Schmidt, Christian Markus (2019)
Modifier und neue Flammschutzmittel für Epoxidharzformulierungen.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Epoxidharzsystemen (EP-Systemen) und der Verbesserung ihrer Eigenschaften mittels Zähmodifiern, phosphorhaltigen Nachvernetzungsmodifiern und Flammschutzmitteln (FSM). Ein besonderer Fokus lag auf der Synthese neuer FSM, ihrer synergistischen Anwendung in ausgewählten EP-Systemen und dem Auffinden der vorliegenden Wirkungsmechanismen. Mögliche Anwendungen der optimierten EP-Systeme sind Matrixharze, die in faserverstärkten Leichtbaumaterialien für die Luftfahrtindustrie bzw. in Leiterplatten (PCB) eingesetzt werden. Die vorliegende Arbeit beinhaltet zwei Forschungsschwerpunkte: Im ersten Teil der Arbeit wurden zunächst die Struktur-Eigenschaftsbeziehungen von EP-Systemen bestehend aus verschiedenen Epoxidharzen und Härtern systematisch untersucht. Als Untersuchungsobjekte dienten zwei Gruppen von EP-Systemen mit unterschiedlichen Glasübergangstemperaturen (Tg), welche jeweils für Injektionstechniken wie z. B. dem RTM-Verfahren (resin transfer moulding) besonders geeignet sind. Diese wurden durch den Einsatz von Modifiern beeinflusst, wobei luftfahrtspezifische Anforderungen erreicht, Wirkmechanismen aufgeklärt und Struktur-Eigenschaftsbeziehungen ermittelt wurden. Beide basieren auf dem Diglycidylether von Bisphenol A (DGEBA), auf den Einsatz von besonders toxikologisch bedenklichen Komponenten wurde gezielt verzichtet. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurden für EP-Systeme geeignete phosphorhaltige FSM neu synthetisiert und getestet, hocheffiziente synergistische FSM-Kombinationen entwickelt, ihre Wirkmechanismen aufgeklärt und diese mit literaturbekannten flammgeschützten EP-Systemen verglichen. Die Glasübergangstemperatur der ersten für Injektionstechniken geeigneten EP-Systeme liegt im Bereich von 190°C-200°C, bei einer Härtungstemperatur von max. 180°C. Ihre weiteren Materialparameter wurden mit luftfahrtspezifischen Anforderungen und dem Referenzsystem “RTM 6“ verglichen. Zunächst wurde DGEBA mit verschiedenen aromatischen Aminen (Härterkomponente) sowie mit multifunktionellen Epoxidharzen kombiniert. Die Glasübergangstemperaturen (Tg) der gehärteten Proben wurden mittels Dynamischer Differenzkalorimetrie (DSC) und Dynamisch-Mechanischer Analyse (DMA, Tg (max. tanδ)) ermittelt. Mittels DSC wurde zudem der Einfluss von unterschiedlichen Härtern auf die Reaktivität der ungehärteten EP-Systeme bestimmt. Viskositäten wurden über dynamische Messungen zwischen 30°C und 200°C und isotherme Messungen bei 90°C bestimmt. Zudem wurde der Einfluss auf die Bruchzähigkeit der gehärteten Proben untersucht (Messgröße kritischer Spannungsintensitätsfaktor KIC). Es sind folgende neu entwickelte Systeme hervorzuheben: „EXA 30“ und „HP 20“, die jeweils aus DGEBA und einem der beiden multifunktionellen Epoxidharze EXA-7250 und HP-4710 (Salicylaldehyd- bzw. Naphthalin-basiert) bestehen. Als Härter kam das aromatische Diamin 4,4′-Methylen-bis-(2,6-diethylanilin) (M-DEA) zum Einsatz. Beide Systeme weisen eine Tg von etwa 190°C (Tg (DSC) und Tg (DMA, max. tanδ)) sowie eine Bruchzähigkeit wie das Referenzsystem RTM 6 