Kithil, Marina (2019)
Die Sortierung von Membranproteinen:
Der Einfluss der codon usage auf die Sortierung von Modell-Kaliumkanälen.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Manche Membranproteine, zu denen auch einige Ionenkanäle gehören, können einer sogenannten Dualen Sortierung (dual targeting) unterliegen. Dieses Phänomen beschreibt einen zellulären Sortierungsprozess, bei dem Isoproteine oder auch ein und das selbe Translations-Produkt in verschiedene Zielmembranen, wie z. B. der Plasmamembran, dem ER und den Mitochondrien inseriert werden können. Vor dem Hintergrund der sehr unterschiedlichen Sortierungsmechanismen von Proteinen zur Plasmamembran (cotranslationales targeting) oder in die Mitochondrien (posttranslationales targeting) ist der genaue Mechanismus, der dem dualen targeting von Membranproteinen zu Grunde liegt, noch nicht vollkommen verstanden. Neuere Untersuchungen, die auf einen Zusammenhang zwischen der Codonzusammensetzung eines Gens und der Geschwindigkeit der Synthese des Genproduktes hinweisen, lassen vermuten, dass auch die Kinetik der Proteinsynthese entscheidend für die Sortierung eines naszierenden Proteins sein könnte. Hier wird der Einfluss der codon usage auf die Sortierung von Membranproteinen untersucht. Unter codon usage versteht man das Phänomen, dass die möglichen Varianten des genetischen Codes in einem Organismus unterschiedlich häufig verwendet werden wobei häufig benutzte Codons die Proteinsynthese beschleunigen und Seltene diesen Vorgang verlangsamen. Um den Einfluss der codon usage auf die Proteinsortierung zu untersuchen, wurden hier zwei homologe virale Kaliumkanäle als Modellsystem genutzt. Die Kanäle Kesv aus dem Ectocarpus siliculosus Virus 1 und KcvPBCV-1 aus dem Paramecium Bursaria Chlorella Virus 1 sind strukturell im hohen Maße ähnlich, unterliegen jedoch nach heterologer Expression in HEK293-Zellen einer komplett unterschiedlichen Sortierung. So ist Kesv vor allem in den Mitochondrien lokalisiert, während Kcv über den sekretorischen Weg an die Plasmamembran sortiert wird. In der vorliegenden Arbeit wurde die Sortierung von Kesv und Kcv als Fusionsproteine mit dem grün fluoreszierenden Protein (GFP) nach heterologer Expression in HEK293 Zellen quantitativ mit Hilfe der Konfokalmikroskopie untersucht. Dadurch sollte die Sortierungspräferenz der Kanalproteine als Funktion der Codonzusammensetzung in den entsprechenden Genen untersucht werden. Dabei konnte für Kesv festgestellt werden, dass der Kanal zwar in der Mehrzahl der Zellen mitochondrial sortiert vorliegt, in einem geringen Anteil (<10 %) der Zellen jedoch auch im ER anzutreffen ist. Eine gezielte Codonoptimierung von Kesv, bei der in einem synthetischen Gen seltene Codone durch häufige ersetzt wurden, führte zu einer effizienten Sortierung in die Mitochondrien; in diesem Fall war der Kanal nicht nur in HEK293 Zellen, sondern unabhängig vom untersuchten Zelltyp (COS-7, HeLa, HaCaT, A549) ausschließlich in den Mitochondrien zu finden. Die entgegengesetzte Manipulation bei der in einem synthetischen Gen vorwiegend seltene Codone genutzt wurden, führt zu einer verminderten Sortierung in die Mitochondrien, sowie zu einer gleichzeitig zunehmenden Fehlsortierung und einem folgenden Abbau des Kanalproteins. Die Daten zeigen erstmalig, dass ein Protein mit unveränderter Aminosäuresequenz in Abhängigkeit von der Codonstruktur des Gens unterschiedlich in Zellen sortiert wird. Dieser Prozess ist proteinspezifisch, da die gleichen Änderungen in der Codonfrequenz von Kcv keinen Einfluss auf dessen Sortierung haben. Um die Frage zu beantworten, ob es in dem Kesv Gen Bereiche gibt, die besonders kritisch bezüglich ihrer Codonzusammensetzung für die Sortierung des Proteins sind, wurden Chimären aus dem wt Gen und dem codonoptimierten Gen hergestellt; in synthetischen Genen wurden dazu unterschiedliche Bereiche des wt Gens codonoptimiert. Die Analyse der GFP markierten Genprodukte in HEK293 Zellen zeigt, dass eine partielle Codonoptimierung unterschiedliche Sortierungsphänotypen hervorbring. Je nach Position des codonoptimierten Genbereiches wurde der Kanal i) ausschließlich in die Mitochondrien sortiert, ii) vermehrt ins ER umgeleitet oder iii) fehlsortiert. In besonderen Fällen wurden auch Zellen beobachtet in denen der Kanal in der gleichen Zelle in beiden Kompartimenten, den Mitochondrien und dem ER, lokalisiert war. Die Untersuchung der Sortierungsphänotypen in Abhängigkeit von der Position im Gen, an der die Codone optimiert wurden, ergeben keinen klaren Hinweis auf einen kritischen Bereich im Gen, der über die Sortierung des Genproduktes entscheidet. Auf Basis der vorliegenden Ergebnisse kann man