Monzert, Tobias Aiko (2021)
Situationsbezogene kollektive Fahrgastinformation im Schienenverkehr.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.26083/tuprints-00017469
Dissertation, Erstveröffentlichung, Verlagsversion
Kurzbeschreibung (Abstract)
Um die Klimaschutzziele aus dem Übereinkommen von Paris einzuhalten, möchte die aktuelle Bundesregierung den Schienenverkehr in Deutschland stärken und somit nachhaltige Mobilität in Deutschland fördern. Dazu wurde 2020 vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur der Masterplan Schienenverkehr vorgelegt. Dem Prozess der Digitalisierung kommt dabei für die im Masterplan vorgestellten Vorhaben eine Schlüsselrolle zu. Unter anderem sind beispielsweise alle Möglichkeiten zu erkunden, wie der Zugang für Reisende zu Fahrgastinformationen so einfach wie möglich gestaltet werden kann (vgl. BMVI, 2020).
Durch die weitverbreitete Nutzung von Smartphones und anderen mobilen Endgeräten können viele Informationen heute bereits digital an die Reisenden gebracht werden. Doch auch die kollektive Fahrgastinformation mit Lautsprechern und verschiedenen Anzeigegeräten hat nach wie vor eine große Bedeutung. Gründe hierfür sind einerseits die rechtlichen Vorgaben und die Forderungen der Aufgabenträger, andererseits aber insbesondere auch die Informationsbedürfnisse der Reisenden, die es zu erfüllen gilt. Die Digitalisierung ermöglicht heute bereits in vielen Bereichen die Weiterentwicklung der aktuellen Systeme. Doch um moderne Fahrgastinformationssysteme an den Bedürfnissen der Reisenden auszurichten, braucht es ein Verständnis dafür, wie sich Fahrgäste informieren und welche Informationen sie in bestimmten Situationen erwarten.
Der Schwerpunkt der Untersuchungen in dieser Arbeit liegt deshalb insbesondere darin, zu erforschen, wie ein erhöhter Mehrwert in der kollektiven Fahrgastinformation für die Kunden erzielt werden kann. In einer ersten Umfrage 2018/19 wurden dazu Fahrgäste unter anderem nach ihren Informationsbedürfnissen in der Fahrgastinformation befragt. Es wurde beispielsweise erforscht, wann die Fahrgäste welche Informationen erhalten möchten, welche Informationen im Störfall als wichtig erachtet werden und welche technischen Innovationen aus Kundensicht nützlich sind. Für die Studie wurden über 800 Fahrgäste in Nahverkehrszügen des Rhein-Main-Gebiets befragt. Eine wesentliche Erkenntnis ist: Die Ausprägung der Informationsbedürfnisse unterscheidet sich nicht signifikant zwischen den DB-typischen Fahrgastgruppen im Zug (Personae). Nach Analyse der Bedürfniswerte in Abhängigkeit der Personengruppen wurde anschließend auch untersucht, ob es zu anderen Fahrzeiten oder in unterschiedlichen Zügen größere Unterschiede gibt. Es zeigte sich, dass die meisten Ausprägungen der Bedürfnisse am Wochenende insgesamt etwas niedriger sind, aber auch hier sehr ähnliche Werte aufweisen. Die Ergebnisse für den Vergleich von S-Bahn und Regionalbahn/-express oder auch von unterschiedlichen Fahrzeugtypen gleichen sich ebenfalls stark.
