Hänichen, Philipp (2019)
Benetzungs- und Verdunstungsphänomene bei der Ablagerungsbildung aromatischer Kohlenwasserstoffe.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Über die vergangenen Jahrzehnte ist der Verbrennungsmotor leichter, leistungsstärker sowie verbrauchs- und emissionsärmer geworden. Mit dem Entwicklungsfortschritt steigen Systemkomplexität sowie thermische und mechanische Beanspruchungen. Die Notwendigkeit schädigende Alterungserscheinungen vorherzusagen und diese mindern zu können nimmt zu. Kraftstoffbasierte Ablagerungen im Motor sind typische Alterungserscheinungen. Unverbrannte Kohlenwasserstoffe oxidieren unter thermischer Beanspruchung und polymerisieren an Brennraumwänden. Strömungsverluste und veränderte Sprayeigenschaften an Einspritzdüsen sind die Folge. Emissionswerte steigen und das Drehmoment wird reduziert. Fluiddynamische, thermodynamische und chemische Prozesse beeinflussen sich wechselseitig an der Wand, in der Gas- und in der Flüssigphase. Einzelne Phänomene können eingeschränkt beschrieben werden und laufen zeitlich und örtlich skalenübergreifend ab. Generische, experimentelle Untersuchungen zu den Wechselwirkungen der physikalischchemischen Prozesse sind nicht bekannt.
Die vorliegende Arbeit liefert einen Beitrag für das grundlegende Verständnis der kraftstoffbasierten Ablagerungsbildung. Die in Wechselwirkung stehenden Prozesse der Benetzung, Verdunstung und Ablagerungsbildung werden an zwei neu entwickelten generischen Prüfständen untersucht. In Screeningexperimenten werden Einzeltropfen in Luftatmosphäre auf einer beheizten Wand verdunstet. Tropfengeometrie und Benetzungszustand werden mit einer Kamera aufgenommen. Verdunstung und Ablagerungsbildung bei Filmströmungen werden in Strömungsexperimenten untersucht. Flüssigkeit breitet dabei sich von einer turbulenten Luftströmung scherkraftgetrieben auf einer elektrisch beheizten Edelstahlfolie aus und verdunstet. Der Benetzungszustand wird auf der Folienoberseite mit einer Kamera aufgenommen. Die Wandtemperatur der Folienunterseite wird mit einer pixelweise kalibrierten Infrarot-Kamera gemessen.
Die Screeningexperimente zeigen, dass die Wandtemperatur und die molekulare Struktur der Kohlenwasserstoffe die Ablagerungsbildung maßgeblich beeinflussen. Das doppelaromatische Methylnaphthalin neigt besonders stark zur Ablagerungsbildung während einfach aromatische Kohlenwasserstoffe (Benzol, Toluol, Xylole) qualitativ deutlich weniger Ablagerungen bilden. Bei höheren Wandtemperaturen bilden sich verstärkt unlösliche, flächige und partikelförmige Ablagerungen. Die ablagerungsbehaftete Fläche ist aufgrund schlechterer Benetzung kleiner. Bei niedrigeren Wandtemperaturen nimmt die Ablagerungsbildung ab. Die Rückstände sind hochviskos, löslich und örtlich breit verteilt. Der Einfluss der Wandtemperatur auf die Ablagerungsbildung ist stärker als der Einfluss der Verweilzeit. Mit einem neu entwickelten Prozess zur Voroxidation der Testflüssigkeiten wurde gezeigt, dass ein höherer Oxidationszustand der Testflüssigkeit die Ablagerungsbildung beschleunigt und das Ablagerungsbild verändert. Bereits nach Verdunstung weniger Tropfen voroxidierten Methylnaphthalins entstehen unlösliche Ablagerungen, welche meist zusammenhängend, flächig und zentral nahe der Aufgabestelle sind und eine glänzende Oberfläche haben.
