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Der Sintermechanismus von MgAl2O4 bei Zugabe von LiF als Sinterhilfsmittel

Stricker-Müller, Mathis Manfred (2020)
Der Sintermechanismus von MgAl2O4 bei Zugabe von LiF als Sinterhilfsmittel.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.25534/tuprints-00013246
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Polykristallin gesinterter Mg-Al-Spinell (MgAl2O4, MAS) besitzt neben vergleichsweise guten mechanischen Eigenschaften, optische Eigenschaften, die ihn zu einem vielversprechenden Kandidaten für transparente Strukturkeramiken macht. Um im Sinterprozess Transparenz in einer polykristallinen Keramik zu erzeugen, wird i) ein Ausgangsmaterial benötigt, das inhärent die notwendigen Eigenschaften trägt (große Bandlücke, geringe Absorption); viel wichtiger ist es jedoch ii) den Herstellungsprozess so zu gestalten, dass ein gesinterter Körper entsteht, der weniger als 0,05 % Poren enthält. Residuale Porosität muss zudem Porendurchmesser haben, die kleiner sind als die halbe Wellenlänge der zu transmittierenden Strahlung. Dies gelingt entweder wenn Ausgangspulver höchster Reinheit genutzt werden oder durch den Zusatz von Sinteradditiven. Vor dem Hintergrund einer wirtschaftlichen Produktion hat sich der zweite Weg durchgesetzt. In den letzten 15 Jahren konzentrierte man sich dabei auf den Einsatz von Lithiumfluorid (LiF) als Sinterhilfsmittel. Mit Methoden der statistischen Versuchsplanung hat man sich in der industriellen Anwendung einem Optimum an Transparenz genähert, jedoch ohne die theoretisch maximal mögliche Transparenz zu erreichen. Um nach wie vor enthaltene Störfaktoren zu entfernen, bedarf es einer genauen Kenntnis der Interaktion von MAS mit LiF. Obwohl sich verschiedene Gruppen seit geraumer Zeit mit dem System LiF-MAS beschäftigen, blieb der Sinterprozess unzureichend verstanden. In den letzten 10 Jahren hat sich jedoch eine Reihe von Postulaten etabliert, die zu überprüfen ein erster Schritt dieser Arbeit war. Neben einer erleichterten Verdichtung im frühen Sinterstadium, und einer erhöhten Volumendiffusion durch den Einbau von Leerstellen, wurden vor allem transiente Phasen postuliert, die zu einem erheblichen Materialtransport während des Sinterns führen und die Verdichtung ermöglichen. Den meisten Arbeiten auf diesem Gebiet ist gemein, dass versucht wurde vom Produkt (der gesinterten Keramik) auf den Sinterprozess zu schließen. Mit der vorliegenden Arbeit ist es erstmals gelungen, den größten Teil des Sinterprozesses abzubilden, indem Abbruchzyklen eines als optimiert verstandenen Sinterregimes gefahren wurden. Dadurch und mittels dedizierter Modellsysteme konnte gezeigt werden, dass sich der Sinterprozess in zwei Hauptabschnitte gliedern lässt. Nach einer überraschend frühen ersten Interaktion zwischen LiF und MAS, die zur Minderung von Kohlenstoff-Verunreinigungen führt, spielt im Temperaturbereich zwischen 900°C und 1070°C vor allem ein Gasphasenprozess eine maßgebliche Rolle, welcher zu einer Umkristallisation des Ausgangsgefüges im Grünkörper führt. Bei diesem erstmals beschriebenen Prozess werden energetisch günstige Oberflächen mit einem Wachstumsvorteil geschaffen. Darüber hinaus kommt es zum Einbau von Li+ in das MAS Gitter, wodurch Leerstellen geschaffen werden, die im zweiten Sinterabschnitt von entscheidender Bedeutung sind. In diesem zweiten Teil des Sinterprozesses werden, durch Oberflächendiffusion getriggert, Korngrenzen mobilisiert. Sauerstoffleerstellen, die im ersten Abschnitt des Sinterprozesses eingebaut wurden, unterstützen dies, indem die Diffusivität der die Eigendiffusion im Spinell hemmenden Spezies (O2-) erhöht wird. Das durch Korngrenzdiffusion bei erhöhten Temperaturen an den Korngrenzen mobilisierte Mg2+ aus einer Mg-F-haltigen Sekundärphase unterstützt die Aktivierung der Korngrenzen, indem lokal ein Mg-überstöchiometrischer MAS erzeugt wird. Aus den Beobachtungen wird abgeleitet, dass es anschließend zu einer Rückreaktion zwischen Fluor (aus der in geschlossenen Poren enthaltenem Mg-F-Schmelze) und Lithium (aus dem MAS-Gitter) zu gasförmigem LiF kommt, das sich in Tripelpunkten der Keramik anreichert. Letzteres verlässt das System im letzten Schritt des Sinterprozesses durch Korngrenzdiffusion und hinterlässt leere Tripelpunkte, die als Streuzentrum wirken und das Erreichen der theoretisch maximalen Transmissivität verhindern.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2020