Es wurde auch analysiert, welche Rolle die kollektive Fahrgastinformation im Zug heute noch spielt. Denn über 80 % der befragten Fahrgäste besitzen heute ein Smartphone mit installierter Reise-App, und über 60 % nutzen diese oft oder sogar bei jeder Reise. Und doch gaben über 30 % der Fahrgäste an, dass sie ihre Informationen während der Fahrt hauptsächlich durch die Medien im Zug beziehen. Auch sprachen sich knapp 60 % der Befragten dafür aus, bei Störfällen weiterführende Informationen im Zug anzuzeigen und/oder anzusagen und diese nicht nur per App zur Verfügung zu stellen. Generell äußerten die Befragten hauptsächlich Interesse an Informationen, die überwiegend die betriebliche Situation wiedergeben. Informationen wie die Wetterlage, aktuelle Nachrichten oder Informationen zur lokalen Umgebung stießen bei den Reisenden auf wenig Interesse. IV
In einer zweiten Umfrage 2019/20 stand die Kundenzufriedenheit in S-Bahnen im Mittelpunkt. Ziel war hierbei unter anderem die Evaluation einzelner Komponenten, welche als Bestandteile der Gesamt-Kundenzufriedenheit angesehen werden können, um daraus Rückschlüsse auf die Rolle der Fahrgastinformation ziehen zu können. Durchsucht man in der zweiten Umfrage die Antworten auf die Frage, weshalb manche Fahrgäste nur die Schulnote 3 oder gar eine schlechtere Note für Teile der Fahrgastinformation gegeben haben, so wird deutlich, dass oft weniger die Inhalte oder das Gesamtsystem als verbesserungswürdig beschrieben werden, sondern häufig die Zuverlässigkeit der Informationen kritisiert wird. Die Kunden erwarten, dass sie sich auf Fahrgastinformationen im Zug, in den Apps und am Bahnsteig zu jeder Zeit verlassen können. Sie verlangen auch, dass die Informationen über alle Kanäle hinweg konsistent sind und somit nicht zur Verwirrung führen. Bei der Auswertung der Frage, welche Informationen die Fahrgäste gerne zusätzlich im Zug erhalten möchten, bezogen sich die meisten Antworten auf Störfälle. Hier wurden insbesondere mehr und präzisere Informationen zu Störungen und Verspätungen gewünscht, aber auch Informationen zu passenden Umsteigemöglichkeiten, um auf anderem Weg zum geplanten Ziel zu kommen. Auskünfte über die Gründe der Abweichung wurden als weniger wichtig bewertet.
Spannenderweise kann in der zweiten Umfrage auch nachgewiesen werden, dass sich Verspätung von Zügen direkt auf sämtliche zur Bewertung zur Verfügung gestellten Elemente der Reise auswirkt. Dies betrifft auch die Fahrgastinformation, ob in ihrer Gesamtheit oder in einzelnen Elementen wie der Bewertung von Lesbarkeit der Informationen oder der Anzahl an verbauten Bildschirmen. Durch die Untersuchungen wird daher die These aufgestellt, dass eine Erhöhung der Pünktlichkeit der Züge auch die Zufriedenheit der Kunden mit der Fahrgastinformation positiv beeinflusst.
Um die evaluierten Bedürfnisse der Fahrgäste anzusprechen, aber auch um eine Überinformation zu vermeiden, sollen die vorhandenen Informationen priorisiert und anschließend für die Übermittlung an den Kunden ausgewählt werden. Dafür wird ein hier neu entwickeltes Konzept vorgestellt, das Informationen auf Basis der aktuellen Situation priorisiert und somit die Auswahl und Übertragung der relevantesten Informationen ermöglicht. Sofern die Übertragung mit dafür geeigneten Medien geschieht, ist eine hohe Erfüllung der Informationsbedürfnisse bei den Kunden zu erwarten. Bei der Priorisierung und Auswahl der Informationen soll auch die Zeitplanung für einzelne Informationen eine Rolle spielen. Während für visuelle Informationen auch die Anzeigedauer relevant ist, ist sowohl für diese als auch für die akustischen Informationen der Zeitpunkt der Übertragung maßgeblich. Die Auswahl des richtigen Mediums ist hierbei hoch relevant, und viele Kunden vertrauen heute auf mehrere Informationsquellen gleichzeitig.
Daher ist es wichtig, dass im Hintergrund eine IT-Architektur so organisiert ist, dass auf allen Endgeräten für Mitarbeiter und Fahrgäste die korrekten Informationen so schnell wie technisch möglich und überall mit konsistenten Inhalten vorliegen. Das gilt ganz besonders in Störfällen. In den Umfragen wünschten sich die Fahrgäste in solchen Sondersituationen vor allem mehr Verlässlichkeit. Im Expertengespräch wurde festgestellt, dass es bereits heute die technischen Möglichkeiten gibt, um hier den Wünschen der Fahrgäste besser entgegenzukommen als bisher. Um dieses Ziel zu erreichen, wird auf eine dienstorientierte ITK-Architektur gesetzt. Auf der Basis aktueller DB-Entwicklungen ist es damit möglich, der gesamten Branche über eine RI-Plattform Informationen wettbewerbsneutral zur Verfügung zu stellen und von dort zu beziehen. Darüber hinaus können zukünftig sowohl Reisende, Mitarbeiter und Fahrzeuge auf DB-exklusive Dienste über Applikationen zurückgreifen. Dabei sollen alle Übertragungswege V
immer auf die Informationen des zentralen RIS-Servers zurückführen, um Inkonsistenzen zu vermeiden. Die notwendigen neuen Prozesse für die Priorisierung von Informationen und die Generierung von Fahrgastinformationsprogrammen werden in einem hier entwickelten Prozessdiagramm dargestellt.
