Rolko, Kevin (2020)
Simulationsbasierte Optimierung der Ausstattung von Teilstrecken mit Systemen zur Energieversorgung von Lastkraftwagen während der Fahrt.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.25534/tuprints-00013358
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Im Spannungsfeld zwischen einer steigenden Güterverkehrsleistung, politischen Klimaschutzzielen und der Vermeidung einer Gesundheitsbelastung für den Menschen gilt es, in naher Zukunft Alternativen zu Verbrennungsmotoren für den Straßengüterverkehr zu finden. Während derzeit der Fokus der gesellschaftlichen Debatte noch auf Antriebssystemen wie der Brennstoffzelle oder Energieversorgungssystemen liegt, die auf dem Prinzip der stationären Ladung beruhen, werden zunehmend auch Systeme entwickelt und erprobt, die eine Energieversorgung von Elektrofahrzeugen während der Fahrt ermöglichen sollen.
Solche Systeme kombinieren einerseits straßenseitig installierte Systemelemente, die in ihrer Gesamtheit als Ladestationen aufgefasst werden können, mit fahrzeugseitig verbauten Systemelementen (z.B. Energieaufnahmeeinrichtungen, Energiespeicher). Im Gegensatz zu den stationären Energieversorgungssystemen, die mit großen fahrzeugseitig verbauten Energiespeichern arbeiten müssen, können die Energiespeicher in Abhängigkeit des Ausstattungsgrades des Straßennetzes mit Ladestationen bei diesen Systemen jedoch kleiner dimensioniert werden. Hierdurch fällt auch die Reduktion der zur Verfügung stehenden Nutzlast der Lastkraftwagen weniger stark aus. Für den Fall einer auf Ebene des Gesamtnetzes durchgängig zur Verfügung stehenden Ladeinfrastruktur kann sogar vollständig auf die Mitführung eines fahrzeuginternen Energiespeichers verzichtet werden. Wegen der Energiespeicher in den Fahrzeugen können aber auch besonders kostenintensiv oder überhaupt nicht ausstattbare Streckenelemente ausgespart werden.
Mit Blick auf den steigenden Wettbewerbsdruck in der Logistikbranche weisen Systeme zur Energieversorgung von Lastkraftwagen während der Fahrt einerseits geringere fahrleistungsbezogene Betriebskosten im Vergleich zu stationären Energieversorgungssystemen oder anderen Antriebstechnologien auf. Andererseits sind diese Systeme auch auf Basis einer Lebenszyklusbetrachtung hinsichtlich ihrer Umweltwirkungen schonender für die Menschen und die Umwelt. Aus diesen Gründen kann die Einführung von Systemen zur Energieversorgung von Lastkraftwagen während der Fahrt eine mögliche und vielversprechende Handlungsoption zur Überwindung des skizzierten Spannungsfelds darstellen.
Im Zuge der Einführung solcher Systeme ist es aus verkehrsplanerischer Sicht notwendig, solche Teilstrecken zu identifizieren und für eine Ausstattung mit Systemelementen zur Energieversorgung von Lastkraftwagen während der Fahrt vorzusehen, die im Hinblick auf die politischen Ziele einerseits einen möglichst hohen positiven Beitrag leisten sowie deren Einbindung in logistische Prozessketten andererseits ein möglichst hohes Nutzerpotential ausschöpfen kann. Im Ergebnis entsteht dann eine Netzkonfiguration für ein bestimmtes Energieversorgungssystem, mit der zum Beispiel ein bestimmtes Minderungspotential an Kohlendioxid-Emissionen verbunden ist. Da aber potentiell mehrere dieser Systeme eingeführt werden könnten, ist es zudem in diesem Kontext eine verkehrsplanerische Aufgabenstellung, diese Systeme vergleichend im Hinblick auf ihren Beitrag zu einem Zielsystem zu bewerten oder ihr Nutzen-Kosten-Verhältnis zu untersuchen, wozu ebenfalls eine konkrete Netzkonfiguration benötigt wird.
