Schaber, Carsten (2019)
Der Frankfurter Stadtraum Main als städtebauliches Handlungsfeld.
Eine Analyse der Möglichkeiten und Grenzen von Nutzungsmischung im Rahmen der Transformation kommunaler Infrastrukturstandorte zu neuen Wohn- und Arbeitsquartieren seit 1989.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Zusammenfassung
Das Prinzip der Nutzungsmischung hat sich, ausgelöst durch die Kritik am monofunktionalen Städtebau der Moderne, seit den 1960er Jahren zu einem städtebaulichen Dauerthema entwickelt. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre gewannen die Generierung von Nutzungsmischung und sozialer Vielfalt in Verbindung mit der Schaffung neuer Quartiere zunehmend an Bedeutung. Die Stadt Frankfurt, welche im Verlauf ihrer Geschichte immer wieder viel beachtete Anstrengungen zur Schaffung von Siedlungen und neuen Wohnquartieren unternommen hatte, ist zu dieser Zeit ein Vorreiter bei der Wiederentdeckung des Stadtwohnens im Quartiersmaßstab. Im Rahmen der Entwicklung des Stadtraumes Main sollten kommunale Infrastrukturstandorte entlang des Mains in großem Umfang zu gemischten Quartieren werden. Das Prinzip der Nutzungsmischung gilt als grundlegend für die Schaffung lebendiger und vielfältiger Quartiere und besitzt daher einen hohen Stellenwert bei deren Konzeption. Dieser Ansatz stellte eine bewusste Abkehr von den städtebaulichen Leitbildern der Nachkriegsmoderne dar.
Das Ziel der Arbeit ist es, den Transformationsprozess der kommunalen Infrastrukturstandorte zu neuen Wohn- und Arbeitsquartieren am Beispiel des Frankfurter Stadtraumes Main zu analysieren und in Bezug auf die Möglichkeiten und Grenzen von Nutzungsmischung zu bewerten. Dabei geht es um die Beschäftigung mit Mechanismen, welche Nutzungsmischung ermöglichen oder erschweren. Die dieser Arbeit zu-grundeliegende Annahme ist, dass für die Schaffung gemischter Quartiere sowohl die Zielsetzung als auch ihre Umsetzung bis hin zur Aneignung durch die Nutzer relevant sind. Das bedeutet, dass Nut-zungsmischung nicht nur anhand der städtebaulichen Quartierskonzeption, sondern auch nach der Fertigstellung und dem Bezug des Quartiers analysiert werden muss. Auf diese Weise lassen sich Rückschlüsse auf die Generierung von Nutzungsmischung gewinnen. Hervorzuheben ist, dass bauliche und nutzerbezogene Aspekte in die Untersuchung einfließen.
Die theoretischen Grundlagen und Erklärungsmodelle bezüglich des facettenreichen Begriffs der Nutzungsmischung zeigen, dass sich die Frage nach der passenden Mischung in Abhängigkeit von Gebietstyp und Rahmenbedingungen immer wieder neu stellt. Allerdings gibt es auch grundlegende Mechanismen und allgemein geltende Voraussetzungen für die Herausbildung gemischter Quartiere (JACOBS 1961/63). Der Mischungsgrad lässt sich auch bezogen auf die Nutzer messen (WIEGAND 1973). Angesichts der Vielschichtigkeit des Mischungsbegriffs von räumlich-funktionalen über soziale bis hin zu zeitlichen Aspekten (JESSEN 1995) ist eine detaillierte Betrachtungsweise essenziell. Die theoretische Betrachtung in Teil 1 ermöglicht erste Erkenntnisse hinsichtlich der Frage, was neu ist an neuen Quartieren, und wodurch diese sich von den Siedlungen der Nachkriegszeit unterscheiden.