auf (KIC ca. 0,60 MPa m1/2). Mit EXA 30, dessen Tg (DSC) mit 194°C die von HP 20 um 5°C übertrifft, wurden Untersuchungen zum Härtungsprozess mittels modellfreier Kinetik durchgeführt, wobei DSC-Messungen als Grundlage dienten und die Kissinger-Gleichung angewendet wurde. Diese Untersuchungen ergaben, dass die Reaktionsenthalpie von RTM 6 mit 438 J/g um 38 % höher und die Aktivierungsengergie mit 60 kJ/mol um 5 % höher als die von EXA 30 ist. Das Referenzsystem ist aufgrund der höheren Aktivierungsenergie etwas reaktionsträger als EXA 30, worauf bereits dynamische Viskositätsmessungen schließen ließen. Die Messkurven wurden zudem mit dem phänomenologischen Modell nach Kamal und Sourour (autokatalytisches Modell) beschrieben und die entsprechenden kinetischen Parameter ermittelt. Untersuchungen zur Wasseraufnahme des gehärteten Systems EXA 30 zeigten, dass diese analog zu literaturbekannten EP-Systemen und der Referenz zu Beginn nach dem zweiten Fick'schen Gesetz abläuft und dass der Diffusionskoeffizient D für das Referenzsystem und EXA 30 im Rahmen des Messfehlers gleich ist. Das mechanische Verhalten von selektierten Systemen konnten gezielt verbessert werden. Es gelang mittels Zusatzes von Zähmodifiern die Bruchzähigkeit der EP-Systeme zu steigern, wobei sich der Hochleistungsthermoplast Polyetherimid (PEI) als am wirkungsvollsten erwies (Steigerung bis auf KIC = 0,90 MPa m½). Die Wirkung dieses Zähmodifiers wurde mittels Rasterelektronenmikroskopie (REM) untersucht und wurde auf die Bildung einer zweiten Phase im ausgehärteten Harz zurückgeführt, wobei mehrere literaturbekannte Wirkungsweisen von Toughenern nachgewiesen wurden, dies erklärt die besonders hohe Effizienz des Zähmodifiers PEI. Ebenfalls wurde der Einfluss von phosphorhaltigen Nachvernetzungsmodifiern, d. h. von Phosphiten und eines im Rahmen der Arbeit synthetisierten Phosphonats, auf die Tg und die Bruchzähigkeit des EP-Systems EXA 30 erforscht. Zudem wurde der Einfluss auf das rheologische Verhalten der ungehärteten EP-Systeme untersucht. Es wurde gezeigt, dass Phosphite wie Diethylphosphit (DEP) und 5,5-Dimethyl-1,3,2-dioxaphosphorinan-2-on (DDPO) die Tg von EP-Systemen, die mit unterschiedlichen aromatischen Aminen gehärtet wurden, erhöhen. Dies war zuvor nur bei einzelnen mit aromatischen Aminen gehärteten Systemen beobachtet worden und insbesondere für mit aliphatischen Aminen gehärtete EP-Systeme untersucht worden. Diese Erhöhung nach einem erforderlichen Temperungsschritt bei 200°C bzw. 215°C beträgt für das System EXA 30 bis zu 20°C (Tg (DMA, max. tanδ)) bei Zugabe von DDPO (1 wt% P), allerdings bei deutlicher Verringerung der Bruchzähigkeit. Diese Tg-Erhöhung wird durch eine erhöhte Vernetzungsdichte verursacht, die auf einer Umesterung der Phosphite mit OH-Gruppen der Epoxidharzmatrix beruht, was auch mit NMR-Untersuchungen bestätigt wurde. Zwei Nachvernetzungsmodifier erwiesen sich für den Injektionsprozess als gut geeignet, da sie das rheologische Verhalten am geringsten beeinflussen: Zum einen das im Rahmen der Arbeit synthetisierte makromolekulare Phosphonat Poly[DMPAc-2-THIC], welches auch im FSM-Teil der Arbeit beschrieben wird und die Viskosität bei erhöhten Temperaturen wenig