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Entwicklung einer Toolbox an NMR-Experimenten zur Strukturaufklärung und deren Anwendung

Ilgen, Julian (2021)
Entwicklung einer Toolbox an NMR-Experimenten zur Strukturaufklärung und deren Anwendung.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.26083/tuprints-00017645
Dissertation, Erstveröffentlichung, Verlagsversion

Kurzbeschreibung (Abstract)

Diese Arbeit befasst sich mit der Entwicklung, Bewertung und Anwendung neuer NMR-Techniken für kleine bis mittelgroße Moleküle in Lösung. Das maßgebliche Ziel der Arbeit besteht darin, die Empfindlichkeit zu verbessern, die Anwendbarkeit zu erweitern oder molekulare Strukturparameter präziser zu extrahieren, um letztendlich auch Strukturen von herausfordernden Systeme aufklären zu können. Die Arbeit kann in vier Teilprojekte unterteilt werden. Drei dieser Projekte befassen sich mit der Entwicklung von NMR-spektroskopischen Techniken, die als eine Art Werkzeugkasten für die Strukturaufklärung mittels NMR-Spektroskopie angesehen werden sollen.

Das erste Projekt befasst sich mit einer neuen Klasse von Pure Shift Experimenten, welche eine besondere Eigenschaft der Perfect-Echo Sequenz hinsichtlich der J-Kopplung nutzen. In Kombination mit selektiven J-Inversionselementen wie BIRD, Zangger-Sterk oder BASH lassen sich deren spezifischen Schwächen überwinden. Die Kombination mit Zangger-Sterk - genannt PEPSIE - ermöglicht es, den Sensitivitätssverlust zu begrenzen, wenn im Analyten stark gekoppelte Protonen vorhanden sind. Zudem zeigt die Sequenz ein besonderes Verhalten in Bezug auf das Auftreten sogenannter Artefakte durch starke Kopplung. Ein zweites Experiment genannt perfectBASH ermöglicht die gleichzeitige Entkopplung von zwei miteinander gekoppelten Protonen innerhalb der Bandbreite eines selektiven Refokussierungspulses, ohne auf die Qualität der homonuklearen Entkopplung oder die vorteilhaften Empfindlichkeitseigenschaften der band-selektiven Entkopplung verzichten zu müssen. Mit beiden Kombinationen wurden Anwendungen für die homonukleare 1D- und 2D-Entkopplung entwickelt und publiziert.

Im zweiten Projekt wird ein EASY-ROESY-Experiment mit der homonuklearen PSYCHE-Entkopplung in der indirekten Dimension zur Quantifizierung von Kreuzrelaxation und langsamen chemischen Austausch betrachtet. Hierbei wird die verbesserte spektrale Auflösung durch homonukleare Entkopplung ausgenutzt, um die Extraktion von Protonen-Abständen aus herausfordernden spektralen Bereichen zu ermöglichen. Dies wurde anhand eines peptidischen Organokatalysators demonstriert, der durch Spektralbereiche mit starker Signalüberlagerung gekennzeichnet ist. Während dieses Projekts wurde die F1-PSYCHE-EASY-ROESY-Pulssequenz weiterentwickelt, um intensives t1-Rauschen in den Spektren zu beseitigen, das die präzise Integration von NOE-Kreuzpeaks behindert.

Das dritte Projekt befasst sich mit der Etablierung schneller NMR-Akquisitionstechniken zur Beobachtung chemischer Reaktionen. Hierbei wurde Eignung von seriell und tandem-seriell aufgenommener, schneller 2D-Akquisitionsmethoden in Bezug auf das System in Projekt vier sowie in Kombination mit einem schnellen Vermischen der Reaktanten innerhalb des NMR-Röhrchens betrachtet. Weiterhin wurde die Praktikabilität der Zangger-Methode zur schnellen Erfassung von 1D 31P-Spektren zur Reaktionsbeobachtung analysiert.

