometrien dient deren Unterscheidung und ermöglicht hierdurch deren gezielte Selektierung. Als minimal notwendige Information zur Unterscheidung zweier Lösungen wird die Chiralität zur Disambiguierung der relativen Lage zwischen zwei geometrischen Elementen A,B genutzt, z.B. „A links von B“ oder „A rechts von B“.

Die Anwendbarkeit des Konzepts wird anhand von zweidimensionalen Skizzen und dreidimensionalen Baugruppenmodellen in der rechnergestützten Konstruktion vorgestellt, ist aber auch auf geometrische Probleme anderer Domänen übertragbar, z.B. die Interpretation von sensorbasierten Messungen. Die den variationalen Geometrien zugrunde liegende Technologie, das variationale Design, ermöglicht die Formulierung von geometrischen Zwangsbedingungen zwischen den geometrischen Elementen ohne die Spezifikation von Richtungsinformationen.

Die Defizite existierender Verfahren zur Lösungsselektion bestehen darin, dass diese Richtungsinformationen und Lösungen als gegeben annehmen, sich auf Punkte beschränken und weder vollständig noch korrekt sein müssen.

Zur Überwindung dieser Defizite argumentiert das vorgestellte Konzept, dass eine eindeutige Lösungsselektion nur von einem Verfahren durchgeführt werden kann, dass die vollständige und korrekte Charakterisierung aller variationaler Geometrien eines geometrischen Problems ermöglicht. Das Konzept der Charakterisierung und der Lösungsselektion erfüllt diese Voraussetzung und ermöglicht die Charakterisierung unter Unsicherheit über die Richtung der Zwangsbedingungen sowie unter Unwissen über die Position und Lage der geometrischen Elemente. Die Unsicherheitsinformationen werden explizit durch eine entscheidbare Beschreibungslogik modelliert. Diese ermöglicht die Nutzung von deduktiven Schlussfolgerungsverfahren für die Beantwortung der Fragen ob eine variationale Geometrie geometrisch eindeutig definiert ist und ob die variationale Geometrie der Modellierungsabsicht des Konstrukteurs entspricht.

Der wesentliche Beitrag der Dissertation besteht in der konzeptuellen, deklarativen und prozeduralen Spezifikation der Charakterisierung variationaler Geometrien und der hierdurch ermöglichten Lösungsselektion. Die Bedingungen für die Eindeutigkeit der Lösungsselektion werden über die beschreibungslogische Definition geometrischer Eindeutigkeit formalisiert und sind durch die Formulierung in 27 Teilproblemen, sogenannten Basiskonfigurationen automatisiert generierbar und prüfbar. Weitere Beiträge bestehen in der prototypischen beschreibungslogischen Implementierung von 32 Zwangsbedingungen. Hierfür wurden bestehende Methoden zur Konvertierung von Standards der ISO 10303 in Beschreibungslogik weiterentwickelt. Für die betrachtete Menge geometrischer Probleme werden darüber hinaus Abschätzungen der minimalen und maximalen Lösungsanzahl und notwendiger Lösungsselektoren vorgeschlagen.

Das Konzept wurde prototypisch implementiert, verifiziert und validiert. Das Ergebnis der Verifikation zeigt, dass mit sequenzieller Prüfung der Lösungsselektoren die Berechnungszeit linear zur Anzahl der variationalen Geometrien bleibt. Für die Validierung wurde ein Algorithmus entwickelt mit dem sich geometrische Probleme mit spezifischen Eigenschaften erzeugen lassen.

Das Ergebnis der Validierung zeigt, dass das Konzept variationale Geometrien vollständig und korrekt charakterisiert. Die Übertragbarkeit der Ergebnisse wird durch die Nutzung von Standards wie ISO 10303-108 und OWL 2 erleichtert.

Als Ausblick wurde das Potenzial zur Reduzierung der notwendigen Informationen für eine eindeutige Lösungsselektion identifiziert.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

The concept provides a means to characterise the solution spaces of fully defined geometrical constraint solving problems defining the relative position of points, lines and planes implicitly by nonlinear geometrical constraints such as angle and distance.

In general, multiple solutions exist for each of those problems. The geometrical interpretation of each solution is referred to as variational geometry. While all variational geometries are equivalent from the perspective of the problem formulation not all variational geometries are equivalent in other interpretation contexts. The characterisation of variational geometries aims at their differentiation in order to allow for their selection, also known as solution selection. In order to disambiguate two sets of the solution space the chirality relation of two geometric elements is used as minimal information.

For computer-aided design the concept is applicable to variational geometries in two-dimensional sketches and three-dimensional assembly models. Other possible application areas include the interpretation of sensor-based measurements. Constraints within variational geometries do not include direction information that is necessary to identify which geometric element defines which other geometric element.

A deficit of existing approaches for solution selection consists in taking the direction information of constraints for granted. Other deficits are their limitation to points and the lacking proof of their completeness and correctness.

To overcome this deficit, a solution selection is required that enables the selection of geometrically unique solutions. In order to guarantee geometrical uniqueness such a solution selection needs to be founded on a concept which enables the characterisation of all variational geometries, given a specific geometrical problem. The proposed concepts for solution selection and characterisation fulfil these conditions. Especially, the concept is designed to enable characterisations under uncertainty with respect to the constraint directions as well as position and orientation of the geometrical elements. The uncertainty information is explicitly modelled in a decidable description logic. Hence, the description logic representation of the geometrical problem may be exploited with deductive reasoning methods in order to assess whether the variational geometry is defined geometrically unique and if the calculated variational geometry corresponds to the modelling intent of the designer.

The main contributions of the dissertation consist in the development of a conceptual, declarative and procedural part. The conditions for a geometrically unique solution selection are formalised in the description logic definition of geometrical uniqueness, building up on the specification of 27 constraint problems, so called basic configurations. The geometrical uniqueness of a given geometrical problem is tested for a corresponding subset of these basic configurations. Additional contributions include the declarative prototype implementation of 32 constraints. A new method for the conversion of ISO 10303 standards into description logics has been developed and applied. For the considered set of geometrical problems upper and lower boundaries are estimated for the number of solutions and the number of solution selectors necessary to attain geometrical uniqueness.

The concept has been implemented, verified and validated. The verification result indicates that a sequential assessment of solution selectors results in linear calculation time with respect to the number of variational geometries. The validation has been performed on a geometry that has been generated with a newly developed algorithm which offers an efficient way to generate variational geometries with specific topological properties.

The validation result demonstrates the completeness and correctness of the characterisation. The transferability of the research results is facilitated by the use of existing standards like ISO 10303-108 and OWL 2.

Finally, opportunities for the further reduction of solution selection information necessary to obtain geometrical unique variational geometries have been identified for future.

Englisch
Status: Verlagsversion
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-200850
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 000 Allgemeines, Informatik, Informationswissenschaft > 004 Informatik
500 Naturwissenschaften und Mathematik > 510 Mathematik
600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 16 Fachbereich Maschinenbau
16 Fachbereich Maschinenbau > Fachgebiet Datenverarbeitung in der Konstruktion (DiK) (ab 01.09.2022 umbenannt in "Product Life Cycle Management")
Hinterlegungsdatum: 17 Dez 2021 10:17
Letzte Änderung: 20 Dez 2021 06:24
PPN:
Referenten: Anderl, Prof. Dr. Reiner ; Kirchner, Prof. Dr. Eckhard
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 6 Juli 2021
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