Häcker, Aline (2020)
Immunzytokine zur Steigerung der antitumoralen Aktivität von CAR-modifizierten Lymphozyten.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.25534/tuprints-00011550
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Durch die genetische Modifikation mit chimären Antigenrezeptoren (CARs) sind zytotoxische Lymphozyten dazu in der Lage, spezifische Antigene zu erkennen und Zellen, die das entsprechende Antigen auf ihrer Zelloberfläche exprimieren, zu lysieren. CAR-Lymphozyten zeigten bisher insbesondere gegen hämatologische Malignitäten eine beeindruckende antitumorale Wirkung. Seit 2018 sind zwei CD19-spezifische CAR T-Zellprodukte (Kymriah von Novartis und Yescarta von Gilead) für die Behandlung von rezidivierten/refraktären B-Zell-Leukämien und -Lymphomen in Europa zugelassen. CAR-Therapien für solide Tumoren zeigten dagegen trotz vielversprechender präklinischer Daten bisher nur eine geringe therapeutische Wirksamkeit in Patienten. Die erfolgreiche Behandlung von soliden Tumoren mit CAR-Effektorzellen wird unter anderem durch die heterogene Antigenexpression auf den Tumorzellen limitiert, da Antigen-negative Zielzellen durch CAR-Zellen nicht erkannt werden. Zudem etablieren solide Tumoren häufig ein Immun-hemmendes Tumormikromillieu, indem sie beispielsweise immunregulatorische Zellen rekrutieren und aktivieren, antiinflammatorische Zytokine sekretieren oder auch Liganden von Immune Checkpoint-Rezeptoren wie zum Beispiel PD-L1 (engl. programmed cell death 1 ligand 1) exprimieren (Martinez und Moon, 2019). Ziel dieser Doktorarbeit war die Entwicklung neuer Varianten eines ErbB2 (HER2)-spezifischen CAR-Zellprodukts (NK-92/5.28.z), basierend auf der klinisch einsetzbaren natürlichen Killer (NK)-Zellline NK 92, welche zusätzlich zu dem ErbB2-spezifischen CAR, antagonistische Antikörperfusionsproteine mit Zytokindomäne (sogenannte Immunzytokine) gerichtet gegen PD-L1 exprimieren und diese in das Tumormikromillieu sekretieren. Durch die Sekretion der Immunzytokine sollen die hier generierten CAR NK-92 Zellen dazu befähigt werden, in der Tumorumgebung vorliegende Immunzellen zu stimulieren und durch die Blockade des PD-L1/PD-1-Immune Checkpoints bereits initiierte Antitumorreaktionen aufrechtzuerhalten und zu verstärken. Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurden vier verschiedene Antikörperfusionsproteine mit Zytokindomäne generiert, ein Immunzytokin mit einer Interleukin-12 (IL-12)-Domäne (anti-PDL1-scIL12), ein Immunzytokin mit IL-15-Domäne (anti-PDL1-IL15) und zwei Immunzytokine mit einem IL-15-Superagonisten (anti-PDL1-RD-IL15 und RD-IL15-anti-PDL1). Die rekombinanten Immunzytokine enthalten jeweils dasselbe Einzelketten-Antikörperfragment (engl. single chain Fragment variable, scFv), abgeleitet von dem antagonistischen, PD-L1-spezifischen Antikörper Atezolizumab (Tecentriq®, Genentech/Roche). Neben den Immunzytokinen wurde zudem als Kontroll-Protein ein PD-L1-spezifischer Miniantikörper (anti-PDL1-IgG4Fc), mit einem von Immunglobulin G4 (IgG4)-abgeleiteten Fc-Teil anstatt einer Zytokindomäne, entwickelt. Im ersten Teil dieser Arbeit wurden die rekombinanten Antikörperfusionsproteine zunächst in stabil transfizierten HEK293 Zellen produziert und anschließend aus den Zellkulturüberständen isoliert. Die