Im vierten Projekt werden Pd-Komplexe von 4-Chlorcyclobutencarbonsäuren charakterisiert, welche potenzielle Reaktionsintermediate einer diastereodivergenten De-Epimerisierung im Rahmen einer allylischen Substitution darstellen. Diese von der Maulide-Gruppe im Jahr 2012 publizierte Reaktion weist einen einzigartigen stereochemische Verlauf auf, der bis heute noch nicht vollständig verstanden ist. Die Reaktion ermöglicht den Zugang zu nur einem Substitutionsprodukt mit exzellenter Enantio- und Diastereoselektivität und zwar unabhängig von den stereochemischen Eigenschaften der Ausgangsmaterialien. Die Enantio- und Diastereoselektivität wird lediglich durch die Wahl der Liganden gesteuert. Während der Analyse werden die Strukturen der gebildeten Pd-Komplexe charakterisiert und versucht, die erhaltenen Ergebnisse in den mechanistischen Kontext einzuordnen. Ein Schlüsselschritt stellt die Deracemisierung des Cyclobutensubstrats während der oxidativen Addition dar, was während der In-situ-Bildung des Pd-Komplexes beobachtet werden konnte. Ferner ließen sich einige Hinweise über den zweiten Schlüsselschritt zur De-Epimerisierung erhalten.

Zusätzlich zu den zusammengefassten Projekten wurde in einer Kooperation mit Davy Sinnaeve die Bestimmung von dipolaren Restkopplungen (RDCs) zwischen Protonen evaluiert. Hierbei wurde das PSYCHEDELIC-Experiment sowie ein neues Constant-Time-β-COSY Experiment zur präzisen und vorzeichensensitiven Extraktion von 1H, 1H-RDCs angewendet. Diese stellen wertvolle Parameter für die räumliche Strukturaufklärung dar und zwar insbesondere, wenn die Struktur und die Orientierungseigenschaften mit anderen RDC-Werten (z. B. C,H-RDCs) nicht ausreichend genug beschrieben werden kann.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2021
Autor(en): Ilgen, Julian
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Entwicklung einer Toolbox an NMR-Experimenten zur Strukturaufklärung und deren Anwendung
Sprache: Deutsch
Referenten: Thiele, Prof. Dr. Christina M. ; Reggelin, Prof. Dr. Michael
Publikationsjahr: 2021
Ort: Darmstadt
Kollation: XXIV, 411 Seiten
Datum der mündlichen Prüfung: 22 Februar 2021
DOI: 10.26083/tuprints-00017645
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/17645
Kurzbeschreibung (Abstract):

Diese Arbeit befasst sich mit der Entwicklung, Bewertung und Anwendung neuer NMR-Techniken für kleine bis mittelgroße Moleküle in Lösung. Das maßgebliche Ziel der Arbeit besteht darin, die Empfindlichkeit zu verbessern, die Anwendbarkeit zu erweitern oder molekulare Strukturparameter präziser zu extrahieren, um letztendlich auch Strukturen von herausfordernden Systeme aufklären zu können. Die Arbeit kann in vier Teilprojekte unterteilt werden. Drei dieser Projekte befassen sich mit der Entwicklung von NMR-spektroskopischen Techniken, die als eine Art Werkzeugkasten für die Strukturaufklärung mittels NMR-Spektroskopie angesehen werden sollen.

Das erste Projekt befasst sich mit einer neuen Klasse von Pure Shift Experimenten, welche eine besondere Eigenschaft der Perfect-Echo Sequenz hinsichtlich der J-Kopplung nutzen. In Kombination mit selektiven J-Inversionselementen wie BIRD, Zangger-Sterk oder BASH lassen sich deren spezifischen Schwächen überwinden. Die Kombination mit Zangger-Sterk - genannt PEPSIE - ermöglicht es, den Sensitivitätssverlust zu begrenzen, wenn im Analyten stark gekoppelte Protonen vorhanden sind. Zudem zeigt die Sequenz ein besonderes Verhalten in Bezug auf das Auftreten sogenannter Artefakte durch starke Kopplung. Ein zweites Experiment genannt perfectBASH ermöglicht die gleichzeitige Entkopplung von zwei miteinander gekoppelten Protonen innerhalb der Bandbreite eines selektiven Refokussierungspulses, ohne auf die Qualität der homonuklearen Entkopplung oder die vorteilhaften Empfindlichkeitseigenschaften der band-selektiven Entkopplung verzichten zu müssen. Mit beiden Kombinationen wurden Anwendungen für die homonukleare 1D- und 2D-Entkopplung entwickelt und publiziert.