Autor(en): Stricker-Müller, Mathis Manfred
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Der Sintermechanismus von MgAl2O4 bei Zugabe von LiF als Sinterhilfsmittel
Sprache: Deutsch
Referenten: Kleebe, Prof. Dr. Hans-Joachim ; Ensinger, Prof. Dr. Wolfgang
Publikationsjahr: August 2020
Ort: Darmstadt
Datum der mündlichen Prüfung: 26 Juni 2020
DOI: 10.25534/tuprints-00013246
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/13246
Kurzbeschreibung (Abstract):

Polykristallin gesinterter Mg-Al-Spinell (MgAl2O4, MAS) besitzt neben vergleichsweise guten mechanischen Eigenschaften, optische Eigenschaften, die ihn zu einem vielversprechenden Kandidaten für transparente Strukturkeramiken macht. Um im Sinterprozess Transparenz in einer polykristallinen Keramik zu erzeugen, wird i) ein Ausgangsmaterial benötigt, das inhärent die notwendigen Eigenschaften trägt (große Bandlücke, geringe Absorption); viel wichtiger ist es jedoch ii) den Herstellungsprozess so zu gestalten, dass ein gesinterter Körper entsteht, der weniger als 0,05 % Poren enthält. Residuale Porosität muss zudem Porendurchmesser haben, die kleiner sind als die halbe Wellenlänge der zu transmittierenden Strahlung. Dies gelingt entweder wenn Ausgangspulver höchster Reinheit genutzt werden oder durch den Zusatz von Sinteradditiven. Vor dem Hintergrund einer wirtschaftlichen Produktion hat sich der zweite Weg durchgesetzt. In den letzten 15 Jahren konzentrierte man sich dabei auf den Einsatz von Lithiumfluorid (LiF) als Sinterhilfsmittel. Mit Methoden der statistischen Versuchsplanung hat man sich in der industriellen Anwendung einem Optimum an Transparenz genähert, jedoch ohne die theoretisch maximal mögliche Transparenz zu erreichen. Um nach wie vor enthaltene Störfaktoren zu entfernen, bedarf es einer genauen Kenntnis der Interaktion von MAS mit LiF. Obwohl sich verschiedene Gruppen seit geraumer Zeit mit dem System LiF-MAS beschäftigen, blieb der Sinterprozess unzureichend verstanden. In den letzten 10 Jahren hat sich jedoch eine Reihe von Postulaten etabliert, die zu überprüfen ein erster Schritt dieser Arbeit war. Neben einer erleichterten Verdichtung im frühen Sinterstadium, und einer erhöhten Volumendiffusion durch den Einbau von Leerstellen, wurden vor allem transiente Phasen postuliert, die zu einem erheblichen Materialtransport während des Sinterns führen und die Verdichtung ermöglichen. Den meisten Arbeiten auf diesem Gebiet ist gemein, dass versucht wurde vom Produkt (der gesinterten Keramik) auf den Sinterprozess zu schließen. Mit der vorliegenden Arbeit ist es erstmals gelungen, den größten Teil des Sinterprozesses abzubilden, indem Abbruchzyklen eines als optimiert verstandenen Sinterregimes gefahren wurden. Dadurch und mittels dedizierter Modellsysteme konnte gezeigt werden, dass sich der Sinterprozess in zwei Hauptabschnitte gliedern lässt. Nach einer überraschend frühen ersten Interaktion zwischen LiF und MAS, die zur Minderung von Kohlenstoff-Verunreinigungen führt, spielt im Temperaturbereich zwischen 900°C und 1070°C vor allem ein Gasphasenprozess eine maßgebliche Rolle, welcher zu einer Umkristallisation des Ausgangsgefüges im Grünkörper führt. Bei diesem erstmals beschriebenen Prozess werden energetisch günstige Oberflächen mit einem Wachstumsvorteil geschaffen. Darüber hinaus kommt es zum Einbau von Li+ in das MAS Gitter, wodurch Leerstellen geschaffen werden, die im zweiten Sinterabschnitt von entscheidender