Hinsichtlich dieser beiden neuartigen Aufgabenstellungen war es daher das oberste Ziel dieser Arbeit, ein Verfahren zur Optimierung der Ausstattung deutscher Autobahnen mit Systemen zur Energieversorgung von Lkw während der Fahrt zu entwickeln. Dieses Verfahren sollte zum Ersten die Möglichkeit bieten, eine bedarfsgerechte und bestenfalls auch im mathematischen Sinne optimale Netzkonfiguration für ein bestimmtes System zur Energieversorgung von Lastkraftwagen während der Fahrt auf Basis eines vorab definierten Bewertungsmaßstabs zu ermitteln. Da die verschiedenen Systeme auch unterschiedliche Anforderungen an die Eigenschaften der jeweiligen räumlich-örtlichen Begebenheiten entlang der Teilstrecken stellen, die unter Umständen zu erhöhten kilometerbezogenen Kostensätzen einer Ausstattung führen können, sollten in dem zu entwickelnden Verfahren auch infrastrukturelle Bewertungskriterien berücksichtigt werden. Darüber hinaus sollte das zu entwickelnde Verfahren eine vergleichende Bewertung unterschiedlicher Netzkonfigurationen verschiedener Systeme zur Energieversorgung des Straßengüterverkehrs während der Fahrt auf deutschen Autobahnen ermöglichen.
Das im Rahmen dieser Arbeit vorgeschlagene Verfahren besteht daher aus drei eigenständig und unabhängig durchführbaren, jedoch aufeinander abgestimmten Verfahrensteilen. Die Verfahrensteile wurden im Verlauf der Arbeit zunächst formal und prozessual beschrieben, um sie unabhängig von einer konkreten Implementierung oder Software-Anwendung einsetzen zu können. Der erste Verfahrensteil Güterverkehrsnachfrage dient der Bereitstellung einer Datengrundlage hinsichtlich der Güterverkehrsnachfrage für einen beliebigen Planungsraum und Untersuchungszeitpunkt, um eine nachfragegerechte Ableitung von Netzkonfigurationen zu ermöglichen. Der Verfahrensteil ist daher auch anwendungsfallspezifisch auszugestalten, es kann hierfür auf das Standard-Instrumentarium der Verkehrsnachfragemodellierung zurückgegriffen werden. Der Verfahrensteil erfordert als Endprodukt eine auf Ebene der Knotenbeziehungen im unterstellten Verkehrsnetzmodell disaggregierte Relationsliste, die Fahrzeugfahrten zwischen diesen Knoten abbildet.
Der zweite Verfahrensteil Infrastrukturbewertung dient der Bewertung von Streckenelementen und Streckenabschnitten hinsichtlich ihrer Ausstattungsfähigkeit mit Ladeinfrastruktur-Elementen verschiedener Systeme zur Energieversorgung von Lkw während der Fahrt aus einer planerisch-bautechnischen Perspektive. Zudem ermöglicht der Verfahrensteil die Ableitung von Ausstattungsvarianten für bestimmte, räumlich begrenzte Teilstrecken sowie deren Vergleich aus einer planerisch-bautechnischen Perspektive. Methodisch greift das Verfahren auf eine modifizierte Nutzwertanalyse zurück, die jedem Streckenelement bzw. -abschnitt einen Nutzwert zuordnet, um auf dessen Basis die binäre Aussage treffen zu können, ob das betreffende Streckenelement bzw. der Streckenabschnitt ausgestattet werden kann oder nicht. Auf Basis der Ergebnisse des Verfahrensteils können somit verlässlichere Kostenschätzungen vorgenommen werden.
Die Ergebnisse des Verfahrensteils Infrastrukturbewertung auf der einen Seite sowie die Relationsliste aus dem Verfahrensteil Güterverkehrsnachfrage auf der anderen Seite dienen als Eingangsdaten für einen dritten Verfahrensteil. Dieser dritte Verfahrensteil Lageermittlung dient der räumlichen Verortung von Ladestationen auf einem Verkehrsnetzmodell. Somit lassen sich also mit dem Verfahrensteil unterschiedliche Netzkonfigurationen erzeugen und bewerten. Methodisch greift der Verfahrensteil auf die simulationsbasierte Optimierung zurück.