aufgereinigten Antikörperfusionsproteine wurden biochemisch charakterisiert und die Funktionalität der enthaltenen Zytokin- und Antikörperdomänen in vitro untersucht. In Immunoblot-Analysen konnte bestätigt werden, dass die Antikörperfusionsproteine jeweils vollständig exprimiert vorlagen und für die Aktivität von Zytokinen wichtige Proteinglykosylierungen aufwiesen. Mittels Coomassie-Färbung konnte zudem die durch den Fc-Teil vermittelte Homodimerisierung des anti-PDL1-Fc Miniantikörpers bestätigt werden. Die aufgereinigten Antikörperfusionsproteine waren jeweils dazu in der Lage, spezifisch an rekombinantes PD-L1-Protein und auch an PD-L1-positive Tumorzellen zu binden. Nach Stimulation mit den Immunzytokinen wurde in den Lysaten von NK-92/5.28.z Zellen eine Phosphorylierung der in den IL-12-/IL-15-Signalwegen involvierten Transkriptionsfaktoren STAT4 und STAT5 nachgewiesen. Dies bestätigte die Aktivierung der IL-12/15-Rezeptorkomplexe und somit die Funktionalität der in den Immunzytokinen enthaltenden Zytokindomänen. Die immunstimulatorische Wirkung der Antikörperfusionsproteine wurde in Experimenten mit primären Immunzellen untersucht. Aus gesunden Spendern isolierte Lymphozyten wiesen nach Stimulation mit den Immunzytokinen jeweils eine erhöhte natürliche Zytotoxizität gegenüber der etablierten MHC-I-negativen Erythroleukämie-Zelllinie K562 auf. In gemischten Lymphozytenreaktionen (GLR) wurde die immunstimulatorische Funktion der generierten Antikörperfusionsproteine auf die T-Zellrezeptor-vermittelte Aktivierung von CD8+ T-Zellen untersucht. Der anti-PDL1-Fc Miniantikörper steigerte hierbei die Proliferation von CD8+ T-Zellen während der GLR signifikant. Dies bestätigte die Wirkung des auch in den Immunzytokinen enthaltenen PD-L1-spezifischen scFv-Antikörperfragments als Immune Checkpoint-Inhibitor. Die Immunzytokine induzierten aufgrund der enthaltenen zusätzlichen Zytokindomänen jeweils eine im Vergleich zu dem Miniantikörper höhere CD8+ T-Zellproliferation. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde die ErbB2 (HER2)-spezifische CAR NK-Zelllinie NK 92/5.28.z mit lentiviralen Vektoren, codierend für jeweils eines der zuvor charakterisierten Antikörperfusionsproteine und das Markerprotein iRFP, transduziert. Die iRFP-positiven, erfolgreich transduzierten NK-92/5.28.z Zellen wurden durchflusszytometrisch sortiert, um Zellpools mit den Immunzytokin-sekretierenden CAR NK 92 Zellen zu generieren. Mittels Immunpräzipitation konnte die Sekretion der Antikörperfusionsproteine durch die sortierten Zellpools zunächst bestätigt und anschließend in ELISA-Experimenten quantifiziert werden. Mit Ausnahme des IL-15-basierten Immunzytokins anti-PDL1-IL15 wurden die verschiedenen Antikörperfusionsproteine jeweils in vergleichbaren Mengen in den Zellkulturüberständen der genmodifizierten NK-92 Zellen nachgewiesen. Das Immunzytokin anti-PDL1-IL15 wurde dagegen im Vergleich zu den anderen Antikörperfusionsproteinen in einer deutlich geringeren Menge von den genmodifizierten NK-92/5.28.z Zellen sekretiert. Die Antikörperfusionsprotein-Sekretion wurde durch die Cokultivierung der NK-Zellen mit MHC I-negativen K562 oder ErbB2-positiven MDA-MB453 Zielzellen nicht signifikant beeinflusst. Auch eine Bestrahlung der Zellen mit 10 Gy, wie sie in