Bedeutung sind. In diesem zweiten Teil des Sinterprozesses werden, durch Oberflächendiffusion getriggert, Korngrenzen mobilisiert. Sauerstoffleerstellen, die im ersten Abschnitt des Sinterprozesses eingebaut wurden, unterstützen dies, indem die Diffusivität der die Eigendiffusion im Spinell hemmenden Spezies (O2-) erhöht wird. Das durch Korngrenzdiffusion bei erhöhten Temperaturen an den Korngrenzen mobilisierte Mg2+ aus einer Mg-F-haltigen Sekundärphase unterstützt die Aktivierung der Korngrenzen, indem lokal ein Mg-überstöchiometrischer MAS erzeugt wird. Aus den Beobachtungen wird abgeleitet, dass es anschließend zu einer Rückreaktion zwischen Fluor (aus der in geschlossenen Poren enthaltenem Mg-F-Schmelze) und Lithium (aus dem MAS-Gitter) zu gasförmigem LiF kommt, das sich in Tripelpunkten der Keramik anreichert. Letzteres verlässt das System im letzten Schritt des Sinterprozesses durch Korngrenzdiffusion und hinterlässt leere Tripelpunkte, die als Streuzentrum wirken und das Erreichen der theoretisch maximalen Transmissivität verhindern.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

Due to excellent mechanical and optical properties MgAl2O4 (MAS) is a promising candidate for transparent sintered, polycrystalline ceramics. To generate full transparency a sintering process is necessary, which allows for almost complete densification. This means that residual porosity has to be less than 0.05%. Additionally, pore size is requested to be smaller than half the wavelength of transmitted radiation. Besides using starting material (MAS Powder) of highest purity, the application of a sintering aid was found to be the major key to achieve those requirements. In the last 15 years LiF was identified as the most promising sintering aid, however, the interaction between LiF and MAS was not sufficiently understood and residual porosity is a typical feature. A number of possible interaction including i) a dissolution – re-precipitation process, involving the formation of transient secondary phases, ii) the creation of oxygen vacancies and thus a facilitated volume diffusion and iii) a facilitated particle rearrangement were postulated. In this work, by performing dedicated model experiments, it was found that the sintering process can be divided in two major sections. After a surprising early interaction between LiF and MAS, leading to a reduction of Carbon impurities, a gas phase driven process occurs in the temperature range between 900°C and 1070°C. Here, re-crystallization occurs including the formation of MgF2 as transient phase and the pronounced formation of stable {111} surfaces, having a remarkable advantage in terms of grain growth. In parallel, it was shown that Oxygen vacancies are created in this temperature range which accelerates coarsening additionally. In the second section the transient phase MgF2 degrades. The major coarsening process was found to change from re-precipitation to a surface-diffusion driven process. It was found that the degradation of MgF2 always lead to residual porosity in the final product which, in consequence, lead directly to residual pores in those regions. This process impedes complete densification and so full transparency cannot be reached by using LiF as sintering aid.

Englisch
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-132463
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 500 Naturwissenschaften
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 11 Fachbereich Material- und Geowissenschaften
11 Fachbereich Material- und Geowissenschaften > Geowissenschaften
11 Fachbereich Material- und Geowissenschaften > Geowissenschaften > Fachgebiet Geomaterialwissenschaft
Hinterlegungsdatum: 19 Aug 2020 08:31
Letzte Änderung: 25 Aug 2020 06:05
PPN:
Referenten: Kleebe, Prof. Dr. Hans-Joachim ; Ensinger, Prof. Dr. Wolfgang
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 26 Juni 2020
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