In der Simulationskomponente des Verfahrensteils wird je durchgeführtem Simulationsexperiment eine Netzwerkkonfiguration des jeweils unterstellten Energieversorgungssystems erzeugt. Dabei werden auch die Ergebnisse der Infrastrukturbewertung berücksichtigt. Diese Netzkonfiguration wird an die Optimierungskomponente weitergegeben, die einerseits den Verfahrensablauf steuert und andererseits die Netzkonfiguration bewertet. Hierzu wurde eine Ziel- bzw. Bewertungsfunktion vorgeschlagen, die auf eine Maximierung der eingesparten CO2-Emissionen unter Beachtung einer Budgetrestriktion abstellt. Im Ergebnis können so verschiedene Kenngrößen wie zum Beispiel die vermiedenen CO2-Emissionen, der finanzielle Bedarf für den Ausbau sowie die Fahrleistung in den verschiedenen Betriebsmodi ermittelt werden. Durch das mehrmalige Ausführen der Simulationskomponente bzw. eine Variation der Simulationsparameter und eine sukzessive Bewertung der Ergebnisse soll das Verfahren so eine bedarfsgerechte und bestenfalls auch im mathematischen Sinne optimale Netzkonfiguration für ein bestimmtes System zur Energieversorgung während der Fahrt ermitteln können.
Durch die Anwendung des entwickelten Verfahrens auf das eHighway-System für den Planungsraum der deutschen Autobahnen liefert diese Arbeit neben einem methodischen Beitrag auch praxisrelevante Erkenntnisse. Um dies in einem weiteren Untersuchungsschritt zu ermöglichen, wurde auf Basis des zuvor entwickelten und formal beschriebenen, generischen Verfahrens ein gekoppeltes Simulations- und Optimierungsmodell mit der Bezeichnung OAASEE entworfen und als eigenständige Software-Applikation implementiert. Das Modell OAASEE besteht konsequenterweise aus den drei gekoppelten und über Schnittstellen verbundenen Modulen Güterverkehrsnachfrage, Infrastrukturbewertung und Lageermittlung. OAASEE bietet dem Anwender umfangreiche Möglichkeiten zur Parametrisierung des Verfahrens über eine grafische Benutzeroberfläche und kann so unabhängig von einem konkreten Anwendungsfall eingesetzt werden.
Für den Anwendungsfall wurde im Rahmen des Moduls Güterverkehrsnachfrage auf Basis einer Verflechtungsmatrix eine Umwandlung von Güterströmen in Fahrzeugströme vorgenommen und diese wurden zwischen Netzeinspeiseknoten verteilt. Leider konnte das Modul Infrastrukturbewertung nicht im Rahmen des Anwendungsbeispiels eingesetzt werden, weil bei Fertigstellung der Arbeit noch kein Zugriff auf wichtige Daten bestand. Für das Modul Lageermittlung wurde OAASEE aber mit einer Stichprobe an Relationen aus dem Modul Güterverkehrsnachfrage versorgt und das Modul wurde anschließend auf Basis einer Literaturanalyse parametrisiert. Hierzu wurde ein szenarienbasiertes Vorgehen gewählt: jedes Szenario ist durch einen Parametersatz beschrieben. Neben einem Szenario, das auf den Dieselmotor als Antriebstechnologie abstellt und so einen Referenzpunkt zu Vergleichszwecken bietet, wurden insgesamt drei weitere Szenarien untersucht. Für jedes der drei Szenarien wurde dann durch OAASEE eine Netzkonfiguration für den eHighway auf deutschen Autobahnen abgeleitet. Auf Basis eines Vergleichs der drei resultierenden Netzkonfigurationen wurde eine Ausbauempfehlung für besonders geeignete Korridore formuliert und diese genutzt, um entsprechende Kenngrößen zu erzeugen. Die Modellergebnisse wurden außerdem in die vorhandene Veröffentlichungslandschaft eingeordnet.