lediglich spekulieren, dass eine Abfolge von Bereichen mit häufigen und seltenen Codonen für die Sortierung kritisch ist. Die erhobenen Daten zeigen erstmalig, dass duales targeting eines Membranproteins durch die Codonstruktur des Gens gesteuert werden kann. Es kann spekuliert werden, dass ein solcher Mechanismus, der bei einem Modellprotein auftritt, auch unter physiologischen Bedingungen relevant ist. Die Interpretation dieses Phänomens im Zusammenhang mit einer unterschiedlichen Geschwindigkeit der Proteinsynthese, wird durch die hier gezeigten Experimente unterstützt. Diese legen dar, dass die vermehrte Sortierung des Kesv Kanals in die Mitochondrien nach Codonoptimierung durch niedrige Temperaturen bei der Kultivierung der Zellen wieder aufgehoben werden kann. Diese Daten lassen damit den Schluss zu, dass die Translationsgeschwindigkeit mit über den Sortierungsweg eines Proteins entscheidet. Die Ergebnisse zeigen jedoch auch, dass diese Sortierung nicht alleine durch die Codonfrequenz des Gens bestimmt wird, sondern, dass dies nur in Kombination mit einem noch nicht definierten Zustand der einzelnen Zelle geschieht. So findet man in der gleichen Präparation das Genprodukt von einem teilweise codonoptimierten Gen entweder im ER oder in den Mitochondrien. Die Frage, warum eine Zelle das gleiche Genprodukt in die Mitochondrien sortiert, während es in der anderen Zelle in den sekretorischen Weg gelangt, kann hier nicht vollständig beantwortet werden. Die Daten deuten jedoch darauf hin, dass der Ernährungszustand einer Zelle für diese Sortierungsphänomene nicht verantwortlich ist. Zwar besteht eine tendenzielle Abhängigkeit der Sortierung von Zellzyklusphasen, jedoch scheint die Zellzyklusphase nicht ausschließlich das Sortierungsschicksal des Genprodukts zu bestimmen.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2019 | ||||
Autor(en): | Kithil, Marina | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Die Sortierung von Membranproteinen: Der Einfluss der codon usage auf die Sortierung von Modell-Kaliumkanälen | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Thiel, Prof. Dr. Gerhard ; Bertl, Prof. Dr. Adam | ||||
Publikationsjahr: | 8 Januar 2019 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 17 Dezember 2018 | ||||
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/8350 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Manche Membranproteine, zu denen auch einige Ionenkanäle gehören, können einer sogenannten Dualen Sortierung (dual targeting) unterliegen. Dieses Phänomen beschreibt einen zellulären Sortierungsprozess, bei dem Isoproteine oder auch ein und das selbe Translations-Produkt in verschiedene Zielmembranen, wie z. B. der Plasmamembran, dem ER und den Mitochondrien inseriert werden können. Vor dem Hintergrund der sehr unterschiedlichen Sortierungsmechanismen von Proteinen zur Plasmamembran (cotranslationales targeting) oder in die Mitochondrien (posttranslationales targeting) ist der genaue Mechanismus, der dem dualen targeting von Membranproteinen zu Grunde liegt, noch nicht vollkommen verstanden. Neuere Untersuchungen, die auf einen Zusammenhang zwischen der Codonzusammensetzung eines Gens und der Geschwindigkeit der Synthese des Genproduktes hinweisen, lassen vermuten, dass auch die Kinetik der Proteinsynthese entscheidend für die Sortierung eines naszierenden Proteins sein könnte. Hier wird der Einfluss der codon usage auf die Sortierung von Membranproteinen untersucht. Unter codon usage versteht man das Phänomen, dass die möglichen Varianten des genetischen Codes in einem Organismus unterschiedlich häufig verwendet werden wobei häufig benutzte Codons die Proteinsynthese beschleunigen und Seltene diesen Vorgang verlangsamen. Um den Einfluss der codon usage auf die Proteinsortierung zu untersuchen, wurden hier zwei homologe virale Kaliumkanäle als Modellsystem genutzt. Die Kanäle Kesv aus dem Ectocarpus siliculosus Virus 1 und KcvPBCV-1 aus dem Paramecium Bursaria Chlorella Virus 1 sind strukturell im hohen Maße ähnlich, unterliegen jedoch nach heterologer Expression in HEK293-Zellen einer komplett unterschiedlichen Sortierung. So ist Kesv vor allem in den Mitochondrien lokalisiert, während Kcv über den sekretorischen Weg an die Plasmamembran sortiert wird. In der vorliegenden Arbeit wurde die Sortierung von Kesv und Kcv als Fusionsproteine mit dem grün fluoreszierenden Protein (GFP) nach heterologer Expression in HEK293 Zellen quantitativ mit Hilfe der Konfokalmikroskopie untersucht. Dadurch sollte die Sortierungspräferenz der Kanalproteine als Funktion der Codonzusammensetzung in den entsprechenden Genen untersucht werden. Dabei konnte für Kesv festgestellt werden, dass