beeinflusst. Beim Einsatz dieses Phosphonates (1,0 wt% P) wurde die Tg von 193°C auf 201°C gesteigert (Tg (DMA, max. tanδ)), aber der KIC-Wert auf 0,52 MPa m½ erniedrigt. Zum anderen kam es beim Einsatz von DEP (0,5 wt% P) zur Steigerung der Tg auf 207°C (Tg (DMA, max. tanδ)), bei nur moderater Abnahme des KIC-Wertes auf 0,56 MPa m½. Die Glasübergangstemperatur (Tg) der zweiten für Injektionstechniken geeigneten EP-Systeme liegt im Bereich von 130°C-150°C (Tg (DSC)), bei einer Härtungstemperatur von max. 130°C. Es wurden erneut aminisch gehärtete Systeme untersucht. Mit Hilfe der temperatur-latenten Blockierung der Nukleophilie von reaktiven cycloaliphatischen Aminen wurde ein größeres Verarbeitungsfenster erreicht (60 min bei Temperaturen um die 80°C). Hierzu wurden die beiden Amine Isophorondiamin (IPDA) und 1,2-Diaminocyclohexan (1,2-DC) mit Zinkneodecanoat (ZnNeo2) komplexiert. Wie erwartet wurde mittels DSC-Messungen der ausgehärteten EP-Systeme, bestehend aus dem Komplex als Härter und DGEBA als EP-Harz, eine erniedrigte Reaktivität festgestellt. Als weiterer Lösungsansatz wurde das reaktionsträgere aromatische Amin M-DEA erfolgreich mit Hilfe von Triethylamin (TEA) und Salicylsäure (SAS) in seiner Reaktivität beschleunigt, wobei mit SAS die angestrebte Tg erreicht wurde. Neben dem Härtungsmechanismus der Polyaddition (Aminhärter) wurde auch die anionische Homopolymerisation von EP-Harzen untersucht. Es wurde ein System, das aus dem Imidazoliumsalz 1-Ethyl-3-methylimidazoliumacetat (EMIM Ac) als Initiator der EP-Homopolymerisation und Dicyandiamid (DICY) als Cohärter besteht, untersucht (EMIM Ac-DICY), da dieses ein gewünschtes Härtungsverhalten aufweist. Unter Zusatz eines auf Kern-Schale-Partikeln basierenden Zähmodifiers wurde die geringe Bruchzähigkeit des EP-Systems erheblich gesteigert (KIC-Werte von 0,50 auf 0,69 MPa m½ erhöht). Der Wirkmechanismus dieses Zähmodifiers wurde wie bei den vorherigen Systemen auf die Entstehung einer zweiten Phase im ausgehärteten Harz zurückgeführt. Im zweiten Teil dieser Arbeit, der sich phosphorhaltigen FSM für EP-Systeme widmet, wurde zunächst ein kommerziell erhältliches, phenolisches oligomeres FSM, das auf 9,10-Dihydro-9-oxa-10-phosphaphenanthren-10-oxid (DOPO) und Salicylaldehyd basiert, modifiziert. Die OH-Gruppen wurden mittels Atherton-Todd-Reaktion bzw. nukleophiler Substitution mit den phosphorhaltigen Verbindungen DOPO sowie 2-Chloro-5,5-dimethyl-1,3,2-dioxaphosphinan-2-oxid phosphoryliert und so neue oligomere FSM mit höherem Phosphorgehalt erzeugt. Es wurden zudem mehrere molekulare Analoga, die auf Salicylaldehyd und Phosphorylchloriden basieren, synthetisiert und strukturell charakterisiert. Des Weiteren wurde an ein trifunktionelles Acrylat, welches auf 1,3,5-Tris(2-hydroxyethyl)isocyanurat (THIC) basiert, mittels Phospha-Michael-Addition DOPO und/oder Dimethylphosphit (DMP) partiell addiert. Das noch durchschnittlich eine Acrylatgruppe je Molekül aufweisende Zwischenprodukt wurde radikalisch polymerisiert. Auf diese Weise wurden drei neue thermoplastische und somit im EP-Harz lösliche FSM, Poly[DOPAc-2-THIC], Poly[DOPAc-1-DMPAc-1-THIC] und Poly[DMPAc-2-THIC], erzeugt. Im Vergleich zum literaturbekannten