Weitere Aspekte der Untersuchungen sind aktuelle Medien und technische Innovationen, um die Fahrgastinformation für morgen ansprechender und für die Kunden noch gewinnbringender zu gestalten. Technologien – wie beispielsweise Richtlautsprecher, Bluetooth oder halbtransparente Scheibendisplays – können nicht nur für mobilitätseingeschränkte Personen, sondern für alle Fahrgäste zusätzliche Informationen gezielt bereitstellen, ohne dabei die Grundinformation im Zug einzuschränken. Denn Innovation in den Medien und weitere Maßnahmen sind wichtig und nötig, um die Barrierefreiheit in der Fahrgastinformation bis zum Jahr 2022 zu gewährleisten. Der hier entwickelte Anforderungskatalog für barrierefreie Fahrgastinformation und die daraus abgeleiteten vorgeschlagenen Maßnahmen können dazu beitragen.
Die Ergebnisse der zweiten Umfrage zeigen, dass eine gute Fahrgastinformation durchaus zur Kundenzufriedenheit beiträgt. Doch wie misst man die Qualität und Leistung der Fahrgastinformation im Betrieb? Dafür sind entsprechende Key Performance Indicators (KPIs) notwendig, die verschiedene Bereiche der Fahrgastinformation bewerten und den Verantwortlichen einen schnellen Überblick über deren aktuelle Qualität geben. Werden solche Kennzahlen in einem Qualitätsmanagementsystem eingesetzt, so lassen sich Schwächen oder Fehler in den Prozessen schnell erkennen und Maßnahmen zur Verbesserung treffen. Die Entwicklung eines solchen Systems mit den dazugehörigen Schnittstellen bedarf aus aktueller Sicht noch weiterer Untersuchungen. Dennoch können bereits mit den aktuellen Erkenntnissen Vorschläge für mögliche KPIs und Auswertebereiche auf Basis einer Balanced Scorecard gemacht werden.
Auch wenn die Fahrgastinformation mit mobilen Endgeräten voraussichtlich in Zukunft eine immer größere Rolle für die Fahrgäste spielen wird, sollte die Bedeutung der kollektiven Fahrgastinformation in den Fahrzeugen darüber nicht aus den Augen verloren werden. Hierzu ist es erforderlich, die Systeme stets weiterzuentwickeln, Innovation in diesem Bereich zu fördern, aber auch zu fordern und dabei stets den Mehrwert für die Fahrgäste im Auge zu behalten. Dies wird die Aufgabe derjenigen sein, die sich zukünftig in diesem breiten Themenfeld in Forschung und Praxis engagieren möchten. Die Ergebnisse dieser Forschung können und sollen dazu beitragen, dass der Kundennutzen in der Fahrgastinformation steigt und somit die Zufriedenheit bei den Fahrgästen wächst und somit einen Beitrag zu verkehrsplanerisch und verkehrspolitisch gewünschten Verlagerung auf den öffentlichen Verkehr geleistet wird
Ein Kurzbericht mit den ausgewählten Ergebnissen kann hier gefunden werden: https://www.verkehr.tu-darmstadt.de/media/verkehr/fgvv/Moderne_Fahrgastinformation_-_Kurzbericht_von_TU_Darmstadt_und_DB_Regio_AG.pdf
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2021 | ||||
Autor(en): | Monzert, Tobias Aiko | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Situationsbezogene kollektive Fahrgastinformation im Schienenverkehr | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Boltze, Prof. Dr. Manfred ; Rüppel, Prof. Dr. Uwe | ||||
Publikationsjahr: | 2021 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Reihe: | Schriftenreihe der Institute für Verkehr | ||||
Band einer Reihe: | Heft V 46 | ||||
Kollation: | X, 171, LXXIX, 27 Seiten | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 17 Dezember 2020 | ||||
DOI: | 10.26083/tuprints-00017469 | ||||