der Kanal zwar in der Mehrzahl der Zellen mitochondrial sortiert vorliegt, in einem geringen Anteil (<10 %) der Zellen jedoch auch im ER anzutreffen ist. Eine gezielte Codonoptimierung von Kesv, bei der in einem synthetischen Gen seltene Codone durch häufige ersetzt wurden, führte zu einer effizienten Sortierung in die Mitochondrien; in diesem Fall war der Kanal nicht nur in HEK293 Zellen, sondern unabhängig vom untersuchten Zelltyp (COS-7, HeLa, HaCaT, A549) ausschließlich in den Mitochondrien zu finden. Die entgegengesetzte Manipulation bei der in einem synthetischen Gen vorwiegend seltene Codone genutzt wurden, führt zu einer verminderten Sortierung in die Mitochondrien, sowie zu einer gleichzeitig zunehmenden Fehlsortierung und einem folgenden Abbau des Kanalproteins. Die Daten zeigen erstmalig, dass ein Protein mit unveränderter Aminosäuresequenz in Abhängigkeit von der Codonstruktur des Gens unterschiedlich in Zellen sortiert wird. Dieser Prozess ist proteinspezifisch, da die gleichen Änderungen in der Codonfrequenz von Kcv keinen Einfluss auf dessen Sortierung haben. Um die Frage zu beantworten, ob es in dem Kesv Gen Bereiche gibt, die besonders kritisch bezüglich ihrer Codonzusammensetzung für die Sortierung des Proteins sind, wurden Chimären aus dem wt Gen und dem codonoptimierten Gen hergestellt; in synthetischen Genen wurden dazu unterschiedliche Bereiche des wt Gens codonoptimiert. Die Analyse der GFP markierten Genprodukte in HEK293 Zellen zeigt, dass eine partielle Codonoptimierung unterschiedliche Sortierungsphänotypen hervorbring. Je nach Position des codonoptimierten Genbereiches wurde der Kanal i) ausschließlich in die Mitochondrien sortiert, ii) vermehrt ins ER umgeleitet oder iii) fehlsortiert. In besonderen Fällen wurden auch Zellen beobachtet in denen der Kanal in der gleichen Zelle in beiden Kompartimenten, den Mitochondrien und dem ER, lokalisiert war. Die Untersuchung der Sortierungsphänotypen in Abhängigkeit von der Position im Gen, an der die Codone optimiert wurden, ergeben keinen klaren Hinweis auf einen kritischen Bereich im Gen, der über die Sortierung des Genproduktes entscheidet. Auf Basis der vorliegenden Ergebnisse kann man lediglich spekulieren, dass eine Abfolge von Bereichen mit häufigen und seltenen Codonen für die Sortierung kritisch ist. Die erhobenen Daten zeigen erstmalig, dass duales targeting eines Membranproteins durch die Codonstruktur des Gens gesteuert werden kann. Es kann spekuliert werden, dass ein solcher Mechanismus, der bei einem Modellprotein auftritt, auch unter physiologischen Bedingungen relevant ist. Die Interpretation dieses Phänomens im Zusammenhang mit einer unterschiedlichen Geschwindigkeit der Proteinsynthese, wird durch die hier gezeigten Experimente unterstützt. Diese legen dar, dass die vermehrte Sortierung des Kesv Kanals in die Mitochondrien nach Codonoptimierung durch niedrige Temperaturen bei der Kultivierung der Zellen wieder aufgehoben werden kann. Diese Daten lassen damit den Schluss zu, dass die Translationsgeschwindigkeit mit über den Sortierungsweg eines Proteins entscheidet. Die Ergebnisse zeigen jedoch auch, dass diese Sortierung nicht alleine durch die Codonfrequenz des Gens bestimmt wird, sondern, dass dies nur in Kombination mit einem noch nicht definierten Zustand der einzelnen Zelle geschieht. So findet man in der gleichen Präparation das Genprodukt von einem teilweise codonoptimierten Gen entweder im ER oder in den Mitochondrien. Die Frage, warum eine Zelle das gleiche Genprodukt in die Mitochondrien sortiert, während es in der anderen Zelle in den sekretorischen Weg gelangt, kann hier nicht vollständig beantwortet werden. Die Daten deuten jedoch darauf hin, dass der Ernährungszustand einer Zelle für diese Sortierungsphänomene nicht verantwortlich ist. Zwar besteht eine tendenzielle Abhängigkeit der Sortierung von Zellzyklusphasen, jedoch scheint die Zellzyklusphase nicht ausschließlich das Sortierungsschicksal des Genprodukts zu bestimmen. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-83508 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften, Biologie | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 10 Fachbereich Biologie 10 Fachbereich Biologie > Plant Membrane Biophyscis (am 20.12.23 umbenannt in Biologie der Algen und Protozoen) |
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Hinterlegungsdatum: | 03 Feb 2019 20:55 | ||||
Letzte Änderung: | 03 Feb 2019 20:55 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Thiel, Prof. Dr. Gerhard ; Bertl, Prof. Dr. Adam | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 17 Dezember 2018 | ||||
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