klinischen Studien mit NK-92 Zellen als Sicherheitsmaßnahme vor der Injektion der Zellen durchgeführt wird, hatte keinen signifikanten Effekt auf die Immunzytokin-Sekretion. In Immunoblot-Analysen wurde in den Lysaten der Immunzytokin-sekretierenden CAR NK-92 Zellen auch ohne vorige Stimulation mit rekombinantem IL-12 oder IL-15 phosphoryliertes STAT4 beziehungsweise STAT5 detektiert, was belegt, dass die genmodifizierten NK-92/5.28.z Zellen durch die von ihnen sekretierten Immunzytokine autokrin stimuliert werden. In den Lysaten der NK 92/5.28.z/anti-PDL1-scIL12 Zellen zeigte sich zudem eine im Vergleich zu den parentalen CAR NK-Zellen reduzierte Gesamtmenge an STAT4-Protein. Die NK-92/5.28.z/anti-PDL1-IL15, NK 92/5.28.z/anti-PDL1-RD-IL15 und NK-92/5.28.z/RD-IL15-anti-PDL1 Zellen wiesen durch die ektopische Expression der IL-15-basierten Immunzytokine eine im Vergleich zu den NK-92/5.28.z Ausgangszellen erhöhte Proliferationsrate auf und konnten auch über längere Zeiträume hinweg unabhängig von exogenem IL 2 kultiviert werden. In Zytotoxizitätsassays fiel auf, dass die NK-92/5.28.z/anti-PDL1-scIL12 Zellen im Vergleich zu den anderen Antikörperfusionsprotein-sekretierenden CAR NK-92 Zellen und den parentalen NK-92/5.28.z Zellen eine verminderte Zytotoxizität aufwiesen. Um zu überprüfen, ob die reduzierte Zytotoxizität der NK-92/5.28.z/anti-PDL1-scIL12 Zellen durch die anhaltende Aktivierung des IL-12-Signalwegs induziert wird, wurden unveränderte NK-92/5.28.z Zellen für 14 Tage mit höheren Dosen an rekombinantem IL 12 kultiviert. Nach Stimulation mit IL-12 zeigten die parentalen NK-92/5.28.z Zellen ebenfalls eine verminderte Tumorzelllyse, welche durch den Entzug von IL-12 jedoch wiederhergestellt werden konnte. Diese Ergebnisse waren unerwartet, da in der Literatur beschrieben ist, dass das proinflammatorische Zytokin IL-12 die Zytotoxizität von T- und NK-Zellen gegenüber Tumorzellen erhöhen kann. Zusammen mit der in den Immunoblot-Analysen gezeigten reduzierten STAT4-Expression in den NK-92/5.28.z/anti-PDL1-scIL12 Zellen, weisen die Daten des Zytotoxizitätsassays jedoch darauf hin, dass eine kontinuierliche Stimulation mit rekombinantem IL-12 oder dem Immunzytokin anti-PDL1-scIL12 in NK-92 Zellen womöglich eine erschöpfungsbedingte Reduktion der Zytotoxizität induziert. In Transwell-Experimenten wurde die parakrine Stimulation von primären Immunzellen durch die von den CAR NK-92 Zellen sekretierten Antikörperfusionsproteine untersucht. Die Immunzytokin-sekretierenden CAR NK-92 Zellen steigerten jeweils durch die Sekretion der Antikörperfusionsproteine die natürliche Zytotoxizität primärer Lymphozyten gegenüber MHC-I-negativen K562 Tumorzellen. In gemischten Lymphozytenreaktionen waren die NK-92/5.28.z/anti-PDL1-IL15, NK-92/5.28.z/anti-PDL1-RD-IL15 und NK-92/5.28.z/RD-IL15-anti-PDL1 Zellen dazu in der Lage, durch die Sekretion der IL-15-/IL-15-Superagonist-enthaltenden Immunzytokine die Proliferation von CD8+ T-Zellen zu erhöhen. Die Antikörperfusionsproteine anti-PDL1-scIL12 und anti-PDL1-Fc wurden hingegen nicht in ausreichenden Mengen von den CAR NK-92 Zellen sekretiert, um einen messbaren Effekt auf die Proliferation der CD8+ T-Zellen auszuüben. Abschließend wurde in immunkompetenten C57BL/6 Mäusen, in einem subkutanen Glioblastommodell