molekularen Analogon, DOPAc-3-THIC, hat Poly[DOPAc-2-THIC] eine um 84°C höhere thermische Stabilität (2 wt% Gewichtsverlust bei 376°C, TGA). Die flammhemmende Wirkung und der Einfluss auf die Tg und die Bruchzähigkeit des Injektionssystems RTM 6 wurde untersucht. Es wurde festgestellt, dass die DMP-funktionalisierten THIC-Acrylat-Polymere als Nachvernetzungsmodifier wirken und die Tg (DSC) von 224°C auf 240°C bzw. 248°C erhöhen, bei kaum veränderter Bruchzähigkeit. Zudem wurde der Einfluss von neuen und etablierten FSM sowie synergistischen FSM-Mischungen auf das Brandverhalten zweier EP-Systeme untersucht, welche auch für Leiterplattenanwendungen (PCB) von Bedeutung sind: Ein auf DGEBA-basiertes und ein auf einem Phenolnovolak-Epoxidharz (D.E.N. 438) basiertes Epoxidharzsystem, jeweils mit Dicyandiamid und Fenuron gehärtet. Zunächst wurden die minimalen Phosphorkonzentrationen zum Erreichen der V-0-Klassifizierung im UL-94-V-Test bestimmt. Hierbei wurde in Übereinstimmung mit Literaturangaben festgestellt, dass eher gasphasenaktive FSM einen besseren flammhemmenden Effekt in hochvernetzten, mehr aromatische Einheiten enthaltenden und damit mehr Verbrennungs- bzw. Pyrolyserückstand (Char) bildenden EP-Systemen hervorrufen (Phenolnovolak-Epoxidharz-System). Im Vergleich dazu bilden DGEBA-basierte, weniger aromatische Einheiten enthaltende EP-Systeme deutlich weniger Char, weshalb dort FSM die beste Wirkung zeigten, welche die Char-Menge durch eine Festphasenaktivität erhöhen. Anschließend wurde untersucht, inwieweit die Wirkungsweise der FSM durch den Zusatz der beiden Synergisten Melaminpolyphosphat (MPP) und Aluminiumoxidhydroxid (Böhmit) beeinflusst wird. Generell wurde durch ihre Zugabe ein Absinken der Tg (DSC) des Endsystems verhindert. Außerdem konnte durch die Zugabe der anorganischen Synergisten die Menge an phosphororganischen FSM verringert werden, sodass hocheffiziente synergistische FSM-Systeme resultieren. Für das D.E.N. 438-basierte System konnte bei 15 wt% MPP die Zugabe des phosphororganischen FSM bis auf eine Menge verringert werden, die 0,2 wt% P entspricht. TGA-Untersuchungen zeigten, dass MPP während des Zerfalls des Systems mit der EP-Matrix interagiert und deren Pyrolysemechanismus beeinflusst. Untersuchungen mittels Cone-Kalorimetrie gaben einen tieferen Einblick in die Wirkungsweise der neuen FSM und der Referenz-FSM, sowohl bei alleiniger Zugabe als auch in Mischung mit MPP und Böhmit. Dies wurde durch REM-Aufnahmen des verbliebenen Chars ergänzt, welche zeigten, dass die hohe Effektivität der synergistischen FSM-Systeme aus der Bildung eines dichten Verbrennungsrückstandes in Kombination mit gasphasenaktiven FSM resultiert.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2019 | ||||
Autor(en): | Schmidt, Christian Markus | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Modifier und neue Flammschutzmittel für Epoxidharzformulierungen | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Rehahn, Prof. Dr. Matthias ; Pfaendner, Prof. Dr. Rudolf | ||||
Publikationsjahr: | 6 Mai 2019 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 6 Mai 2019 | ||||