Die Filmausbreitung bei den Experimenten im Strömungskanal wird maßgeblich vom Eintrag der Flüssigkeit in den Strömungskanal, der Folientemperatur, der mittleren Gasphasengeschwindigkeit sowie vom Flüssigkeitsvolumenstrom bestimmt. Mit steigender Wandtemperatur und steigender mittlerer Gasphasengeschwindigkeit wird der Flüssigkeitsfilm schmaler. Die Welligkeit des Flüssigkeitsfilms nimmt mit steigender Gasphasengeschwindigkeit zu. Eine quasi-stationäre Filmfront stellt sich ein, wenn sich der verdunstende Massenstrom, die nachgeführte Flüssigkeit und der an der Wand polymerisierende Anteil der Schwersieder ausgleichen. Die Anhaftung polymerisierter Schwersieder wird an den Kontaktlinien bei quasi-stationärer Filmfront und bei zurückschreitender Kontaktlinie beobachtet. Bei periodischer Benetzung und Austrocknung der beheizten Folie entstehen qualitativ mehr Ablagerungen als bei quasi-stationären Filmströmungen. Die poröse Ablagerungsschicht wird bevorzugt benetzt, was zu einer Verstärkung der Ablagerungsbildung in diesem Bereich führt.
Mit den entwickelten experimentellen Aufbauten konnten Ablagerungsbildungsprozesse unter reproduzierbaren Bedingungen untersucht werden. Auf sauberen Oberflächen verdunsten Methylnaphthalin und o-Xylol im Modus mit konstantem Kontaktradius. Ablagerungsbedingt entstehen Filmaufrisse und Pinning. Tropfen verdunsten dann im Modus mit konstantem Kontaktradius oder in Mischmodi. Die Arbeit zeigt, dass die Kenntnisse von lokalen Benetzungszuständen und Wandtemperaturen essentiell für die Vorhersage von Ablagerungen sind. Die initiale Benetzung von Wänden und damit auch die Wand- und Materialeigenschaften entscheiden über die Ablagerungsbildung und das Ablagerungswachstum.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2019 | ||||
Autor(en): | Hänichen, Philipp | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Benetzungs- und Verdunstungsphänomene bei der Ablagerungsbildung aromatischer Kohlenwasserstoffe | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Stephan, Prof. Dr. Peter ; Beidl, Prof. Dr. Christian | ||||
Publikationsjahr: | 2019 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Verlag: | TUprints | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 18 Juni 2019 | ||||
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/8865 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Über die vergangenen Jahrzehnte ist der Verbrennungsmotor leichter, leistungsstärker sowie verbrauchs- und emissionsärmer geworden. Mit dem Entwicklungsfortschritt steigen Systemkomplexität sowie thermische und mechanische Beanspruchungen. Die Notwendigkeit schädigende Alterungserscheinungen vorherzusagen und diese mindern zu können nimmt zu. Kraftstoffbasierte Ablagerungen im Motor sind typische Alterungserscheinungen. Unverbrannte Kohlenwasserstoffe oxidieren unter thermischer Beanspruchung und polymerisieren an Brennraumwänden. Strömungsverluste und veränderte Sprayeigenschaften an Einspritzdüsen sind die Folge. Emissionswerte steigen und das Drehmoment wird reduziert. Fluiddynamische, thermodynamische und chemische Prozesse beeinflussen sich wechselseitig an der Wand, in der Gas- und in der Flüssigphase. Einzelne Phänomene können eingeschränkt beschrieben werden und laufen zeitlich und örtlich skalenübergreifend ab. Generische, experimentelle Untersuchungen zu den Wechselwirkungen der physikalischchemischen Prozesse sind nicht bekannt. Die vorliegende Arbeit liefert einen Beitrag für das grundlegende Verständnis der kraftstoffbasierten Ablagerungsbildung. Die in Wechselwirkung stehenden Prozesse der Benetzung, Verdunstung und Ablagerungsbildung werden an zwei neu entwickelten generischen Prüfständen untersucht. In Screeningexperimenten werden Einzeltropfen in Luftatmosphäre auf einer beheizten Wand verdunstet. Tropfengeometrie und Benetzungszustand werden mit einer Kamera aufgenommen. Verdunstung und Ablagerungsbildung bei Filmströmungen werden in Strömungsexperimenten untersucht. Flüssigkeit