mit GL261/ErbB2 Zellen, die antitumorale Wirkung der Immunzytokin-sekretierenden CAR NK-92 Zellen am Beispiel des NK-92/5.28.z/anti-PDL1-RD-IL15 Zellpools in vivo untersucht. In vorbereitenden in vitro Studien konnte die Bindung der Antikörperfusionsproteine an das von den GL261/ErbB2 Zellen endogen exprimierte murine PD-L1, wie auch die Sensitivität der GL261/ErbB2 Zellen gegenüber den ErbB2-spezifischen CAR NK-92 Zellen bestätigt werden. Die peritumorale Injektion von NK-92/5.28.z/anti-PDL1-RD-IL15 oder parentalen NK-92/5.28.z Zellen verzögerte während der Behandlungsphase das Wachstum großer, bereits etablierter GL261/ErbB2-Tumoren und reduzierte zum Teil sogar das Tumorvolumen. Sowohl die Immunzytokin-sekretierenden CAR NK-92 Zellen als auch die NK-92/5.28.z Ausgangszellen waren dazu in der Lage, in jeweils zwei Tieren der jeweiligen Behandlungsgruppe eine komplette Tumorabstoßung auszulösen. Nach Beendigung der CAR NK-Zelltherapie wuchsen in Mäusen, in welchen während der Behandlung keine vollständige Tumorabstoßung stattfand, die Tumoren jedoch wieder aus. Durch die Behandlung mit den Immunzytokin-sekretierenden CAR NK-92 Zellen konnte kein statistisch signifikanter Überlebensvorteil und auch kein signifikant verlängertes Überleben im Vergleich zu der Therapie mit den NK-92/5.28.z Ausgangszellen induziert werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die ErbB2-spezifische CAR NK-Zelllinie NK-92/5.28.z nach lentiviraler Transduktion dazu in der Lage ist, immunstimulatorische Antikörperfusionsproteine zu sekretieren. Durch die ektopische Expression der Immunzytokine wurden die genmodifizierten CAR NK-Zellen autokrin stimuliert. In Transwell-Experimenten wurde zudem gezeigt, dass auch umgebende primäre Immunzellen durch die von den NK-92 Zellen sekretierten Antikörperfusionsproteine stimuliert werden können. In der abschließenden in vivo-Studie wiesen die NK 92/5.28.z/anti-PDL1-RD-IL15 Zellen jedoch keine gesteigerte antitumorale Wirkung im Vergleich zu den NK-92/5.28.z Ausgangszellen auf. Da die rekombinanten Immunzytokine wie in vitro nachgewiesen funktional sind, ist die nur begrenzte antitumorale Wirkung der NK 92/5.28.z/anti-PDL1-RD-IL15 Zellen wohl vor allem auf eine zu geringe Immunzytokinsekretion zurückzuführen. Aus diesem Grund sollte in weiterführenden Studien untersucht werden, ob die Sekretion der Immunzytokine erhöht oder die immunstimulatorische Wirkung der Immunzytokine durch die Expression weiterer proinflammatorischer Proteine synergistisch gesteigert werden kann. Insgesamt stellt die genetische Modifikation von CAR-Lymphozyten mit Immunzytokinen einen interessanten Ansatz dar, um die Antitumoraktivität von CAR-Zelltherapeutika zu steigern.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
---|---|---|---|---|---|
Erschienen: | 2020 | ||||
Autor(en): | Häcker, Aline | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Immunzytokine zur Steigerung der antitumoralen Aktivität von CAR-modifizierten Lymphozyten | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Süß, Prof. Dr. Beatrix ; Laube, Prof. Dr. Bodo ; Wels, Prof. Dr. Winfried | ||||
Publikationsjahr: | 2020 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 4 März 2020 | ||||
DOI: | 10.25534/tuprints-00011550 | ||||
