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Evaluierung bakterieller Enzyme für die Synthese neuartiger neo-Sialokonjugate

Mertsch, Alexander (2020)
Evaluierung bakterieller Enzyme für die Synthese neuartiger neo-Sialokonjugate.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.25534/tuprints-00014124
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Sialinsäuren bilden eine Familie von 9-Kohlenstoff-Zuckern mit einer α-Ketonsäurefunktionalität und sind durch ihre strukturelle Komplexität direkt mit zahlreichen biologischen Erkennungs- und Steuerungsprozessen assoziiert. Glycokonjugate, die terminale Sialinsäuren enthalten, sind omnipräsent in tierischen Glycanen wie Glycoproteinen und Glycolipiden und auf der äußersten Schicht der Zelloberfläche zu finden. Auf der anderen Seite können Sialokonjugate als biologische Maske für pathogene Bakterien fungieren, die sialinsäurehaltige Oligosaccharide produzieren, um sich vor dem Immunsystem des Wirts zu schützen oder als wirtseitige Andockstation für Viruspartikel dienen. Um die Funktionen und die biologische Bedeutung von Sialinsäuren und Sialokonjugaten in der Natur zu verstehen bzw. neuartige pharmazeutische Ansätze zu entwickeln, ist die Synthese von neuartigen neo-Sialokonjugaten ein unerlässlicher Ansatz. Um die Akzeptanz von Sialinsäurestrukturen mit strukturellen Variationen des terminalen C7–C9 Kohlenstoffrückgrats durch Enzyme des Leloir-Biosynthesewegs zu evaluieren, wurde eine Reihe neuartiger Sialinsäureanaloga synthetisiert. In einem neuartigen semisynthetischen Ansatz wurden, ausgehend von natürlicher N-Acetylneuraminsäure, über eine oxidative Spaltung des C7–C9 Rückgrats und darauffolgende Einführung nicht natürlicher Strukturmotive, chemoenzymatisch anderweitig nicht zugängliche Derivate und Analoga synthetisiert. Durch diastereoselektive Rekonstruktion des Rückgrats mittels Barbier-artiger Carboligation konnten vollständig diastereomerenreine Verbindungen mit gesättigten und ungesättigten sowie linearen und verzweigten und partiell desoxygenierten Alkylketten synthetisiert werden. Ebenso konnten Sialindisäuren und das erste verkürzte Legionaminsäureanalogon synthetisiert werden. Diese neuartigen Sialinsäuren wurden auf ihre Reaktionsfreudigkeit bezüglich der Nukleotidaktivierung durch die CMP-Sialat-Synthetase aus Neisseria meningitidis unter Verwendung eines pH-abhängigen Assays kinetisch analysiert. Über enzymatische Eintopfreaktionen wurden Nukleotidaktivierung und Sialyltransfer auf Lactose durchgeführt, um neuartige Trisaccharide als GM3 Analoga herzustellen, welche dann zur Testen der Substrattoleranz zweier bakterieller Neuraminidasen eingesetzt wurden. Für den Sialyltransfer wurde eine α2,3-Sialyltransferase aus Photobacterium phosphoreum JT-ISH-467 in einem Mutageneseansatz optimiert, um die hydrolytischen Aktivitäten dieses Enzyms durch gelenkte Evolution zu minimieren. In einer strukturbasierten Sättigungsmutagenese konnten drei Varianten mit bis zu 5-fach höherer katalytischer Effizienz für den Sialyltransfer (S359T / S360T) und bis zu 10-fach reduzierter Effizienz der Hydrolyse (L387A) gefunden werden. Als Variante mit dem effektivsten Profil wurde die Variante A151D identifiziert, die 4.3-fach reduzierter Hydrolyse und 1.9-fach gesteigerte Sialyltransfereffizienz zeigte. In einer NMR-Studie wurde schließlich bestätigt, dass die Sialidaseaktivität bei L387A bis zu 68-fach und bei A151D 26-fach reduziert ist.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2020
Autor(en): Mertsch, Alexander
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Evaluierung bakterieller Enzyme für die Synthese neuartiger neo-Sialokonjugate
Sprache: Deutsch
Referenten: Fessner, Prof. Dr. Wolf-Dieter ; Kolmar, Prof. Dr. Harald
Publikationsjahr: 2020
Ort: Darmstadt
Datum der mündlichen Prüfung: 21 September 2020
DOI: 10.25534/tuprints-00014124
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/14124
Kurzbeschreibung (Abstract):