Das im Laufe dieser Arbeit vorgestellte, simulationsbasierte Optimierungsverfahren ist prinzipiell auch auf den Personenverkehr und weitere Nutzergruppen anwendbar und leistet somit einen Beitrag für eine vergleichende, volkwirtschaftliche Bewertung verschiedener Systeme zur Energieversorgung des Elektroverkehrs während der Fahrt. Langfristig kann die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz der Systeme zur Energieversorgung des Elektroverkehrs während der Fahrt durch einen solchen, möglichst transparenten Bewertungsprozess gesteigert und die Weichen für einen nachhaltigen Straßenverkehr können gestellt werden.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2020 | ||||
Autor(en): | Rolko, Kevin | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Simulationsbasierte Optimierung der Ausstattung von Teilstrecken mit Systemen zur Energieversorgung von Lastkraftwagen während der Fahrt | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Boltze, Prof. Dr. Manfred ; Friedrich, Prof. Dr. Hanno | ||||
Publikationsjahr: | 2020 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Reihe: | Schriftenreihe der Institute für Verkehr | ||||
Band einer Reihe: | Heft V44 | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 7 Juli 2020 | ||||
DOI: | 10.25534/tuprints-00013358 | ||||
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/13358 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Im Spannungsfeld zwischen einer steigenden Güterverkehrsleistung, politischen Klimaschutzzielen und der Vermeidung einer Gesundheitsbelastung für den Menschen gilt es, in naher Zukunft Alternativen zu Verbrennungsmotoren für den Straßengüterverkehr zu finden. Während derzeit der Fokus der gesellschaftlichen Debatte noch auf Antriebssystemen wie der Brennstoffzelle oder Energieversorgungssystemen liegt, die auf dem Prinzip der stationären Ladung beruhen, werden zunehmend auch Systeme entwickelt und erprobt, die eine Energieversorgung von Elektrofahrzeugen während der Fahrt ermöglichen sollen. Solche Systeme kombinieren einerseits straßenseitig installierte Systemelemente, die in ihrer Gesamtheit als Ladestationen aufgefasst werden können, mit fahrzeugseitig verbauten Systemelementen (z.B. Energieaufnahmeeinrichtungen, Energiespeicher). Im Gegensatz zu den stationären Energieversorgungssystemen, die mit großen fahrzeugseitig verbauten Energiespeichern arbeiten müssen, können die Energiespeicher in Abhängigkeit des Ausstattungsgrades des Straßennetzes mit Ladestationen bei diesen Systemen jedoch kleiner dimensioniert werden. Hierdurch fällt auch die Reduktion der zur Verfügung stehenden Nutzlast der Lastkraftwagen weniger stark aus. Für den Fall einer auf Ebene des Gesamtnetzes durchgängig zur Verfügung stehenden Ladeinfrastruktur kann sogar vollständig auf die Mitführung eines fahrzeuginternen Energiespeichers verzichtet werden. Wegen der Energiespeicher in den Fahrzeugen können aber auch besonders kostenintensiv oder überhaupt nicht ausstattbare Streckenelemente ausgespart werden. Mit Blick auf den steigenden Wettbewerbsdruck in der Logistikbranche weisen Systeme zur Energieversorgung von Lastkraftwagen während der Fahrt einerseits geringere fahrleistungsbezogene Betriebskosten im Vergleich zu stationären Energieversorgungssystemen oder anderen Antriebstechnologien auf. Andererseits sind diese Systeme auch auf Basis einer Lebenszyklusbetrachtung hinsichtlich ihrer Umweltwirkungen schonender für die Menschen und die Umwelt. Aus diesen Gründen kann die Einführung von Systemen zur Energieversorgung von Lastkraftwagen während der Fahrt eine mögliche und vielversprechende Handlungsoption zur Überwindung des skizzierten Spannungsfelds darstellen. Im Zuge der Einführung solcher Systeme ist es aus verkehrsplanerischer Sicht notwendig, solche Teilstrecken zu identifizieren und für eine Ausstattung mit Systemelementen zur Energieversorgung von Lastkraftwagen während der Fahrt vorzusehen, die im Hinblick auf die politischen Ziele einerseits einen möglichst hohen positiven Beitrag leisten sowie deren Einbindung in logistische Prozessketten andererseits ein möglichst hohes Nutzerpotential ausschöpfen kann. Im Ergebnis entsteht dann eine Netzkonfiguration für ein bestimmtes Energieversorgungssystem, mit der zum Beispiel ein bestimmtes Minderungspotential an Kohlendioxid-Emissionen