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/8701 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Epoxidharzsystemen (EP-Systemen) und der Verbesserung ihrer Eigenschaften mittels Zähmodifiern, phosphorhaltigen Nachvernetzungsmodifiern und Flammschutzmitteln (FSM). Ein besonderer Fokus lag auf der Synthese neuer FSM, ihrer synergistischen Anwendung in ausgewählten EP-Systemen und dem Auffinden der vorliegenden Wirkungsmechanismen. Mögliche Anwendungen der optimierten EP-Systeme sind Matrixharze, die in faserverstärkten Leichtbaumaterialien für die Luftfahrtindustrie bzw. in Leiterplatten (PCB) eingesetzt werden. Die vorliegende Arbeit beinhaltet zwei Forschungsschwerpunkte: Im ersten Teil der Arbeit wurden zunächst die Struktur-Eigenschaftsbeziehungen von EP-Systemen bestehend aus verschiedenen Epoxidharzen und Härtern systematisch untersucht. Als Untersuchungsobjekte dienten zwei Gruppen von EP-Systemen mit unterschiedlichen Glasübergangstemperaturen (Tg), welche jeweils für Injektionstechniken wie z. B. dem RTM-Verfahren (resin transfer moulding) besonders geeignet sind. Diese wurden durch den Einsatz von Modifiern beeinflusst, wobei luftfahrtspezifische Anforderungen erreicht, Wirkmechanismen aufgeklärt und Struktur-Eigenschaftsbeziehungen ermittelt wurden. Beide basieren auf dem Diglycidylether von Bisphenol A (DGEBA), auf den Einsatz von besonders toxikologisch bedenklichen Komponenten wurde gezielt verzichtet. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurden für EP-Systeme geeignete phosphorhaltige FSM neu synthetisiert und getestet, hocheffiziente synergistische FSM-Kombinationen entwickelt, ihre Wirkmechanismen aufgeklärt und diese mit literaturbekannten flammgeschützten EP-Systemen verglichen. Die Glasübergangstemperatur der ersten für Injektionstechniken geeigneten EP-Systeme liegt im Bereich von 190°C-200°C, bei einer Härtungstemperatur von max. 180°C. Ihre weiteren Materialparameter wurden mit luftfahrtspezifischen Anforderungen und dem Referenzsystem “RTM 6“ verglichen. Zunächst wurde DGEBA mit verschiedenen aromatischen Aminen (Härterkomponente) sowie mit multifunktionellen Epoxidharzen kombiniert. Die Glasübergangstemperaturen (Tg) der gehärteten Proben wurden mittels Dynamischer Differenzkalorimetrie (DSC) und Dynamisch-Mechanischer Analyse (DMA, Tg (max. tanδ)) ermittelt. Mittels DSC wurde zudem der Einfluss von unterschiedlichen Härtern auf die Reaktivität der ungehärteten EP-Systeme bestimmt. Viskositäten wurden über dynamische Messungen zwischen 30°C und 200°C und isotherme Messungen bei 90°C bestimmt. Zudem wurde der Einfluss auf die Bruchzähigkeit der gehärteten Proben untersucht (Messgröße kritischer Spannungsintensitätsfaktor KIC). Es sind folgende neu entwickelte Systeme hervorzuheben: „EXA 30“ und „HP 20“, die jeweils aus DGEBA und einem der beiden multifunktionellen Epoxidharze EXA-7250 und HP-4710 (Salicylaldehyd- bzw. Naphthalin-basiert) bestehen. Als Härter kam das aromatische Diamin 4,4′-Methylen-bis-(2,6-diethylanilin) (M-DEA) zum Einsatz. Beide Systeme weisen eine Tg von etwa 190°C (Tg (DSC) und Tg (DMA, max. tanδ)) sowie eine Bruchzähigkeit wie das Referenzsystem RTM 6 auf (KIC ca. 0,60 MPa m1/2). Mit EXA 30, dessen Tg (DSC) mit 194°C die von HP 20 um 5°C übertrifft, wurden Untersuchungen zum