TU Darmstadt / ULB / TUbiblio

Stochastische Modelle und Umgebungseffekte im Kontext der Synthetischen Biologie

Falk, Johannes (2019)
Stochastische Modelle und Umgebungseffekte im Kontext der Synthetischen Biologie.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Die Synthetische Biologie versteht sich als ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, das die Entwicklung komplexer künstlicher biologischer Systeme zum Ziel hat. Neben der erfolgreichen Integration von synthetischen Schaltungen in lebende Organismen, bedarf es hierzu passender Analyse- und Messtechnik sowie eines theoretischen Verständnisses der zugrunde liegenden komplexen biochemischen Wechselwirkungen. In der Synthetischen Biologie arbeiten folglich Biologie und Chemie eng mit Ingenieurwissenschaften, Physik und Informatik zusammen. Im Kontext dieser Interdisziplinarität werden in der vorliegenden Arbeit Methoden und Modelle der theoretischen Physik beschrieben, welche in der Synthetischen Biologie Anwendung finden. Im ersten Teil der Arbeit wird ein konkretes biologisches System, ein auf dem CRISPR/dCas9- System beruhender logischer Schalter, analysiert und modelliert. Experimentelle Daten von Messungen an Hefezellen zeigen hier, dass das System ein bimodales Schaltverhalten zeigt. Zur Erklärung dieser Beobachtung werden ein deterministisches sowie ein stochastisches Modell ent- wickelt. Mithilfe dieser Modelle lässt sich das Verhalten des CRISPR/dCas9-Systems nachbilden, womit ein Erklärungsansatz für die zugrunde liegenden biologischen Zusammenhänge gegeben wird. Der zweite Teil dieser Arbeit geht auf ein generelles Problem der Synthetischen Biologie ein, nämlich die sogenannten Kontexteffekte. Hiermit werden allgemein alle Effekte bezeichnet, die durch die Umgebung, in welche ein synthetischer Schaltkreis eingebettet wird, verursacht werden. Zur besseren Analyse dieser oft nicht vernachlässigbaren Einwirkungen werden die durch verschiedene mögliche Umgebungstopologien erzeugten Memory-Effekte analytisch berechnet. Anhand von verschiedenen biologischen Beispielen zeigen wir dann, wie stark sich die Umgebung auf das Verhalten des Schaltkreises auswirken kann. Das Phänomen, dass deterministische und probabilistische Beschreibung grundlegend verschie- dene Ergebnisse liefern, betrachtet der dritte Teil der Arbeit. Die theoretische Physik ist bestrebt, beobachtbare Phänomene durch möglichst einfache und zugängliche Modelle darzustellen und damit auch zu erklären. Zu diesem Zweck wird im dritten Teil ein minimales Modell vorgestellt, welches ausreichend ist, um durch sogenanntes Burstrauschen verursachte stabile Zustände darzustellen. Mittels deterministischer Methoden kann das beobachtete Systemverhalten nicht korrekt vorhergesagt werden. Zur Analyse des Effektes nutzen wir daher eine Gleichung, welche die Extrema der Wahrscheinlichkeitsverteilung beschreibt. Aufbauend auf den Ergebnissen des vorigen Kapitels wird im letzten Teil dieser Arbeit kurz die Rolle von minimalen Modellen in der Synthetischen Biologie diskutiert. Insbesondere vor dem Hintergrund der verschiedenen erkenntnistheoretischen Ziele von Ingenieur- und Naturwissen- schaften beleuchten wir dabei, ob und wie theoretische Modelle Nutzen in der Synthetischen Biologie entfalten können. Zusammenfassend wird in dieser Arbeit aufgezeigt, wie stochastische Modellierung und die analytische Behandlung von Umgebungseffekten in der Synthetischen Biologie eingesetzt werden können. Die verschiedenen vorgestellten Herangehensweisen lassen sich dabei als grundlegende Methoden verstehen, auf die Modellierer in Zukunft zurückgreifen können.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2019
Autor(en): Falk, Johannes
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Stochastische Modelle und Umgebungseffekte im Kontext der Synthetischen Biologie
Sprache: Deutsch
Referenten: Drossel, Prof. Dr. Barbara ; Kolmar, Prof. Dr. Harald
Publikationsjahr: 28 Mai 2019
Ort: Darmstadt
Datum der mündlichen Prüfung: 17 April 2019
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/8685
Kurzbeschreibung (Abstract):