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/17469 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Um die Klimaschutzziele aus dem Übereinkommen von Paris einzuhalten, möchte die aktuelle Bundesregierung den Schienenverkehr in Deutschland stärken und somit nachhaltige Mobilität in Deutschland fördern. Dazu wurde 2020 vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur der Masterplan Schienenverkehr vorgelegt. Dem Prozess der Digitalisierung kommt dabei für die im Masterplan vorgestellten Vorhaben eine Schlüsselrolle zu. Unter anderem sind beispielsweise alle Möglichkeiten zu erkunden, wie der Zugang für Reisende zu Fahrgastinformationen so einfach wie möglich gestaltet werden kann (vgl. BMVI, 2020). Durch die weitverbreitete Nutzung von Smartphones und anderen mobilen Endgeräten können viele Informationen heute bereits digital an die Reisenden gebracht werden. Doch auch die kollektive Fahrgastinformation mit Lautsprechern und verschiedenen Anzeigegeräten hat nach wie vor eine große Bedeutung. Gründe hierfür sind einerseits die rechtlichen Vorgaben und die Forderungen der Aufgabenträger, andererseits aber insbesondere auch die Informationsbedürfnisse der Reisenden, die es zu erfüllen gilt. Die Digitalisierung ermöglicht heute bereits in vielen Bereichen die Weiterentwicklung der aktuellen Systeme. Doch um moderne Fahrgastinformationssysteme an den Bedürfnissen der Reisenden auszurichten, braucht es ein Verständnis dafür, wie sich Fahrgäste informieren und welche Informationen sie in bestimmten Situationen erwarten. Der Schwerpunkt der Untersuchungen in dieser Arbeit liegt deshalb insbesondere darin, zu erforschen, wie ein erhöhter Mehrwert in der kollektiven Fahrgastinformation für die Kunden erzielt werden kann. In einer ersten Umfrage 2018/19 wurden dazu Fahrgäste unter anderem nach ihren Informationsbedürfnissen in der Fahrgastinformation befragt. Es wurde beispielsweise erforscht, wann die Fahrgäste welche Informationen erhalten möchten, welche Informationen im Störfall als wichtig erachtet werden und welche technischen Innovationen aus Kundensicht nützlich sind. Für die Studie wurden über 800 Fahrgäste in Nahverkehrszügen des Rhein-Main-Gebiets befragt. Eine wesentliche Erkenntnis ist: Die Ausprägung der Informationsbedürfnisse unterscheidet sich nicht signifikant zwischen den DB-typischen Fahrgastgruppen im Zug (Personae). Nach Analyse der Bedürfniswerte in Abhängigkeit der Personengruppen wurde anschließend auch untersucht, ob es zu anderen Fahrzeiten oder in unterschiedlichen Zügen größere Unterschiede gibt. Es zeigte sich, dass die meisten Ausprägungen der Bedürfnisse am Wochenende insgesamt etwas niedriger sind, aber auch hier sehr ähnliche Werte aufweisen. Die Ergebnisse für den Vergleich von S-Bahn und Regionalbahn/-express oder auch von unterschiedlichen Fahrzeugtypen gleichen sich ebenfalls stark. Es wurde auch analysiert, welche Rolle die kollektive Fahrgastinformation im Zug heute noch spielt. Denn über 80 % der befragten Fahrgäste besitzen heute ein Smartphone mit installierter Reise-App, und über 60 % nutzen diese oft oder sogar bei jeder Reise. Und doch gaben über 30 % der Fahrgäste an, dass sie ihre Informationen während der Fahrt hauptsächlich durch die Medien im Zug beziehen. Auch sprachen sich knapp 60 % der Befragten dafür aus, bei Störfällen weiterführende Informationen im Zug anzuzeigen und/oder anzusagen und diese nicht nur per App zur Verfügung zu stellen. Generell äußerten die Befragten hauptsächlich Interesse an Informationen, die überwiegend die betriebliche Situation wiedergeben. Informationen wie die Wetterlage, aktuelle Nachrichten oder Informationen zur lokalen Umgebung stießen bei den Reisenden auf wenig Interesse. IV In einer zweiten Umfrage 2019/20 stand die Kundenzufriedenheit in S-Bahnen im Mittelpunkt. Ziel war hierbei unter anderem die Evaluation einzelner Komponenten, welche als Bestandteile der Gesamt-Kundenzufriedenheit angesehen werden können, um daraus Rückschlüsse auf die Rolle der Fahrgastinformation ziehen zu können. Durchsucht man in der zweiten Umfrage die Antworten auf die Frage, weshalb manche Fahrgäste nur die Schulnote 3 oder gar eine schlechtere Note