Härtungsprozess mittels modellfreier Kinetik durchgeführt, wobei DSC-Messungen als Grundlage dienten und die Kissinger-Gleichung angewendet wurde. Diese Untersuchungen ergaben, dass die Reaktionsenthalpie von RTM 6 mit 438 J/g um 38 % höher und die Aktivierungsengergie mit 60 kJ/mol um 5 % höher als die von EXA 30 ist. Das Referenzsystem ist aufgrund der höheren Aktivierungsenergie etwas reaktionsträger als EXA 30, worauf bereits dynamische Viskositätsmessungen schließen ließen. Die Messkurven wurden zudem mit dem phänomenologischen Modell nach Kamal und Sourour (autokatalytisches Modell) beschrieben und die entsprechenden kinetischen Parameter ermittelt. Untersuchungen zur Wasseraufnahme des gehärteten Systems EXA 30 zeigten, dass diese analog zu literaturbekannten EP-Systemen und der Referenz zu Beginn nach dem zweiten Fick'schen Gesetz abläuft und dass der Diffusionskoeffizient D für das Referenzsystem und EXA 30 im Rahmen des Messfehlers gleich ist. Das mechanische Verhalten von selektierten Systemen konnten gezielt verbessert werden. Es gelang mittels Zusatzes von Zähmodifiern die Bruchzähigkeit der EP-Systeme zu steigern, wobei sich der Hochleistungsthermoplast Polyetherimid (PEI) als am wirkungsvollsten erwies (Steigerung bis auf KIC = 0,90 MPa m½). Die Wirkung dieses Zähmodifiers wurde mittels Rasterelektronenmikroskopie (REM) untersucht und wurde auf die Bildung einer zweiten Phase im ausgehärteten Harz zurückgeführt, wobei mehrere literaturbekannte Wirkungsweisen von Toughenern nachgewiesen wurden, dies erklärt die besonders hohe Effizienz des Zähmodifiers PEI. Ebenfalls wurde der Einfluss von phosphorhaltigen Nachvernetzungsmodifiern, d. h. von Phosphiten und eines im Rahmen der Arbeit synthetisierten Phosphonats, auf die Tg und die Bruchzähigkeit des EP-Systems EXA 30 erforscht. Zudem wurde der Einfluss auf das rheologische Verhalten der ungehärteten EP-Systeme untersucht. Es wurde gezeigt, dass Phosphite wie Diethylphosphit (DEP) und 5,5-Dimethyl-1,3,2-dioxaphosphorinan-2-on (DDPO) die Tg von EP-Systemen, die mit unterschiedlichen aromatischen Aminen gehärtet wurden, erhöhen. Dies war zuvor nur bei einzelnen mit aromatischen Aminen gehärteten Systemen beobachtet worden und insbesondere für mit aliphatischen Aminen gehärtete EP-Systeme untersucht worden. Diese Erhöhung nach einem erforderlichen Temperungsschritt bei 200°C bzw. 215°C beträgt für das System EXA 30 bis zu 20°C (Tg (DMA, max. tanδ)) bei Zugabe von DDPO (1 wt% P), allerdings bei deutlicher Verringerung der Bruchzähigkeit. Diese Tg-Erhöhung wird durch eine erhöhte Vernetzungsdichte verursacht, die auf einer Umesterung der Phosphite mit OH-Gruppen der Epoxidharzmatrix beruht, was auch mit NMR-Untersuchungen bestätigt wurde. Zwei Nachvernetzungsmodifier erwiesen sich für den Injektionsprozess als gut geeignet, da sie das rheologische Verhalten am geringsten beeinflussen: Zum einen das im Rahmen der Arbeit synthetisierte makromolekulare Phosphonat Poly[DMPAc-2-THIC], welches auch im FSM-Teil der Arbeit beschrieben wird und die Viskosität bei erhöhten Temperaturen wenig beeinflusst. Beim Einsatz dieses Phosphonates (1,0 wt% P) wurde die Tg von 193°C auf 201°C gesteigert (Tg (DMA, max. tanδ)), aber