verbunden ist. Da aber potentiell mehrere dieser Systeme eingeführt werden könnten, ist es zudem in diesem Kontext eine verkehrsplanerische Aufgabenstellung, diese Systeme vergleichend im Hinblick auf ihren Beitrag zu einem Zielsystem zu bewerten oder ihr Nutzen-Kosten-Verhältnis zu untersuchen, wozu ebenfalls eine konkrete Netzkonfiguration benötigt wird. Hinsichtlich dieser beiden neuartigen Aufgabenstellungen war es daher das oberste Ziel dieser Arbeit, ein Verfahren zur Optimierung der Ausstattung deutscher Autobahnen mit Systemen zur Energieversorgung von Lkw während der Fahrt zu entwickeln. Dieses Verfahren sollte zum Ersten die Möglichkeit bieten, eine bedarfsgerechte und bestenfalls auch im mathematischen Sinne optimale Netzkonfiguration für ein bestimmtes System zur Energieversorgung von Lastkraftwagen während der Fahrt auf Basis eines vorab definierten Bewertungsmaßstabs zu ermitteln. Da die verschiedenen Systeme auch unterschiedliche Anforderungen an die Eigenschaften der jeweiligen räumlich-örtlichen Begebenheiten entlang der Teilstrecken stellen, die unter Umständen zu erhöhten kilometerbezogenen Kostensätzen einer Ausstattung führen können, sollten in dem zu entwickelnden Verfahren auch infrastrukturelle Bewertungskriterien berücksichtigt werden. Darüber hinaus sollte das zu entwickelnde Verfahren eine vergleichende Bewertung unterschiedlicher Netzkonfigurationen verschiedener Systeme zur Energieversorgung des Straßengüterverkehrs während der Fahrt auf deutschen Autobahnen ermöglichen. Das im Rahmen dieser Arbeit vorgeschlagene Verfahren besteht daher aus drei eigenständig und unabhängig durchführbaren, jedoch aufeinander abgestimmten Verfahrensteilen. Die Verfahrensteile wurden im Verlauf der Arbeit zunächst formal und prozessual beschrieben, um sie unabhängig von einer konkreten Implementierung oder Software-Anwendung einsetzen zu können. Der erste Verfahrensteil Güterverkehrsnachfrage dient der Bereitstellung einer Datengrundlage hinsichtlich der Güterverkehrsnachfrage für einen beliebigen Planungsraum und Untersuchungszeitpunkt, um eine nachfragegerechte Ableitung von Netzkonfigurationen zu ermöglichen. Der Verfahrensteil ist daher auch anwendungsfallspezifisch auszugestalten, es kann hierfür auf das Standard-Instrumentarium der Verkehrsnachfragemodellierung zurückgegriffen werden. Der Verfahrensteil erfordert als Endprodukt eine auf Ebene der Knotenbeziehungen im unterstellten Verkehrsnetzmodell disaggregierte Relationsliste, die Fahrzeugfahrten zwischen diesen Knoten abbildet. Der zweite Verfahrensteil Infrastrukturbewertung dient der Bewertung von Streckenelementen und Streckenabschnitten hinsichtlich ihrer Ausstattungsfähigkeit mit Ladeinfrastruktur-Elementen verschiedener Systeme zur Energieversorgung von Lkw während der Fahrt aus einer planerisch-bautechnischen Perspektive. Zudem ermöglicht der Verfahrensteil die Ableitung von Ausstattungsvarianten für bestimmte, räumlich begrenzte Teilstrecken sowie deren Vergleich aus einer planerisch-bautechnischen Perspektive. Methodisch greift das Verfahren auf eine modifizierte Nutzwertanalyse zurück, die jedem Streckenelement bzw. -abschnitt einen Nutzwert zuordnet, um auf dessen Basis die binäre Aussage treffen zu können, ob das betreffende Streckenelement bzw. der Streckenabschnitt ausgestattet werden kann oder nicht. Auf Basis der Ergebnisse des Verfahrensteils können somit verlässlichere Kostenschätzungen vorgenommen werden. Die Ergebnisse des Verfahrensteils Infrastrukturbewertung auf der einen Seite sowie die Relationsliste aus dem Verfahrensteil Güterverkehrsnachfrage auf der anderen Seite dienen als Eingangsdaten für einen dritten Verfahrensteil. Dieser dritte Verfahrensteil Lageermittlung dient der räumlichen Verortung von Ladestationen auf einem Verkehrsnetzmodell. Somit lassen sich also mit dem Verfahrensteil unterschiedliche Netzkonfigurationen erzeugen und bewerten. Methodisch greift der Verfahrensteil auf die simulationsbasierte Optimierung zurück. In der Simulationskomponente des Verfahrensteils wird je durchgeführtem Simulationsexperiment eine Netzwerkkonfiguration des jeweils unterstellten Energieversorgungssystems erzeugt. Dabei werden auch die Ergebnisse der Infrastrukturbewertung berücksichtigt. Diese Netzkonfiguration wird an die Optimierungskomponente weitergegeben, die