Die Fallbeispiele des Stadtraumes Main belegen, dass sich die Mischungsansätze in Abhängigkeit der Maßstabsebene unterscheiden (Frage 1). Während es auf der übergeordneten Ebene der Gesamtstadt da-rum geht, die Wohnfunktion wieder in das städtische Gefüge zu integrieren, stellt sich auf Gebäude- und Quartiersebene die Frage nach einer gezielten Mischung von Wohnen und Arbeiten. Die inkrementelle planerische Vorgehensweise der Stadt Frankfurt, welche auf der Einbettung unterschiedlicher Einzelvorhaben in eine einheitliche städtebauliche Gesamtkonzeption beruht, erleichtert deren Realisierung und schafft erst die Basis für eine Vergleichbarkeit der Einzelvorhaben. Das Herausarbeiten der quartiers- und gebäudebezogenen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der einzelnen Projekte unterstreicht den vorhabenbezogenen Charakter gemischter Quartiere (Frage 2). Die neuen Quartiere des inneren Mainraums besitzen in Bezug auf ihren Standort, dessen städtebauliches Umfeld als auch hinsichtlich der Gebäudetypologie eine starke gründerzeitliche Prägung (Frage 4). Die Vorhaben des inneren Mainraums befinden sich alle im Umfeld gründerzeitlicher Stadtviertel. Die Blöcke, Höfe, Solitäre und Türme sind als neue Stadtbausteine von den Typen ihren gründerzeitlichen Vorgänger im Umfeld der Quartiere abgeleitet. Die Gegenüberstellung der ursprünglichen Mischungsziele, ihrer Umsetzung anhand einer einheitlichen städtebaulichen Konzeption bis hin zu deren späterer Aneignung durch die Nutzer ist ein zentraler Aspekt der Arbeit (Frage 3). Dieser ist insofern relevant, da nicht von einer direkten „Steuerung durch Ziele“ auszugehen ist, sondern vielmehr von einer „Steuerung durch Organisation und Verfahren“ (HELLSTERN, WOLLMANN 1978:20). Auf diese Weise wird auch die für Nutzungsmischung wichtige zeitlichen Dimension berücksichtigt. Welche Ziele sich im Verlauf des Aushandlungsprozesses umsetzen lassen und welche nicht, wird methodisch durch eine themenbasierte Wirkungsanalyse ermittelt. Neben dem Schwerunkt der Nutzungsmischung werden weitere Indikatoren wie Dichte, Stadtbausteine und öffentlicher Raum herangezogen.
Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass sich die Mischungsziele weniger auf der übergeordneten Ebene des Stadtraumes Main unterscheiden als vielmehr hinsichtlich der unterschiedlichen lokalen Zielsetzungen und Standortbedingungen. Andererseits sind alle Vorhaben im Zuge der Umsetzung von denselben übergeordneten Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren geprägt. Die Momentaufnahme des Gebietscharakters der gebauten Quartiere 2014 belegt, dass Nutzungsmischung planbar ist. Die Bedeutung der zeitlichen Dimension darf dabei nicht außer Acht gelassen werden. Bei allen Vorhaben hat sich die angestrebte Nutzermischung trotz günstiger baulicher Voraussetzungen noch nicht, wie vorgesehen, eingestellt.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2019 | ||||
Autor(en): | Schaber, Carsten | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Der Frankfurter Stadtraum Main als städtebauliches Handlungsfeld. Eine Analyse der Möglichkeiten und Grenzen von Nutzungsmischung im Rahmen der Transformation kommunaler Infrastrukturstandorte zu neuen Wohn- und Arbeitsquartieren seit 1989. | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Wékel, Prof. Julian ; Jessen, Prof. Dr. Johann | ||||
Publikationsjahr: | 14 Juli 2019 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 15 Juli 2015 | ||||
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/8845 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Zusammenfassung Das Prinzip der Nutzungsmischung hat sich, ausgelöst durch die Kritik am monofunktionalen Städtebau der Moderne, seit den 1960er Jahren zu einem städtebaulichen Dauerthema entwickelt. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre gewannen die Generierung von Nutzungsmischung und sozialer Vielfalt in Verbindung mit der Schaffung neuer Quartiere zunehmend an Bedeutung. Die Stadt Frankfurt, welche im Verlauf ihrer Geschichte immer wieder viel beachtete Anstrengungen zur Schaffung von Siedlungen und neuen Wohnquartieren unternommen hatte, ist zu dieser Zeit ein Vorreiter bei der Wiederentdeckung des Stadtwohnens im Quartiersmaßstab. Im Rahmen der Entwicklung des Stadtraumes Main sollten kommunale Infrastrukturstandorte entlang des Mains in großem Umfang zu gemischten Quartieren werden. Das Prinzip der Nutzungsmischung gilt als grundlegend für die Schaffung lebendiger und vielfältiger Quartiere und besitzt daher einen hohen Stellenwert bei deren Konzeption. Dieser Ansatz stellte eine bewusste Abkehr von den städtebaulichen Leitbildern der Nachkriegsmoderne dar. Das Ziel der Arbeit ist es, den Transformationsprozess der kommunalen Infrastrukturstandorte zu neuen Wohn- und Arbeitsquartieren am Beispiel des Frankfurter Stadtraumes Main zu analysieren und in Bezug auf die Möglichkeiten und Grenzen von Nutzungsmischung zu bewerten. Dabei geht es um die Beschäftigung mit Mechanismen, welche