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/11550 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Durch die genetische Modifikation mit chimären Antigenrezeptoren (CARs) sind zytotoxische Lymphozyten dazu in der Lage, spezifische Antigene zu erkennen und Zellen, die das entsprechende Antigen auf ihrer Zelloberfläche exprimieren, zu lysieren. CAR-Lymphozyten zeigten bisher insbesondere gegen hämatologische Malignitäten eine beeindruckende antitumorale Wirkung. Seit 2018 sind zwei CD19-spezifische CAR T-Zellprodukte (Kymriah von Novartis und Yescarta von Gilead) für die Behandlung von rezidivierten/refraktären B-Zell-Leukämien und -Lymphomen in Europa zugelassen. CAR-Therapien für solide Tumoren zeigten dagegen trotz vielversprechender präklinischer Daten bisher nur eine geringe therapeutische Wirksamkeit in Patienten. Die erfolgreiche Behandlung von soliden Tumoren mit CAR-Effektorzellen wird unter anderem durch die heterogene Antigenexpression auf den Tumorzellen limitiert, da Antigen-negative Zielzellen durch CAR-Zellen nicht erkannt werden. Zudem etablieren solide Tumoren häufig ein Immun-hemmendes Tumormikromillieu, indem sie beispielsweise immunregulatorische Zellen rekrutieren und aktivieren, antiinflammatorische Zytokine sekretieren oder auch Liganden von Immune Checkpoint-Rezeptoren wie zum Beispiel PD-L1 (engl. programmed cell death 1 ligand 1) exprimieren (Martinez und Moon, 2019). Ziel dieser Doktorarbeit war die Entwicklung neuer Varianten eines ErbB2 (HER2)-spezifischen CAR-Zellprodukts (NK-92/5.28.z), basierend auf der klinisch einsetzbaren natürlichen Killer (NK)-Zellline NK 92, welche zusätzlich zu dem ErbB2-spezifischen CAR, antagonistische Antikörperfusionsproteine mit Zytokindomäne (sogenannte Immunzytokine) gerichtet gegen PD-L1 exprimieren und diese in das Tumormikromillieu sekretieren. Durch die Sekretion der Immunzytokine sollen die hier generierten CAR NK-92 Zellen dazu befähigt werden, in der Tumorumgebung vorliegende Immunzellen zu stimulieren und durch die Blockade des PD-L1/PD-1-Immune Checkpoints bereits initiierte Antitumorreaktionen aufrechtzuerhalten und zu verstärken. Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurden vier verschiedene Antikörperfusionsproteine mit Zytokindomäne generiert, ein Immunzytokin mit einer Interleukin-12 (IL-12)-Domäne (anti-PDL1-scIL12), ein Immunzytokin mit IL-15-Domäne (anti-PDL1-IL15) und zwei Immunzytokine mit einem IL-15-Superagonisten (anti-PDL1-RD-IL15 und RD-IL15-anti-PDL1). Die rekombinanten Immunzytokine enthalten jeweils dasselbe Einzelketten-Antikörperfragment (engl. single chain Fragment variable, scFv), abgeleitet von dem antagonistischen, PD-L1-spezifischen Antikörper Atezolizumab (Tecentriq®, Genentech/Roche). Neben den Immunzytokinen wurde zudem als Kontroll-Protein ein PD-L1-spezifischer Miniantikörper (anti-PDL1-IgG4Fc), mit einem von Immunglobulin G4 (IgG4)-abgeleiteten Fc-Teil anstatt einer Zytokindomäne, entwickelt. Im ersten Teil dieser Arbeit wurden die rekombinanten Antikörperfusionsproteine zunächst in stabil transfizierten HEK293 Zellen produziert und anschließend aus den Zellkulturüberständen isoliert. Die aufgereinigten Antikörperfusionsproteine wurden biochemisch charakterisiert und die Funktionalität der enthaltenen Zytokin- und Antikörperdomänen in vitro