der KIC-Wert auf 0,52 MPa m½ erniedrigt. Zum anderen kam es beim Einsatz von DEP (0,5 wt% P) zur Steigerung der Tg auf 207°C (Tg (DMA, max. tanδ)), bei nur moderater Abnahme des KIC-Wertes auf 0,56 MPa m½. Die Glasübergangstemperatur (Tg) der zweiten für Injektionstechniken geeigneten EP-Systeme liegt im Bereich von 130°C-150°C (Tg (DSC)), bei einer Härtungstemperatur von max. 130°C. Es wurden erneut aminisch gehärtete Systeme untersucht. Mit Hilfe der temperatur-latenten Blockierung der Nukleophilie von reaktiven cycloaliphatischen Aminen wurde ein größeres Verarbeitungsfenster erreicht (60 min bei Temperaturen um die 80°C). Hierzu wurden die beiden Amine Isophorondiamin (IPDA) und 1,2-Diaminocyclohexan (1,2-DC) mit Zinkneodecanoat (ZnNeo2) komplexiert. Wie erwartet wurde mittels DSC-Messungen der ausgehärteten EP-Systeme, bestehend aus dem Komplex als Härter und DGEBA als EP-Harz, eine erniedrigte Reaktivität festgestellt. Als weiterer Lösungsansatz wurde das reaktionsträgere aromatische Amin M-DEA erfolgreich mit Hilfe von Triethylamin (TEA) und Salicylsäure (SAS) in seiner Reaktivität beschleunigt, wobei mit SAS die angestrebte Tg erreicht wurde. Neben dem Härtungsmechanismus der Polyaddition (Aminhärter) wurde auch die anionische Homopolymerisation von EP-Harzen untersucht. Es wurde ein System, das aus dem Imidazoliumsalz 1-Ethyl-3-methylimidazoliumacetat (EMIM Ac) als Initiator der EP-Homopolymerisation und Dicyandiamid (DICY) als Cohärter besteht, untersucht (EMIM Ac-DICY), da dieses ein gewünschtes Härtungsverhalten aufweist. Unter Zusatz eines auf Kern-Schale-Partikeln basierenden Zähmodifiers wurde die geringe Bruchzähigkeit des EP-Systems erheblich gesteigert (KIC-Werte von 0,50 auf 0,69 MPa m½ erhöht). Der Wirkmechanismus dieses Zähmodifiers wurde wie bei den vorherigen Systemen auf die Entstehung einer zweiten Phase im ausgehärteten Harz zurückgeführt. Im zweiten Teil dieser Arbeit, der sich phosphorhaltigen FSM für EP-Systeme widmet, wurde zunächst ein kommerziell erhältliches, phenolisches oligomeres FSM, das auf 9,10-Dihydro-9-oxa-10-phosphaphenanthren-10-oxid (DOPO) und Salicylaldehyd basiert, modifiziert. Die OH-Gruppen wurden mittels Atherton-Todd-Reaktion bzw. nukleophiler Substitution mit den phosphorhaltigen Verbindungen DOPO sowie 2-Chloro-5,5-dimethyl-1,3,2-dioxaphosphinan-2-oxid phosphoryliert und so neue oligomere FSM mit höherem Phosphorgehalt erzeugt. Es wurden zudem mehrere molekulare Analoga, die auf Salicylaldehyd und Phosphorylchloriden basieren, synthetisiert und strukturell charakterisiert. Des Weiteren wurde an ein trifunktionelles Acrylat, welches auf 1,3,5-Tris(2-hydroxyethyl)isocyanurat (THIC) basiert, mittels Phospha-Michael-Addition DOPO und/oder Dimethylphosphit (DMP) partiell addiert. Das noch durchschnittlich eine Acrylatgruppe je Molekül aufweisende Zwischenprodukt wurde radikalisch polymerisiert. Auf diese Weise wurden drei neue thermoplastische und somit im EP-Harz lösliche FSM, Poly[DOPAc-2-THIC], Poly[DOPAc-1-DMPAc-1-THIC] und Poly[DMPAc-2-THIC], erzeugt. Im Vergleich zum literaturbekannten molekularen Analogon, DOPAc-3-THIC, hat Poly[DOPAc-2-THIC] eine um 84°C höhere thermische Stabilität (2 wt% Gewichtsverlust bei 