Im zweiten Projekt wird ein EASY-ROESY-Experiment mit der homonuklearen PSYCHE-Entkopplung in der indirekten Dimension zur Quantifizierung von Kreuzrelaxation und langsamen chemischen Austausch betrachtet. Hierbei wird die verbesserte spektrale Auflösung durch homonukleare Entkopplung ausgenutzt, um die Extraktion von Protonen-Abständen aus herausfordernden spektralen Bereichen zu ermöglichen. Dies wurde anhand eines peptidischen Organokatalysators demonstriert, der durch Spektralbereiche mit starker Signalüberlagerung gekennzeichnet ist. Während dieses Projekts wurde die F1-PSYCHE-EASY-ROESY-Pulssequenz weiterentwickelt, um intensives t1-Rauschen in den Spektren zu beseitigen, das die präzise Integration von NOE-Kreuzpeaks behindert.

Das dritte Projekt befasst sich mit der Etablierung schneller NMR-Akquisitionstechniken zur Beobachtung chemischer Reaktionen. Hierbei wurde Eignung von seriell und tandem-seriell aufgenommener, schneller 2D-Akquisitionsmethoden in Bezug auf das System in Projekt vier sowie in Kombination mit einem schnellen Vermischen der Reaktanten innerhalb des NMR-Röhrchens betrachtet. Weiterhin wurde die Praktikabilität der Zangger-Methode zur schnellen Erfassung von 1D 31P-Spektren zur Reaktionsbeobachtung analysiert.

Im vierten Projekt werden Pd-Komplexe von 4-Chlorcyclobutencarbonsäuren charakterisiert, welche potenzielle Reaktionsintermediate einer diastereodivergenten De-Epimerisierung im Rahmen einer allylischen Substitution darstellen. Diese von der Maulide-Gruppe im Jahr 2012 publizierte Reaktion weist einen einzigartigen stereochemische Verlauf auf, der bis heute noch nicht vollständig verstanden ist. Die Reaktion ermöglicht den Zugang zu nur einem Substitutionsprodukt mit exzellenter Enantio- und Diastereoselektivität und zwar unabhängig von den stereochemischen Eigenschaften der Ausgangsmaterialien. Die Enantio- und Diastereoselektivität wird lediglich durch die Wahl der Liganden gesteuert. Während der Analyse werden die Strukturen der gebildeten Pd-Komplexe charakterisiert und versucht, die erhaltenen Ergebnisse in den mechanistischen Kontext einzuordnen. Ein Schlüsselschritt stellt die Deracemisierung des Cyclobutensubstrats während der oxidativen Addition dar, was während der In-situ-Bildung des Pd-Komplexes beobachtet werden konnte. Ferner ließen sich einige Hinweise über den zweiten Schlüsselschritt zur De-Epimerisierung erhalten.

Zusätzlich zu den zusammengefassten Projekten wurde in einer Kooperation mit Davy Sinnaeve die Bestimmung von dipolaren Restkopplungen (RDCs) zwischen Protonen evaluiert. Hierbei wurde das PSYCHEDELIC-Experiment sowie ein neues Constant-Time-β-COSY Experiment zur präzisen und vorzeichensensitiven Extraktion von 1H, 1H-RDCs angewendet. Diese stellen wertvolle Parameter für die räumliche Strukturaufklärung dar und zwar insbesondere, wenn die Struktur und die Orientierungseigenschaften mit anderen RDC-Werten (z. B. C,H-RDCs) nicht ausreichend genug beschrieben werden kann.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