Sialinsäuren bilden eine Familie von 9-Kohlenstoff-Zuckern mit einer α-Ketonsäurefunktionalität und sind durch ihre strukturelle Komplexität direkt mit zahlreichen biologischen Erkennungs- und Steuerungsprozessen assoziiert. Glycokonjugate, die terminale Sialinsäuren enthalten, sind omnipräsent in tierischen Glycanen wie Glycoproteinen und Glycolipiden und auf der äußersten Schicht der Zelloberfläche zu finden. Auf der anderen Seite können Sialokonjugate als biologische Maske für pathogene Bakterien fungieren, die sialinsäurehaltige Oligosaccharide produzieren, um sich vor dem Immunsystem des Wirts zu schützen oder als wirtseitige Andockstation für Viruspartikel dienen. Um die Funktionen und die biologische Bedeutung von Sialinsäuren und Sialokonjugaten in der Natur zu verstehen bzw. neuartige pharmazeutische Ansätze zu entwickeln, ist die Synthese von neuartigen neo-Sialokonjugaten ein unerlässlicher Ansatz. Um die Akzeptanz von Sialinsäurestrukturen mit strukturellen Variationen des terminalen C7–C9 Kohlenstoffrückgrats durch Enzyme des Leloir-Biosynthesewegs zu evaluieren, wurde eine Reihe neuartiger Sialinsäureanaloga synthetisiert. In einem neuartigen semisynthetischen Ansatz wurden, ausgehend von natürlicher N-Acetylneuraminsäure, über eine oxidative Spaltung des C7–C9 Rückgrats und darauffolgende Einführung nicht natürlicher Strukturmotive, chemoenzymatisch anderweitig nicht zugängliche Derivate und Analoga synthetisiert. Durch diastereoselektive Rekonstruktion des Rückgrats mittels Barbier-artiger Carboligation konnten vollständig diastereomerenreine Verbindungen mit gesättigten und ungesättigten sowie linearen und verzweigten und partiell desoxygenierten Alkylketten synthetisiert werden. Ebenso konnten Sialindisäuren und das erste verkürzte Legionaminsäureanalogon synthetisiert werden. Diese neuartigen Sialinsäuren wurden auf ihre Reaktionsfreudigkeit bezüglich der Nukleotidaktivierung durch die CMP-Sialat-Synthetase aus Neisseria meningitidis unter Verwendung eines pH-abhängigen Assays kinetisch analysiert. Über enzymatische Eintopfreaktionen wurden Nukleotidaktivierung und Sialyltransfer auf Lactose durchgeführt, um neuartige Trisaccharide als GM3 Analoga herzustellen, welche dann zur Testen der Substrattoleranz zweier bakterieller Neuraminidasen eingesetzt wurden. Für den Sialyltransfer wurde eine α2,3-Sialyltransferase aus Photobacterium phosphoreum JT-ISH-467 in einem Mutageneseansatz optimiert, um die hydrolytischen Aktivitäten dieses Enzyms durch gelenkte Evolution zu minimieren. In einer strukturbasierten Sättigungsmutagenese konnten drei Varianten mit bis zu 5-fach höherer katalytischer Effizienz für den Sialyltransfer (S359T / S360T) und bis zu 10-fach reduzierter Effizienz der Hydrolyse (L387A) gefunden werden. Als Variante mit dem effektivsten Profil wurde die Variante A151D identifiziert, die 4.3-fach reduzierter Hydrolyse und 1.9-fach gesteigerte Sialyltransfereffizienz zeigte. In einer NMR-Studie wurde schließlich bestätigt, dass die Sialidaseaktivität bei L387A bis zu 68-fach und bei A151D 26-fach reduziert ist.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

Sialic acids form a family of acidic 9-carbon sugars with an enomous complexity, which is directly associated with numberless functions in biological recognition and regulation phenomena. Sialic acids are omnipresent in vertebrates as the outermost glycan residues of cell-surface glycoproteins and glycolipids. On the other hand, sialoconjugates can also act as a biological mask for a number of pathogenic bacteria that produce Sia-containing oligosaccharides for protection against the host’s immune system or as docking stations for virus particles. In order to understand the biological importance of the sialic acids and sialoconjugates in nature as well as for the development of new therapeutics, the synthesis of novel neo-sialoconjugates is crucial. For testing the promiscuity of enzymes from the Leloir biosynthetic pathway, a series of unusual sialic acid analogs structurally modified at the C7–C9 terminus were prepared using a novel semi-synthetic strategy. Oxidative truncation of natural N-acetylneuraminic acid was followed by diastereoselective carbon backbone reconstruction using Barbier-type carboligations followed by different functional group interconversions. This provided access to a variety of functional motifs in the terminal carbon backbone, including examples of saturated and unsaturated, linear and branched alkyl chains, partially deoxygenated sialic acids, sialic diacids and a first truncated legionaminic acid analog. The synthetic sialic acid probes were studied for nucleotide activation by the CMP-sialic acid synthetase from Neisseria meningitidis using a universal pH-shift assay for kinetic analysis. One-pot enzymatic nucleotide activation and sialyltransfer to lactose was performed to furnish new-to-nature analogs of the GM3 trisaccharide, which were finally utilized to test the substrate tolerance of two bacterial neuraminidases. For the sialyltransfer an α2,3-sialyltransferase from Photobacterium phosphoreum JT-ISH-467 was engineered using saturation mutagenesis to reduce the enzyme’s hydrolytic activities by a directed evolution approach. The structure-guided mutagenesis study identified three variants that showed up to 5 times higher catalytic efficiency for sialyltransfer (S359T / S360T) and up to 10 times lower efficiency for substrate hydrolysis (L387A). Variant (A151D) displayed overall best performance with 4.3-fold reduced hydrolysis and 1.9-fold higher sialyltransfer efficiency. An NMR study finally revealed that the sialidase activity was reduced up to 68-fold for L387A und 26-fold for A151D.

Englisch
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-141240
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 540 Chemie
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 07 Fachbereich Chemie
07 Fachbereich Chemie > Clemens-Schöpf-Institut > Fachgebiet Organische Chemie
Hinterlegungsdatum: 03 Nov 2020 13:52
Letzte Änderung: 10 Nov 2020 06:06
PPN:
Referenten: Fessner, Prof. Dr. Wolf-Dieter ; Kolmar, Prof. Dr. Harald
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 21 September 2020
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