untersucht. In Immunoblot-Analysen konnte bestätigt werden, dass die Antikörperfusionsproteine jeweils vollständig exprimiert vorlagen und für die Aktivität von Zytokinen wichtige Proteinglykosylierungen aufwiesen. Mittels Coomassie-Färbung konnte zudem die durch den Fc-Teil vermittelte Homodimerisierung des anti-PDL1-Fc Miniantikörpers bestätigt werden. Die aufgereinigten Antikörperfusionsproteine waren jeweils dazu in der Lage, spezifisch an rekombinantes PD-L1-Protein und auch an PD-L1-positive Tumorzellen zu binden. Nach Stimulation mit den Immunzytokinen wurde in den Lysaten von NK-92/5.28.z Zellen eine Phosphorylierung der in den IL-12-/IL-15-Signalwegen involvierten Transkriptionsfaktoren STAT4 und STAT5 nachgewiesen. Dies bestätigte die Aktivierung der IL-12/15-Rezeptorkomplexe und somit die Funktionalität der in den Immunzytokinen enthaltenden Zytokindomänen. Die immunstimulatorische Wirkung der Antikörperfusionsproteine wurde in Experimenten mit primären Immunzellen untersucht. Aus gesunden Spendern isolierte Lymphozyten wiesen nach Stimulation mit den Immunzytokinen jeweils eine erhöhte natürliche Zytotoxizität gegenüber der etablierten MHC-I-negativen Erythroleukämie-Zelllinie K562 auf. In gemischten Lymphozytenreaktionen (GLR) wurde die immunstimulatorische Funktion der generierten Antikörperfusionsproteine auf die T-Zellrezeptor-vermittelte Aktivierung von CD8+ T-Zellen untersucht. Der anti-PDL1-Fc Miniantikörper steigerte hierbei die Proliferation von CD8+ T-Zellen während der GLR signifikant. Dies bestätigte die Wirkung des auch in den Immunzytokinen enthaltenen PD-L1-spezifischen scFv-Antikörperfragments als Immune Checkpoint-Inhibitor. Die Immunzytokine induzierten aufgrund der enthaltenen zusätzlichen Zytokindomänen jeweils eine im Vergleich zu dem Miniantikörper höhere CD8+ T-Zellproliferation. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde die ErbB2 (HER2)-spezifische CAR NK-Zelllinie NK 92/5.28.z mit lentiviralen Vektoren, codierend für jeweils eines der zuvor charakterisierten Antikörperfusionsproteine und das Markerprotein iRFP, transduziert. Die iRFP-positiven, erfolgreich transduzierten NK-92/5.28.z Zellen wurden durchflusszytometrisch sortiert, um Zellpools mit den Immunzytokin-sekretierenden CAR NK 92 Zellen zu generieren. Mittels Immunpräzipitation konnte die Sekretion der Antikörperfusionsproteine durch die sortierten Zellpools zunächst bestätigt und anschließend in ELISA-Experimenten quantifiziert werden. Mit Ausnahme des IL-15-basierten Immunzytokins anti-PDL1-IL15 wurden die verschiedenen Antikörperfusionsproteine jeweils in vergleichbaren Mengen in den Zellkulturüberständen der genmodifizierten NK-92 Zellen nachgewiesen. Das Immunzytokin anti-PDL1-IL15 wurde dagegen im Vergleich zu den anderen Antikörperfusionsproteinen in einer deutlich geringeren Menge von den genmodifizierten NK-92/5.28.z Zellen sekretiert. Die Antikörperfusionsprotein-Sekretion wurde durch die Cokultivierung der NK-Zellen mit MHC I-negativen K562 oder ErbB2-positiven MDA-MB453 Zielzellen nicht signifikant beeinflusst. Auch eine Bestrahlung der Zellen mit 10 Gy, wie sie in klinischen Studien mit NK-92 Zellen als Sicherheitsmaßnahme vor der Injektion der Zellen durchgeführt wird, hatte keinen signifikanten Effekt auf die