Fomen, Gilles Desmond (2021)
Berechnung der Lastamplitude am Abknickpunkt des Wöhlerdiagramms von festgewalzten Kurbelwellen durch Simulation der Festwalzeigenspannungen und ihre Bewertung mit Hilfe der linear-elastischen Bruchmechanik.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.26083/tuprints-00018945
Dissertation, Erstveröffentlichung, Verlagsversion
Kurzbeschreibung (Abstract)
Das Festigkeitsverhalten eines Bauteils unter zyklischer Belastung spielt bei der Auslegung von Maschinen und Anlagen eine wichtige Rolle. Zur Abschätzung der Sicherheit gegenüber Schwingbelastungen wird eine Ermüdungsfestigkeitsanalyse durchgeführt. Je nach Ziel und Gebrauch wird zwischen einer dauerfesten und einer betriebsfesten Auslegung unterschieden. Die experimentelle Analyse der Schwingfestigkeitseigenschaften eines Bauteils wird meist mit Hilfe eines Wöhlerversuchs durchgeführt. Die Genauigkeit des im Wöhlerversuch erzielten Ergebnisses ist von der Anzahl der Versuchspunkte abhängig. Eine genaue Bestimmung der sogenannten Dauerfestigkeit ist aufgrund der Streuung und des Verlaufs der Wöhlerkurve im Übergangsbereich zeitintensiv, sodass es sich in der Praxis meist nicht lohnt, die Dauerfestigkeit mit einer hohen Auflösung zu bestimmen. Deshalb werden Grenzschwingspielzahlen definiert, um den Versuchsaufwand zu reduzieren. Die Spannungsamplitude am Knickpunkt im reduzierten Versuch wird technische Dauerfestigkeit genannt. Der Begriff Dauerfestigkeit in dieser Arbeit entspricht der technischen Dauerfestigkeit, ermittelt mit einer Grenzschwingspielzahl von 5x10^6. Kurbellwellen im Automobilbau werden dauerfest ausgelegt. Zur Steigerung der Dauerfestigkeit wird seit Jahren das Festwalzen der kritischen Radien der Kurbelwelle praktiziert. Die erzielbaren Steigerungsraten reichen von 20 bis 300 % und sind vom Werkstoff, von der Festwalzkraft und von der Geometrie abhängig. Das lokale Eindrucken der Oberfläche durch Festwalzen verändert den Spannungszustand an und unterhalb der Oberfläche. Bauteile mit oberflächennahen ermüdungskritischen Bereichen können optimiert werden, indem Druckeigenspannungen in diesen Bereichen erzeugt werden. Das Maximum der Eigenspannungen befindet sich unterhalb der Oberfläche. Der bedeutende Anteil des Steigerungsgewinns findet in der Risswachstumsphase statt und ist auf die Wirkung der Druckeigenspannungen mit einem Maximum unterhalb der Oberfläche zurückzuführen. Das Rissfortschrittkonzept, basierend auf der linear-elastischen Bruchmechanik wurde in verschiedenen Arbeiten genutzt, um diesen Effekt rechnerisch zu beschreiben. Zur Berücksichtigung des Einflusses der Eigenspannungen wurde das Superpositionsprinzip angewendet. Gerechnet wurde der Anteil des Spannungsintensitätsfaktors, der den Rissfortschritt verursacht. Dieser Anteil setzt sich aus der Superposition der Spannungsintensitätsfaktoren aufgrund der Eigen- und Lastspannungen zusammen. Die rechnerische Bestimmung der Festwalzeigenspannung erfolgt mit Hilfe der Methode der finiten Elemente, durch Simulation des Festwalzprozesses und der Umlagerung durch die Versuchsbeanspruchung. In bisherigen Arbeiten wurden zur Berechnung der Spannungsintensitätsfaktoren das Ersatzmodell einer Scheibe mit Seitenriss genutzt. Die Nutzung des Ersatzmodells unterstellt eine Geometrievereinfachung, die die tatsächliche räumliche Gestalt des Bauteils nicht berücksichtigt. Die Akzeptanz, Robustheit und Zuverlässigkeit der bisherigen Bemessungsverfahren werden deshalb in Frage gestellt. Beispielweise werden Steifigkeitsänderungen im Bauteil, die durch Risswachstum entstehen, vernachlässigt. Inwieweit sich diese Vereinfachung auf das Gesamtergebnis auswirkt ist nicht ausreichend untersucht. In weiteren Arbeiten wurde die Gewichtsfunktion einer rotationsymmetrisch angerissenen Bauteilprobe dafür hergeleitet. Für dreidimensionale Rissprobleme existiert derzeit keine abgesicherte Lösung. Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit einem rechnerischen Ansatz zur Lösung der beschriebenen Problematik. Die Methodik wurde an bauteilähnlichen Proben aus AFP-Stahl 38MnVS6 BY und Gusseisen mit Kugelgraphit GJS700 entwickelt, aufgrund der besseren Zugänglichkeit während der Versuchsdurchführung und Eigenspannungsmessung. Die elastisch-plastische Simulation des Festwalzprozesses liefert die Eigenspannungsverteilung, die in Form einer Rissuferbelastung in eine zweite, linear-elastische Berechnung eingelesen wird, um den Spannungsintensitätsfaktor aufgrund von Eigenspannungen zu bestimmen. Die Ergebnisse zeigen eine sehr gute Übereinstimmung mit den experimentellen Werten und unterstreichen die qualitative und quantitative Überlegenheit der entwickelten Methodik im Vergleich zu den bisherigen Verfahren. Da das neue Bemessungsverfahren in der Praxis zur Auslegung von Kurbelwellen genutzt werden soll, wird der Frage nachgegangen, inwiefern sich die erzielten Ergebnisse auf reale Kurbelwellen übertragen lassen. Eine anschließende Sensitivitätsanalyse gibt zum einen Auskunft über die Güte der getroffenen Annahmen und Vereinfachungen und ermöglicht zum anderen, die Bedeutung von Unsicherheiten in der Serienfertigung rechnerisch zu quantifizieren.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
---|---|---|---|---|---|
Erschienen: | 2021 | ||||
Autor(en): | Fomen, Gilles Desmond | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Berechnung der Lastamplitude am Abknickpunkt des Wöhlerdiagramms von festgewalzten Kurbelwellen durch Simulation der Festwalzeigenspannungen und ihre Bewertung mit Hilfe der linear-elastischen Bruchmechanik | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Oechsner, Prof. Dr. Matthias ; Melz, Prof. Dr. Tobias | ||||
Publikationsjahr: | 2021 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Kollation: | 106 Seiten | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 7 Juli 2020 | ||||
DOI: | 10.26083/tuprints-00018945 | ||||
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/18945 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Das Festigkeitsverhalten eines Bauteils unter zyklischer Belastung spielt bei der Auslegung von Maschinen und Anlagen eine wichtige Rolle. Zur Abschätzung der Sicherheit gegenüber Schwingbelastungen wird eine Ermüdungsfestigkeitsanalyse durchgeführt. Je nach Ziel und Gebrauch wird zwischen einer dauerfesten und einer betriebsfesten Auslegung unterschieden. Die experimentelle Analyse der Schwingfestigkeitseigenschaften eines Bauteils wird meist mit Hilfe eines Wöhlerversuchs durchgeführt. Die Genauigkeit des im Wöhlerversuch erzielten Ergebnisses ist von der Anzahl der Versuchspunkte abhängig. Eine genaue Bestimmung der sogenannten Dauerfestigkeit ist aufgrund der Streuung und des Verlaufs der Wöhlerkurve im Übergangsbereich zeitintensiv, sodass es sich in der Praxis meist nicht lohnt, die Dauerfestigkeit mit einer hohen Auflösung zu bestimmen. Deshalb werden Grenzschwingspielzahlen definiert, um den Versuchsaufwand zu reduzieren. Die Spannungsamplitude am Knickpunkt im reduzierten Versuch wird technische Dauerfestigkeit genannt. Der Begriff Dauerfestigkeit in dieser Arbeit entspricht der technischen Dauerfestigkeit, ermittelt mit einer Grenzschwingspielzahl von 5x10^6. Kurbellwellen im Automobilbau werden dauerfest ausgelegt. Zur Steigerung der Dauerfestigkeit wird seit Jahren das Festwalzen der kritischen Radien der Kurbelwelle praktiziert. Die erzielbaren Steigerungsraten reichen von 20 bis 300 % und sind vom Werkstoff, von der Festwalzkraft und von der Geometrie abhängig. Das lokale Eindrucken der Oberfläche durch Festwalzen verändert den Spannungszustand an und unterhalb der Oberfläche. Bauteile mit oberflächennahen ermüdungskritischen Bereichen können optimiert werden, indem Druckeigenspannungen in diesen Bereichen erzeugt werden. Das Maximum der Eigenspannungen befindet sich unterhalb der Oberfläche. Der bedeutende