breitet dabei sich von einer turbulenten Luftströmung scherkraftgetrieben auf einer elektrisch beheizten Edelstahlfolie aus und verdunstet. Der Benetzungszustand wird auf der Folienoberseite mit einer Kamera aufgenommen. Die Wandtemperatur der Folienunterseite wird mit einer pixelweise kalibrierten Infrarot-Kamera gemessen. Die Screeningexperimente zeigen, dass die Wandtemperatur und die molekulare Struktur der Kohlenwasserstoffe die Ablagerungsbildung maßgeblich beeinflussen. Das doppelaromatische Methylnaphthalin neigt besonders stark zur Ablagerungsbildung während einfach aromatische Kohlenwasserstoffe (Benzol, Toluol, Xylole) qualitativ deutlich weniger Ablagerungen bilden. Bei höheren Wandtemperaturen bilden sich verstärkt unlösliche, flächige und partikelförmige Ablagerungen. Die ablagerungsbehaftete Fläche ist aufgrund schlechterer Benetzung kleiner. Bei niedrigeren Wandtemperaturen nimmt die Ablagerungsbildung ab. Die Rückstände sind hochviskos, löslich und örtlich breit verteilt. Der Einfluss der Wandtemperatur auf die Ablagerungsbildung ist stärker als der Einfluss der Verweilzeit. Mit einem neu entwickelten Prozess zur Voroxidation der Testflüssigkeiten wurde gezeigt, dass ein höherer Oxidationszustand der Testflüssigkeit die Ablagerungsbildung beschleunigt und das Ablagerungsbild verändert. Bereits nach Verdunstung weniger Tropfen voroxidierten Methylnaphthalins entstehen unlösliche Ablagerungen, welche meist zusammenhängend, flächig und zentral nahe der Aufgabestelle sind und eine glänzende Oberfläche haben. Die Filmausbreitung bei den Experimenten im Strömungskanal wird maßgeblich vom Eintrag der Flüssigkeit in den Strömungskanal, der Folientemperatur, der mittleren Gasphasengeschwindigkeit sowie vom Flüssigkeitsvolumenstrom bestimmt. Mit steigender Wandtemperatur und steigender mittlerer Gasphasengeschwindigkeit wird der Flüssigkeitsfilm schmaler. Die Welligkeit des Flüssigkeitsfilms nimmt mit steigender Gasphasengeschwindigkeit zu. Eine quasi-stationäre Filmfront stellt sich ein, wenn sich der verdunstende Massenstrom, die nachgeführte Flüssigkeit und der an der Wand polymerisierende Anteil der Schwersieder ausgleichen. Die Anhaftung polymerisierter Schwersieder wird an den Kontaktlinien bei quasi-stationärer Filmfront und bei zurückschreitender Kontaktlinie beobachtet. Bei periodischer Benetzung und Austrocknung der beheizten Folie entstehen qualitativ mehr Ablagerungen als bei quasi-stationären Filmströmungen. Die poröse Ablagerungsschicht wird bevorzugt benetzt, was zu einer Verstärkung der Ablagerungsbildung in diesem Bereich führt. Mit den entwickelten experimentellen Aufbauten konnten Ablagerungsbildungsprozesse unter reproduzierbaren Bedingungen untersucht werden. Auf sauberen Oberflächen verdunsten Methylnaphthalin und o-Xylol im Modus mit konstantem Kontaktradius. Ablagerungsbedingt entstehen Filmaufrisse und Pinning. Tropfen verdunsten dann im Modus mit konstantem Kontaktradius oder in Mischmodi. Die Arbeit zeigt, dass die Kenntnisse von lokalen Benetzungszuständen und Wandtemperaturen essentiell für die Vorhersage von Ablagerungen sind. Die initiale Benetzung von Wänden und damit auch die Wand- und Materialeigenschaften entscheiden über die Ablagerungsbildung und das Ablagerungswachstum. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-88651 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 16 Fachbereich Maschinenbau 16 Fachbereich Maschinenbau > Fachgebiet für Technische Thermodynamik (TTD) 16 Fachbereich Maschinenbau > Fachgebiet für Technische Thermodynamik (TTD) > Sieden & Verdampfen |
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Hinterlegungsdatum: | 25 Aug 2019 19:55 | ||||
Letzte Änderung: | 25 Aug 2019 19:55 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Stephan, Prof. Dr. Peter ; Beidl, Prof. Dr. Christian | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 18 Juni 2019 | ||||
Export: | |||||
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