Immunzytokin-Sekretion. In Immunoblot-Analysen wurde in den Lysaten der Immunzytokin-sekretierenden CAR NK-92 Zellen auch ohne vorige Stimulation mit rekombinantem IL-12 oder IL-15 phosphoryliertes STAT4 beziehungsweise STAT5 detektiert, was belegt, dass die genmodifizierten NK-92/5.28.z Zellen durch die von ihnen sekretierten Immunzytokine autokrin stimuliert werden. In den Lysaten der NK 92/5.28.z/anti-PDL1-scIL12 Zellen zeigte sich zudem eine im Vergleich zu den parentalen CAR NK-Zellen reduzierte Gesamtmenge an STAT4-Protein. Die NK-92/5.28.z/anti-PDL1-IL15, NK 92/5.28.z/anti-PDL1-RD-IL15 und NK-92/5.28.z/RD-IL15-anti-PDL1 Zellen wiesen durch die ektopische Expression der IL-15-basierten Immunzytokine eine im Vergleich zu den NK-92/5.28.z Ausgangszellen erhöhte Proliferationsrate auf und konnten auch über längere Zeiträume hinweg unabhängig von exogenem IL 2 kultiviert werden. In Zytotoxizitätsassays fiel auf, dass die NK-92/5.28.z/anti-PDL1-scIL12 Zellen im Vergleich zu den anderen Antikörperfusionsprotein-sekretierenden CAR NK-92 Zellen und den parentalen NK-92/5.28.z Zellen eine verminderte Zytotoxizität aufwiesen. Um zu überprüfen, ob die reduzierte Zytotoxizität der NK-92/5.28.z/anti-PDL1-scIL12 Zellen durch die anhaltende Aktivierung des IL-12-Signalwegs induziert wird, wurden unveränderte NK-92/5.28.z Zellen für 14 Tage mit höheren Dosen an rekombinantem IL 12 kultiviert. Nach Stimulation mit IL-12 zeigten die parentalen NK-92/5.28.z Zellen ebenfalls eine verminderte Tumorzelllyse, welche durch den Entzug von IL-12 jedoch wiederhergestellt werden konnte. Diese Ergebnisse waren unerwartet, da in der Literatur beschrieben ist, dass das proinflammatorische Zytokin IL-12 die Zytotoxizität von T- und NK-Zellen gegenüber Tumorzellen erhöhen kann. Zusammen mit der in den Immunoblot-Analysen gezeigten reduzierten STAT4-Expression in den NK-92/5.28.z/anti-PDL1-scIL12 Zellen, weisen die Daten des Zytotoxizitätsassays jedoch darauf hin, dass eine kontinuierliche Stimulation mit rekombinantem IL-12 oder dem Immunzytokin anti-PDL1-scIL12 in NK-92 Zellen womöglich eine erschöpfungsbedingte Reduktion der Zytotoxizität induziert. In Transwell-Experimenten wurde die parakrine Stimulation von primären Immunzellen durch die von den CAR NK-92 Zellen sekretierten Antikörperfusionsproteine untersucht. Die Immunzytokin-sekretierenden CAR NK-92 Zellen steigerten jeweils durch die Sekretion der Antikörperfusionsproteine die natürliche Zytotoxizität primärer Lymphozyten gegenüber MHC-I-negativen K562 Tumorzellen. In gemischten Lymphozytenreaktionen waren die NK-92/5.28.z/anti-PDL1-IL15, NK-92/5.28.z/anti-PDL1-RD-IL15 und NK-92/5.28.z/RD-IL15-anti-PDL1 Zellen dazu in der Lage, durch die Sekretion der IL-15-/IL-15-Superagonist-enthaltenden Immunzytokine die Proliferation von CD8+ T-Zellen zu erhöhen. Die Antikörperfusionsproteine anti-PDL1-scIL12 und anti-PDL1-Fc wurden hingegen nicht in ausreichenden Mengen von den CAR NK-92 Zellen sekretiert, um einen messbaren Effekt auf die Proliferation der CD8+ T-Zellen auszuüben. Abschließend wurde in immunkompetenten C57BL/6 Mäusen, in einem subkutanen Glioblastommodell mit GL261/ErbB2 Zellen, die antitumorale Wirkung der Immunzytokin-sekretierenden CAR NK-92 Zellen am Beispiel des NK-92/5.28.z/anti-PDL1-RD-IL15 Zellpools