für Teile der Fahrgastinformation gegeben haben, so wird deutlich, dass oft weniger die Inhalte oder das Gesamtsystem als verbesserungswürdig beschrieben werden, sondern häufig die Zuverlässigkeit der Informationen kritisiert wird. Die Kunden erwarten, dass sie sich auf Fahrgastinformationen im Zug, in den Apps und am Bahnsteig zu jeder Zeit verlassen können. Sie verlangen auch, dass die Informationen über alle Kanäle hinweg konsistent sind und somit nicht zur Verwirrung führen. Bei der Auswertung der Frage, welche Informationen die Fahrgäste gerne zusätzlich im Zug erhalten möchten, bezogen sich die meisten Antworten auf Störfälle. Hier wurden insbesondere mehr und präzisere Informationen zu Störungen und Verspätungen gewünscht, aber auch Informationen zu passenden Umsteigemöglichkeiten, um auf anderem Weg zum geplanten Ziel zu kommen. Auskünfte über die Gründe der Abweichung wurden als weniger wichtig bewertet. Spannenderweise kann in der zweiten Umfrage auch nachgewiesen werden, dass sich Verspätung von Zügen direkt auf sämtliche zur Bewertung zur Verfügung gestellten Elemente der Reise auswirkt. Dies betrifft auch die Fahrgastinformation, ob in ihrer Gesamtheit oder in einzelnen Elementen wie der Bewertung von Lesbarkeit der Informationen oder der Anzahl an verbauten Bildschirmen. Durch die Untersuchungen wird daher die These aufgestellt, dass eine Erhöhung der Pünktlichkeit der Züge auch die Zufriedenheit der Kunden mit der Fahrgastinformation positiv beeinflusst. Um die evaluierten Bedürfnisse der Fahrgäste anzusprechen, aber auch um eine Überinformation zu vermeiden, sollen die vorhandenen Informationen priorisiert und anschließend für die Übermittlung an den Kunden ausgewählt werden. Dafür wird ein hier neu entwickeltes Konzept vorgestellt, das Informationen auf Basis der aktuellen Situation priorisiert und somit die Auswahl und Übertragung der relevantesten Informationen ermöglicht. Sofern die Übertragung mit dafür geeigneten Medien geschieht, ist eine hohe Erfüllung der Informationsbedürfnisse bei den Kunden zu erwarten. Bei der Priorisierung und Auswahl der Informationen soll auch die Zeitplanung für einzelne Informationen eine Rolle spielen. Während für visuelle Informationen auch die Anzeigedauer relevant ist, ist sowohl für diese als auch für die akustischen Informationen der Zeitpunkt der Übertragung maßgeblich. Die Auswahl des richtigen Mediums ist hierbei hoch relevant, und viele Kunden vertrauen heute auf mehrere Informationsquellen gleichzeitig. Daher ist es wichtig, dass im Hintergrund eine IT-Architektur so organisiert ist, dass auf allen Endgeräten für Mitarbeiter und Fahrgäste die korrekten Informationen so schnell wie technisch möglich und überall mit konsistenten Inhalten vorliegen. Das gilt ganz besonders in Störfällen. In den Umfragen wünschten sich die Fahrgäste in solchen Sondersituationen vor allem mehr Verlässlichkeit. Im Expertengespräch wurde festgestellt, dass es bereits heute die technischen Möglichkeiten gibt, um hier den Wünschen der Fahrgäste besser entgegenzukommen als bisher. Um dieses Ziel zu erreichen, wird auf eine dienstorientierte ITK-Architektur gesetzt. Auf der Basis aktueller DB-Entwicklungen ist es damit möglich, der gesamten Branche über eine RI-Plattform Informationen wettbewerbsneutral zur Verfügung zu stellen und von dort zu beziehen. Darüber hinaus können zukünftig sowohl Reisende, Mitarbeiter und Fahrzeuge auf DB-exklusive Dienste über Applikationen zurückgreifen. Dabei sollen alle Übertragungswege V immer auf die Informationen des zentralen RIS-Servers zurückführen, um Inkonsistenzen zu vermeiden. Die notwendigen neuen Prozesse für die Priorisierung von Informationen und die Generierung von Fahrgastinformationsprogrammen werden in einem hier entwickelten Prozessdiagramm dargestellt. Weitere Aspekte der Untersuchungen