Die Synthetische Biologie versteht sich als ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, das die Entwicklung komplexer künstlicher biologischer Systeme zum Ziel hat. Neben der erfolgreichen Integration von synthetischen Schaltungen in lebende Organismen, bedarf es hierzu passender Analyse- und Messtechnik sowie eines theoretischen Verständnisses der zugrunde liegenden komplexen biochemischen Wechselwirkungen. In der Synthetischen Biologie arbeiten folglich Biologie und Chemie eng mit Ingenieurwissenschaften, Physik und Informatik zusammen. Im Kontext dieser Interdisziplinarität werden in der vorliegenden Arbeit Methoden und Modelle der theoretischen Physik beschrieben, welche in der Synthetischen Biologie Anwendung finden. Im ersten Teil der Arbeit wird ein konkretes biologisches System, ein auf dem CRISPR/dCas9- System beruhender logischer Schalter, analysiert und modelliert. Experimentelle Daten von Messungen an Hefezellen zeigen hier, dass das System ein bimodales Schaltverhalten zeigt. Zur Erklärung dieser Beobachtung werden ein deterministisches sowie ein stochastisches Modell ent- wickelt. Mithilfe dieser Modelle lässt sich das Verhalten des CRISPR/dCas9-Systems nachbilden, womit ein Erklärungsansatz für die zugrunde liegenden biologischen Zusammenhänge gegeben wird. Der zweite Teil dieser Arbeit geht auf ein generelles Problem der Synthetischen Biologie ein, nämlich die sogenannten Kontexteffekte. Hiermit werden allgemein alle Effekte bezeichnet, die durch die Umgebung, in welche ein synthetischer Schaltkreis eingebettet wird, verursacht werden. Zur besseren Analyse dieser oft nicht vernachlässigbaren Einwirkungen werden die durch verschiedene mögliche Umgebungstopologien erzeugten Memory-Effekte analytisch berechnet. Anhand von verschiedenen biologischen Beispielen zeigen wir dann, wie stark sich die Umgebung auf das Verhalten des Schaltkreises auswirken kann. Das Phänomen, dass deterministische und probabilistische Beschreibung grundlegend verschie- dene Ergebnisse liefern, betrachtet der dritte Teil der Arbeit. Die theoretische Physik ist bestrebt, beobachtbare Phänomene durch möglichst einfache und zugängliche Modelle darzustellen und damit auch zu erklären. Zu diesem Zweck wird im dritten Teil ein minimales Modell vorgestellt, welches ausreichend ist, um durch sogenanntes Burstrauschen verursachte stabile Zustände darzustellen. Mittels deterministischer Methoden kann das beobachtete Systemverhalten nicht korrekt vorhergesagt werden. Zur Analyse des Effektes nutzen wir daher eine Gleichung, welche die Extrema der Wahrscheinlichkeitsverteilung beschreibt. Aufbauend auf den Ergebnissen des vorigen Kapitels wird im letzten Teil dieser Arbeit kurz die Rolle von minimalen Modellen in der Synthetischen Biologie diskutiert. Insbesondere vor dem Hintergrund der verschiedenen erkenntnistheoretischen Ziele von Ingenieur- und Naturwissen- schaften beleuchten wir dabei, ob und wie theoretische Modelle Nutzen in der Synthetischen Biologie entfalten können. Zusammenfassend wird in dieser Arbeit aufgezeigt, wie stochastische Modellierung und die analytische Behandlung von Umgebungseffekten in der Synthetischen Biologie eingesetzt werden können. Die verschiedenen vorgestellten Herangehensweisen lassen sich dabei als grundlegende Methoden verstehen, auf die Modellierer in Zukunft zurückgreifen können.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

Synthetic Biology is an interdisciplinary field of research aiming at the development of complex artificial biological systems. In addition to the successful integration of synthetic circuits into living organisms, this requires appropriate analysis and measurement techniques as well as a theoretical understanding of the underlying biochemical interactions. Consequently, in Synthetic Biology biologists and chemists work closely together with engineers, physicists, and computer scientists. In the context of this interdisciplinarity, this thesis describes methods and models of theoretical physics that are applied in Synthetic Biology. In the first part of the thesis, a concrete biological system, a logical switch based on the CRISPR/dCas9 system, is analyzed and modeled. Experimental data from measurements on yeast cells show that the system has a bimodal switching behavior. A deterministic and a stochastic model are developed to explain this observation. With the help of this model, the behavior of the CRISPR/dCas9 system can be simulated, thus providing an explanatory approach for the underlying biological mechanisms. The second part of this thesis deals with a general problem of Synthetic Biology, namely the so-called context effects. This refers to all effects caused by the environment in which a synthetic circuit is embedded. For a better analysis of these often not negligible effects, the memory effects generated by different possible environment topologies are analytically calculated. Using various biological examples, we then show how strongly the environment can affect the behavior of the circuit. The phenomenon that deterministic and probabilistic descriptions provide fundamentally different results is considered in the third part of this paper. Theoretical physics aims to represent and explain observable phenomena using models that are as simple and accessible as possible. For this purpose, the third part presents a minimal model, which is sufficient to describe bimodal probability distributions caused by burst noise. Using deterministic methods, this system behavior cannot be predicted correctly. For the analysis of the effect we therefore use an equation that gives the extreme of the probability distribution. Based on the results of the previous chapter, the role of minimal models in Synthetic Biology is briefly discussed in the last part of this paper. Particularly against the background of the different epistemological goals of engineering and natural sciences, we will examine whether and how theoretical models can develop benefits in Synthetic Biology. In summary, this thesis shows how stochastic modeling and the analytical treatment of environmental effects can be applied in Synthetic Biology. The different approaches presented can be understood as basic methods that modelers will be able to use in the future.

Englisch
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-86852
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 530 Physik
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 05 Fachbereich Physik
05 Fachbereich Physik > Institut für Festkörperphysik (2021 umbenannt in Institut für Physik Kondensierter Materie (IPKM))
05 Fachbereich Physik > Institut für Festkörperphysik (2021 umbenannt in Institut für Physik Kondensierter Materie (IPKM)) > Statistische Physik und komplexe Systeme
Hinterlegungsdatum: 23 Jun 2019 19:55
Letzte Änderung: 23 Jun 2019 19:55
PPN:
Referenten: Drossel, Prof. Dr. Barbara ; Kolmar, Prof. Dr. Harald
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 17 April 2019
Export:
Suche nach Titel in: TUfind oder in Google
Frage zum Eintrag Frage zum Eintrag

Optionen (nur für Redakteure)
Redaktionelle Details anzeigen Redaktionelle Details anzeigen