Anteil des Steigerungsgewinns findet in der Risswachstumsphase statt und ist auf die Wirkung der Druckeigenspannungen mit einem Maximum unterhalb der Oberfläche zurückzuführen. Das Rissfortschrittkonzept, basierend auf der linear-elastischen Bruchmechanik wurde in verschiedenen Arbeiten genutzt, um diesen Effekt rechnerisch zu beschreiben. Zur Berücksichtigung des Einflusses der Eigenspannungen wurde das Superpositionsprinzip angewendet. Gerechnet wurde der Anteil des Spannungsintensitätsfaktors, der den Rissfortschritt verursacht. Dieser Anteil setzt sich aus der Superposition der Spannungsintensitätsfaktoren aufgrund der Eigen- und Lastspannungen zusammen. Die rechnerische Bestimmung der Festwalzeigenspannung erfolgt mit Hilfe der Methode der finiten Elemente, durch Simulation des Festwalzprozesses und der Umlagerung durch die Versuchsbeanspruchung. In bisherigen Arbeiten wurden zur Berechnung der Spannungsintensitätsfaktoren das Ersatzmodell einer Scheibe mit Seitenriss genutzt. Die Nutzung des Ersatzmodells unterstellt eine Geometrievereinfachung, die die tatsächliche räumliche Gestalt des Bauteils nicht berücksichtigt. Die Akzeptanz, Robustheit und Zuverlässigkeit der bisherigen Bemessungsverfahren werden deshalb in Frage gestellt. Beispielweise werden Steifigkeitsänderungen im Bauteil, die durch Risswachstum entstehen, vernachlässigt. Inwieweit sich diese Vereinfachung auf das Gesamtergebnis auswirkt ist nicht ausreichend untersucht. In weiteren Arbeiten wurde die Gewichtsfunktion einer rotationsymmetrisch angerissenen Bauteilprobe dafür hergeleitet. Für dreidimensionale Rissprobleme existiert derzeit keine abgesicherte Lösung. Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit einem rechnerischen Ansatz zur Lösung der beschriebenen Problematik. Die Methodik wurde an bauteilähnlichen Proben aus AFP-Stahl 38MnVS6 BY und Gusseisen mit Kugelgraphit GJS700 entwickelt, aufgrund der besseren Zugänglichkeit während der Versuchsdurchführung und Eigenspannungsmessung. Die elastisch-plastische Simulation des Festwalzprozesses liefert die Eigenspannungsverteilung, die in Form einer Rissuferbelastung in eine zweite, linear-elastische Berechnung eingelesen wird, um den Spannungsintensitätsfaktor aufgrund von Eigenspannungen zu bestimmen. Die Ergebnisse zeigen eine sehr gute Übereinstimmung mit den experimentellen Werten und unterstreichen die qualitative und quantitative Überlegenheit der entwickelten Methodik im Vergleich zu den bisherigen Verfahren. Da das neue Bemessungsverfahren in der Praxis zur Auslegung von Kurbelwellen genutzt werden soll, wird der Frage nachgegangen, inwiefern sich die erzielten Ergebnisse auf reale Kurbelwellen übertragen lassen. Eine anschließende Sensitivitätsanalyse gibt zum einen Auskunft über die Güte der getroffenen Annahmen und Vereinfachungen und ermöglicht zum anderen, die Bedeutung von Unsicherheiten in der Serienfertigung rechnerisch zu quantifizieren. |
||||
Alternatives oder übersetztes Abstract: |
|
||||
Status: | Verlagsversion | ||||
URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-189452 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 16 Fachbereich Maschinenbau 16 Fachbereich Maschinenbau > Fachgebiet und Institut für Werkstoffkunde - Zentrum für Konstruktionswerkstoffe - Staatliche Materialprüfungsanstalt Darmstadt (IfW-MPA) 16 Fachbereich Maschinenbau > Fachgebiet und Institut für Werkstoffkunde - Zentrum für Konstruktionswerkstoffe - Staatliche Materialprüfungsanstalt Darmstadt (IfW-MPA) > Bauteilfestigkeit |
||||
Hinterlegungsdatum: | 25 Jun 2021 10:10 | ||||
Letzte Änderung: | 29 Jun 2021 05:39 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Oechsner, Prof. Dr. Matthias ; Melz, Prof. Dr. Tobias | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 7 Juli 2020 | ||||
Export: | |||||
Suche nach Titel in: | TUfind oder in Google |
Frage zum Eintrag |
Optionen (nur für Redakteure)
Redaktionelle Details anzeigen |