einerseits den Verfahrensablauf steuert und andererseits die Netzkonfiguration bewertet. Hierzu wurde eine Ziel- bzw. Bewertungsfunktion vorgeschlagen, die auf eine Maximierung der eingesparten CO2-Emissionen unter Beachtung einer Budgetrestriktion abstellt. Im Ergebnis können so verschiedene Kenngrößen wie zum Beispiel die vermiedenen CO2-Emissionen, der finanzielle Bedarf für den Ausbau sowie die Fahrleistung in den verschiedenen Betriebsmodi ermittelt werden. Durch das mehrmalige Ausführen der Simulationskomponente bzw. eine Variation der Simulationsparameter und eine sukzessive Bewertung der Ergebnisse soll das Verfahren so eine bedarfsgerechte und bestenfalls auch im mathematischen Sinne optimale Netzkonfiguration für ein bestimmtes System zur Energieversorgung während der Fahrt ermitteln können. Durch die Anwendung des entwickelten Verfahrens auf das eHighway-System für den Planungsraum der deutschen Autobahnen liefert diese Arbeit neben einem methodischen Beitrag auch praxisrelevante Erkenntnisse. Um dies in einem weiteren Untersuchungsschritt zu ermöglichen, wurde auf Basis des zuvor entwickelten und formal beschriebenen, generischen Verfahrens ein gekoppeltes Simulations- und Optimierungsmodell mit der Bezeichnung OAASEE entworfen und als eigenständige Software-Applikation implementiert. Das Modell OAASEE besteht konsequenterweise aus den drei gekoppelten und über Schnittstellen verbundenen Modulen Güterverkehrsnachfrage, Infrastrukturbewertung und Lageermittlung. OAASEE bietet dem Anwender umfangreiche Möglichkeiten zur Parametrisierung des Verfahrens über eine grafische Benutzeroberfläche und kann so unabhängig von einem konkreten Anwendungsfall eingesetzt werden. Für den Anwendungsfall wurde im Rahmen des Moduls Güterverkehrsnachfrage auf Basis einer Verflechtungsmatrix eine Umwandlung von Güterströmen in Fahrzeugströme vorgenommen und diese wurden zwischen Netzeinspeiseknoten verteilt. Leider konnte das Modul Infrastrukturbewertung nicht im Rahmen des Anwendungsbeispiels eingesetzt werden, weil bei Fertigstellung der Arbeit noch kein Zugriff auf wichtige Daten bestand. Für das Modul Lageermittlung wurde OAASEE aber mit einer Stichprobe an Relationen aus dem Modul Güterverkehrsnachfrage versorgt und das Modul wurde anschließend auf Basis einer Literaturanalyse parametrisiert. Hierzu wurde ein szenarienbasiertes Vorgehen gewählt: jedes Szenario ist durch einen Parametersatz beschrieben. Neben einem Szenario, das auf den Dieselmotor als Antriebstechnologie abstellt und so einen Referenzpunkt zu Vergleichszwecken bietet, wurden insgesamt drei weitere Szenarien untersucht. Für jedes der drei Szenarien wurde dann durch OAASEE eine Netzkonfiguration für den eHighway auf deutschen Autobahnen abgeleitet. Auf Basis eines Vergleichs der drei resultierenden Netzkonfigurationen wurde eine Ausbauempfehlung für besonders geeignete Korridore formuliert und diese genutzt, um entsprechende Kenngrößen zu erzeugen. Die Modellergebnisse wurden außerdem in die vorhandene Veröffentlichungslandschaft eingeordnet. Das im Laufe dieser Arbeit vorgestellte, simulationsbasierte Optimierungsverfahren ist prinzipiell auch auf den Personenverkehr und weitere Nutzergruppen anwendbar und leistet somit einen Beitrag für eine vergleichende, volkwirtschaftliche Bewertung verschiedener Systeme zur Energieversorgung des Elektroverkehrs während der Fahrt. Langfristig kann die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz der Systeme zur Energieversorgung des Elektroverkehrs während der Fahrt durch einen solchen, möglichst transparenten Bewertungsprozess gesteigert und die Weichen für einen nachhaltigen Straßenverkehr können gestellt werden. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-133580 | ||||
Zusätzliche Informationen: | ISSN 1613-8317 |
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Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr > Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik |
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Hinterlegungsdatum: | 29 Sep 2020 14:07 | ||||
Letzte Änderung: | 06 Okt 2020 06:35 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Boltze, Prof. Dr. Manfred ; Friedrich, Prof. Dr. Hanno | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 7 Juli 2020 | ||||
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