376°C, TGA). Die flammhemmende Wirkung und der Einfluss auf die Tg und die Bruchzähigkeit des Injektionssystems RTM 6 wurde untersucht. Es wurde festgestellt, dass die DMP-funktionalisierten THIC-Acrylat-Polymere als Nachvernetzungsmodifier wirken und die Tg (DSC) von 224°C auf 240°C bzw. 248°C erhöhen, bei kaum veränderter Bruchzähigkeit. Zudem wurde der Einfluss von neuen und etablierten FSM sowie synergistischen FSM-Mischungen auf das Brandverhalten zweier EP-Systeme untersucht, welche auch für Leiterplattenanwendungen (PCB) von Bedeutung sind: Ein auf DGEBA-basiertes und ein auf einem Phenolnovolak-Epoxidharz (D.E.N. 438) basiertes Epoxidharzsystem, jeweils mit Dicyandiamid und Fenuron gehärtet. Zunächst wurden die minimalen Phosphorkonzentrationen zum Erreichen der V-0-Klassifizierung im UL-94-V-Test bestimmt. Hierbei wurde in Übereinstimmung mit Literaturangaben festgestellt, dass eher gasphasenaktive FSM einen besseren flammhemmenden Effekt in hochvernetzten, mehr aromatische Einheiten enthaltenden und damit mehr Verbrennungs- bzw. Pyrolyserückstand (Char) bildenden EP-Systemen hervorrufen (Phenolnovolak-Epoxidharz-System). Im Vergleich dazu bilden DGEBA-basierte, weniger aromatische Einheiten enthaltende EP-Systeme deutlich weniger Char, weshalb dort FSM die beste Wirkung zeigten, welche die Char-Menge durch eine Festphasenaktivität erhöhen. Anschließend wurde untersucht, inwieweit die Wirkungsweise der FSM durch den Zusatz der beiden Synergisten Melaminpolyphosphat (MPP) und Aluminiumoxidhydroxid (Böhmit) beeinflusst wird. Generell wurde durch ihre Zugabe ein Absinken der Tg (DSC) des Endsystems verhindert. Außerdem konnte durch die Zugabe der anorganischen Synergisten die Menge an phosphororganischen FSM verringert werden, sodass hocheffiziente synergistische FSM-Systeme resultieren. Für das D.E.N. 438-basierte System konnte bei 15 wt% MPP die Zugabe des phosphororganischen FSM bis auf eine Menge verringert werden, die 0,2 wt% P entspricht. TGA-Untersuchungen zeigten, dass MPP während des Zerfalls des Systems mit der EP-Matrix interagiert und deren Pyrolysemechanismus beeinflusst. Untersuchungen mittels Cone-Kalorimetrie gaben einen tieferen Einblick in die Wirkungsweise der neuen FSM und der Referenz-FSM, sowohl bei alleiniger Zugabe als auch in Mischung mit MPP und Böhmit. Dies wurde durch REM-Aufnahmen des verbliebenen Chars ergänzt, welche zeigten, dass die hohe Effektivität der synergistischen FSM-Systeme aus der Bildung eines dichten Verbrennungsrückstandes in Kombination mit gasphasenaktiven FSM resultiert. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-87012 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 540 Chemie | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 07 Fachbereich Chemie 07 Fachbereich Chemie > Ernst-Berl-Institut > Fachgebiet Makromolekulare Chemie |
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Hinterlegungsdatum: | 09 Jun 2019 19:55 | ||||
Letzte Änderung: | 09 Jun 2019 19:55 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Rehahn, Prof. Dr. Matthias ; Pfaendner, Prof. Dr. Rudolf | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 6 Mai 2019 | ||||
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