Nutzungsmischung ermöglichen oder erschweren. Die dieser Arbeit zu-grundeliegende Annahme ist, dass für die Schaffung gemischter Quartiere sowohl die Zielsetzung als auch ihre Umsetzung bis hin zur Aneignung durch die Nutzer relevant sind. Das bedeutet, dass Nut-zungsmischung nicht nur anhand der städtebaulichen Quartierskonzeption, sondern auch nach der Fertigstellung und dem Bezug des Quartiers analysiert werden muss. Auf diese Weise lassen sich Rückschlüsse auf die Generierung von Nutzungsmischung gewinnen. Hervorzuheben ist, dass bauliche und nutzerbezogene Aspekte in die Untersuchung einfließen. Die theoretischen Grundlagen und Erklärungsmodelle bezüglich des facettenreichen Begriffs der Nutzungsmischung zeigen, dass sich die Frage nach der passenden Mischung in Abhängigkeit von Gebietstyp und Rahmenbedingungen immer wieder neu stellt. Allerdings gibt es auch grundlegende Mechanismen und allgemein geltende Voraussetzungen für die Herausbildung gemischter Quartiere (JACOBS 1961/63). Der Mischungsgrad lässt sich auch bezogen auf die Nutzer messen (WIEGAND 1973). Angesichts der Vielschichtigkeit des Mischungsbegriffs von räumlich-funktionalen über soziale bis hin zu zeitlichen Aspekten (JESSEN 1995) ist eine detaillierte Betrachtungsweise essenziell. Die theoretische Betrachtung in Teil 1 ermöglicht erste Erkenntnisse hinsichtlich der Frage, was neu ist an neuen Quartieren, und wodurch diese sich von den Siedlungen der Nachkriegszeit unterscheiden. Die Fallbeispiele des Stadtraumes Main belegen, dass sich die Mischungsansätze in Abhängigkeit der Maßstabsebene unterscheiden (Frage 1). Während es auf der übergeordneten Ebene der Gesamtstadt da-rum geht, die Wohnfunktion wieder in das städtische Gefüge zu integrieren, stellt sich auf Gebäude- und Quartiersebene die Frage nach einer gezielten Mischung von Wohnen und Arbeiten. Die inkrementelle planerische Vorgehensweise der Stadt Frankfurt, welche auf der Einbettung unterschiedlicher Einzelvorhaben in eine einheitliche städtebauliche Gesamtkonzeption beruht, erleichtert deren Realisierung und schafft erst die Basis für eine Vergleichbarkeit der Einzelvorhaben. Das Herausarbeiten der quartiers- und gebäudebezogenen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der einzelnen Projekte unterstreicht den vorhabenbezogenen Charakter gemischter Quartiere (Frage 2). Die neuen Quartiere des inneren Mainraums besitzen in Bezug auf ihren Standort, dessen städtebauliches Umfeld als auch hinsichtlich der Gebäudetypologie eine starke gründerzeitliche Prägung (Frage 4). Die Vorhaben des inneren Mainraums befinden sich alle im Umfeld gründerzeitlicher Stadtviertel. Die Blöcke, Höfe, Solitäre und Türme sind als neue Stadtbausteine von den Typen ihren gründerzeitlichen Vorgänger im Umfeld der Quartiere abgeleitet. Die Gegenüberstellung der ursprünglichen Mischungsziele, ihrer Umsetzung anhand einer einheitlichen städtebaulichen Konzeption bis hin zu deren späterer Aneignung durch die Nutzer ist ein zentraler Aspekt der Arbeit (Frage 3). Dieser ist insofern relevant, da nicht von einer direkten „Steuerung durch Ziele“ auszugehen ist, sondern vielmehr von einer „Steuerung durch Organisation und Verfahren“ (HELLSTERN, WOLLMANN 1978:20). Auf diese Weise wird auch die für Nutzungsmischung wichtige zeitlichen Dimension berücksichtigt. Welche Ziele sich im Verlauf des Aushandlungsprozesses umsetzen lassen und welche nicht, wird methodisch durch eine themenbasierte Wirkungsanalyse ermittelt. Neben dem Schwerunkt der Nutzungsmischung werden weitere Indikatoren wie Dichte, Stadtbausteine und öffentlicher Raum herangezogen. Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass sich die Mischungsziele weniger auf der übergeordneten Ebene des Stadtraumes Main unterscheiden als vielmehr hinsichtlich der unterschiedlichen lokalen Zielsetzungen und Standortbedingungen. Andererseits sind alle Vorhaben im Zuge der Umsetzung von denselben übergeordneten Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren geprägt. Die Momentaufnahme des Gebietscharakters der gebauten Quartiere 2014 belegt, dass Nutzungsmischung planbar ist. Die Bedeutung der zeitlichen Dimension darf dabei nicht außer Acht gelassen werden. Bei allen Vorhaben hat sich die angestrebte Nutzermischung trotz günstiger baulicher Voraussetzungen noch nicht, wie vorgesehen, eingestellt. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-88454 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 700 Künste und Unterhaltung > 720 Architektur | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 15 Fachbereich Architektur 15 Fachbereich Architektur > Fachgruppe E: Stadtplanung |
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Hinterlegungsdatum: | 28 Jul 2019 19:55 | ||||
Letzte Änderung: | 28 Jul 2019 19:55 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Wékel, Prof. Julian ; Jessen, Prof. Dr. Johann | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 15 Juli 2015 | ||||
Export: | |||||
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