in vivo untersucht. In vorbereitenden in vitro Studien konnte die Bindung der Antikörperfusionsproteine an das von den GL261/ErbB2 Zellen endogen exprimierte murine PD-L1, wie auch die Sensitivität der GL261/ErbB2 Zellen gegenüber den ErbB2-spezifischen CAR NK-92 Zellen bestätigt werden. Die peritumorale Injektion von NK-92/5.28.z/anti-PDL1-RD-IL15 oder parentalen NK-92/5.28.z Zellen verzögerte während der Behandlungsphase das Wachstum großer, bereits etablierter GL261/ErbB2-Tumoren und reduzierte zum Teil sogar das Tumorvolumen. Sowohl die Immunzytokin-sekretierenden CAR NK-92 Zellen als auch die NK-92/5.28.z Ausgangszellen waren dazu in der Lage, in jeweils zwei Tieren der jeweiligen Behandlungsgruppe eine komplette Tumorabstoßung auszulösen. Nach Beendigung der CAR NK-Zelltherapie wuchsen in Mäusen, in welchen während der Behandlung keine vollständige Tumorabstoßung stattfand, die Tumoren jedoch wieder aus. Durch die Behandlung mit den Immunzytokin-sekretierenden CAR NK-92 Zellen konnte kein statistisch signifikanter Überlebensvorteil und auch kein signifikant verlängertes Überleben im Vergleich zu der Therapie mit den NK-92/5.28.z Ausgangszellen induziert werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die ErbB2-spezifische CAR NK-Zelllinie NK-92/5.28.z nach lentiviraler Transduktion dazu in der Lage ist, immunstimulatorische Antikörperfusionsproteine zu sekretieren. Durch die ektopische Expression der Immunzytokine wurden die genmodifizierten CAR NK-Zellen autokrin stimuliert. In Transwell-Experimenten wurde zudem gezeigt, dass auch umgebende primäre Immunzellen durch die von den NK-92 Zellen sekretierten Antikörperfusionsproteine stimuliert werden können. In der abschließenden in vivo-Studie wiesen die NK 92/5.28.z/anti-PDL1-RD-IL15 Zellen jedoch keine gesteigerte antitumorale Wirkung im Vergleich zu den NK-92/5.28.z Ausgangszellen auf. Da die rekombinanten Immunzytokine wie in vitro nachgewiesen funktional sind, ist die nur begrenzte antitumorale Wirkung der NK 92/5.28.z/anti-PDL1-RD-IL15 Zellen wohl vor allem auf eine zu geringe Immunzytokinsekretion zurückzuführen. Aus diesem Grund sollte in weiterführenden Studien untersucht werden, ob die Sekretion der Immunzytokine erhöht oder die immunstimulatorische Wirkung der Immunzytokine durch die Expression weiterer proinflammatorischer Proteine synergistisch gesteigert werden kann. Insgesamt stellt die genetische Modifikation von CAR-Lymphozyten mit Immunzytokinen einen interessanten Ansatz dar, um die Antitumoraktivität von CAR-Zelltherapeutika zu steigern. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-115502 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften, Biologie | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 10 Fachbereich Biologie 10 Fachbereich Biologie > Neurophysiologie und neurosensorische Systeme 10 Fachbereich Biologie > Synthetic RNA biology |
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Hinterlegungsdatum: | 29 Mär 2020 19:55 | ||||
Letzte Änderung: | 25 Jul 2023 08:53 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Süß, Prof. Dr. Beatrix ; Laube, Prof. Dr. Bodo ; Wels, Prof. Dr. Winfried | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 4 März 2020 | ||||
Export: | |||||
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