sind aktuelle Medien und technische Innovationen, um die Fahrgastinformation für morgen ansprechender und für die Kunden noch gewinnbringender zu gestalten. Technologien – wie beispielsweise Richtlautsprecher, Bluetooth oder halbtransparente Scheibendisplays – können nicht nur für mobilitätseingeschränkte Personen, sondern für alle Fahrgäste zusätzliche Informationen gezielt bereitstellen, ohne dabei die Grundinformation im Zug einzuschränken. Denn Innovation in den Medien und weitere Maßnahmen sind wichtig und nötig, um die Barrierefreiheit in der Fahrgastinformation bis zum Jahr 2022 zu gewährleisten. Der hier entwickelte Anforderungskatalog für barrierefreie Fahrgastinformation und die daraus abgeleiteten vorgeschlagenen Maßnahmen können dazu beitragen. Die Ergebnisse der zweiten Umfrage zeigen, dass eine gute Fahrgastinformation durchaus zur Kundenzufriedenheit beiträgt. Doch wie misst man die Qualität und Leistung der Fahrgastinformation im Betrieb? Dafür sind entsprechende Key Performance Indicators (KPIs) notwendig, die verschiedene Bereiche der Fahrgastinformation bewerten und den Verantwortlichen einen schnellen Überblick über deren aktuelle Qualität geben. Werden solche Kennzahlen in einem Qualitätsmanagementsystem eingesetzt, so lassen sich Schwächen oder Fehler in den Prozessen schnell erkennen und Maßnahmen zur Verbesserung treffen. Die Entwicklung eines solchen Systems mit den dazugehörigen Schnittstellen bedarf aus aktueller Sicht noch weiterer Untersuchungen. Dennoch können bereits mit den aktuellen Erkenntnissen Vorschläge für mögliche KPIs und Auswertebereiche auf Basis einer Balanced Scorecard gemacht werden. Auch wenn die Fahrgastinformation mit mobilen Endgeräten voraussichtlich in Zukunft eine immer größere Rolle für die Fahrgäste spielen wird, sollte die Bedeutung der kollektiven Fahrgastinformation in den Fahrzeugen darüber nicht aus den Augen verloren werden. Hierzu ist es erforderlich, die Systeme stets weiterzuentwickeln, Innovation in diesem Bereich zu fördern, aber auch zu fordern und dabei stets den Mehrwert für die Fahrgäste im Auge zu behalten. Dies wird die Aufgabe derjenigen sein, die sich zukünftig in diesem breiten Themenfeld in Forschung und Praxis engagieren möchten. Die Ergebnisse dieser Forschung können und sollen dazu beitragen, dass der Kundennutzen in der Fahrgastinformation steigt und somit die Zufriedenheit bei den Fahrgästen wächst und somit einen Beitrag zu verkehrsplanerisch und verkehrspolitisch gewünschten Verlagerung auf den öffentlichen Verkehr geleistet wird Ein Kurzbericht mit den ausgewählten Ergebnissen kann hier gefunden werden: https://www.verkehr.tu-darmstadt.de/media/verkehr/fgvv/Moderne_Fahrgastinformation_-_Kurzbericht_von_TU_Darmstadt_und_DB_Regio_AG.pdf |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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Status: | Verlagsversion | ||||
URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-174696 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 600 Technik 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau |
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Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr > Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik |
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TU-Projekte: | DB(Deutsche Bahn)|0010/JO1/41571605|Kobiflexion, Grundla DB(Deutsche Bahn)|1932369024, 0010/369/41786101|Embiflexion - Ergebu |
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Hinterlegungsdatum: | 17 Feb 2021 10:01 | ||||
Letzte Änderung: | 23 Feb 2021 06:17 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Boltze, Prof. Dr. Manfred ; Rüppel, Prof. Dr. Uwe | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 17 Dezember 2020 | ||||
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