This work covers the development, evaluation and application of new NMR techniques for small to medium-sized molecules in solution. Herein the main aim is to improve sensitivity, to extend the applicability or to extract structural constraints more precisely, to ultimately determine structures of challenging systems. The work can be divided into four subprojects. Three of these projects concerned with the development of NMR spectroscopic techniques, which shall be viewed as a toolbox for NMR structure elucidation and for the fourth project. The first project deals with a new class of pure shift experiments, which take advantage of the special property of the perfect echo sequence concerning J−coupling refocusing. In combination with selective J−inversion elements like BIRD, Zangger-Sterk or BASH this may overcome their special weaknesses. The combination with Zangger-Sterk - called PEPSIE - allows to limit the sensitivity loss, when strongly coupled protons are present, and has a superior perfomance regarding so-called strong-coupling artefacts. A second experiment, called perfectBASH, enables the simultaneous decoupling of two mutually coupled protons within one selective refocusing band without sacrificing homonuclear decoupling quality or the favourable sensitivity properties. Applications for 1D and 2D homonuclear decoupling were developed and published with both combinations. In the second project the EASY-ROESY experiment with PSYCHE homonuclear decoupling in the indirect dimension for quantification of cross-relaxation and slow chemical exchange is shown. Herein the resolution gain by homonuclear decoupling is exploited to enable the extraction of distance restraints from congested spectral regions. This was demonstrated for a peptide organocatalyst, which is characterized by severely overcrowded spectral regions. During this project the F1-PSYCHE-EASY-ROESY pulse sequence was further developed to attenuate intense t1-noise traces present in the spectra, which distorte the accurate integration of NOE cross-peaks. The third project covers the establishment of fast NMR acquisition techniques including Ultrafast 2D experiments, ASAP-HSQC or the Zangger-method for potential reaction monitoring, which will show its potential in project four. Herein the serial and tandem-serial acquisition of these fast 2D methods in combination with rapid mixing of reactants within the NMR tube was evaluated. Further the practicability of the Zangger-method for fast acquisition of 1D 31P spectra for reaction monitoring was analyzed. The forth project focuses on the characterization of Pd-complexes of 4-chloro-cyclobutenecarboxylic acids, which are potential reaction intermediates of a diastereodivergent de-epimerization in an allylic substitution reaction published by the Maulide group in 2012. In particular, the stereochemical course is unique but not completely understood so far. The reaction gives access to only one cyclobutene substitution product with excellent enantio- and diastereoselectivity independent of the stereochemical properties of the starting materials. The enantio- and diastereoselectivity is only controlled by the choice of the ligands. During the analysis the structures of the formed Pd-complexes are characterized and I tried to integrate the results in the mechanistic context. The deracemization process of the cyclobutene substrate during the oxidative addition step could be observed by monitoring the in-situ Pd-complex formation, which is one key step of the mechanism. Further some hints could be obtained to explain the de-epimerization process, which is the second key step. Additionally to the above summarized projects the extraction of residual dipolar couplings (RDCs) between protons was evaluated in a collaboration with Davy Sinnaeve. Herein the PSYCHEDELIC experiment and a new Constant-Time−β-COSY were applied for sign sensitive extraction of 1H,1H-RDCs, which can be used as a further constraint for spatial structure elucidation, when the current RDC constraints (e.g.C,H-RDCs) are not sufficient to describe the structure and the alignment tensor.

Englisch
Status: Verlagsversion
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-176459
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 540 Chemie
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 07 Fachbereich Chemie
07 Fachbereich Chemie > Clemens-Schöpf-Institut > Fachgebiet Organische Chemie
Hinterlegungsdatum: 24 Mär 2021 14:55
Letzte Änderung: 30 Mär 2021 05:59
PPN:
Referenten: Thiele, Prof. Dr. Christina M. ; Reggelin, Prof. Dr. Michael
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 22 Februar 2021
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