Phthorimaea operculella Granulovirus (PhopGV, Baculoviridae) ist ein potentieller biologischer Wirkstoff zur Bekämpfung der Kartoffelmotte, Phthorimaea operculella (Zeller) und der Guatemaltekischen Kartoffelmotte, Tecia solanivora (Povolny) in der Kartoffelproduktion sowie der Tomatenminiermotte, Tuta absoluta (Meyrick) im Gewächshaus bei der Tomatenproduktion. Diese drei genannten Schadinsektenarten gehören alle der Familie Gelechiidae (Lepidoptera) an. PhopGV wurde bereits erfolgreich als biologisches Pflanzenschutzmittel in Lateinamerika und Nordafrika, gegen P. operculella im Feld bzw. Kartoffellager, eingesetzt. Forschung auf dem Gebiet biologischer Bekämpfungsstrategien gegenüber Gelechiidae Arten im Nutzpflanzenanbau ist von sehr großer Bedeutung, da durch Klimaerwärmung und globalen Handel mit Lebensmitteln die weltweite Ausbreitung dieser Schadinsekten begünstigt wird. Daher fällt ein Fokus auf die Diversität natürlich vorkommender Baculovirus Isolate, wie im vorliegenden Fall PhopGV und dessen Interaktion mit seinem Wirt. Der durch diese Forschung erlangte Wissensgewinn kann letztlich deutlich zur Optimiertung des Einsatzes von PhopGV als aktiven Wirkstoff im biologischen Pflanzenschutz dienen. Das angestrebte Ziel, den schädlichen Einfluss von Gelechiidae Arten auf die Lebensmittelproduktion zu vermindern, würde dadurch in greifbare Nähe rücken.
Zur Erstellung einer soliden Datenlage für die vorliegende Dissertation wurden zunächst neun PhopGV Isolate auf ihre biologische Aktivität gegenüber P. operculella untersucht. Als Vergleichswerte wurden hierzu die mittlere letale Konzentration (LC50) und die mittlere letale Zeit (LT50) bestimmt. Unter Berücksichtigung, dass es sich bei PhopGV um ein „slow-killing“ Virus handelt, was bedeutet, dass die Mortalität im Vergleich zu anderen Baculoviren erst spät eintritt, wurde die Verpuppungsrate als Parameter in Betracht gezogen. Es zeigte sich, dass eine PhopGV Infektion eine Verpuppung des Wirts verhinderte. Mit anderen Worten werden infizierte Larven zwar nicht sofort durch die Infektion durch das Virus getötet, die dadurch vermittelte Unfähigkeit zur Verpuppung verhindert allerdings das Erreichen des adulten Entwicklungsstadiums und somit auch zuverlässig die Fortpflanzung. PhopGV hat dadurch das Potenzial Wirtspopulationen dauerhaft zu minimieren. Eine weitere Erkenntnis der durchgeführten Biotests war, dass die Virulenz verschiedener PhopGV Isolate nicht nur virus- sondern auch wirtsabhängig zu sein scheint. Mit anderen Worten reagiert eine Wirtspopulation unterschiedlich auf verschiedene Virus Isolate, aber auch ein einzelnes Isolat erzielt unterschiedliche Mortalität, wenn es gegen eine alternative Wirtspopulation eingesetzt wird.
Auf Grundlage der unterschiedlichen Ergebnisse der Biotests wurden zwölf PhopGV Isolate ausgewählt, welche Passagen von Isolaten von vier verschiedenen Kontinenten (Afrika, Südamerika, Asien und Europa) waren und per „Illumina Next Generation Sequencing (NGS)“ sequenziert sowie die erhaltenen Daten analysiert. Dabei hat sich gezeigt, dass Isolate ungeachtet der geographischen Herkunft genetisch betrachtet sehr ähnlich, allerdings selten genetisch homogen sind und in den meisten Fällen als Mischung multipler Genotypen auftreten. Auf Grundlage der Sequenzierungsdaten konnte ein neues Gruppierungssystem (1-4) für PhopGV Isolate etabliert werden. Diese Gruppierung legt Polymorphismen, die über das gesamte Virusgenom vorliegen zu Grunde. Des Weiteren war es möglich mit sod (ORF 54) ein variables Gen zu identifizieren. Bisher wurde eine Gruppierung verschiedener PhopGV Isolate lediglich auf Basis eines einzigen variablen Gens namens Ecdysteroid UDP–Glucosyltransferase (egt, ORF 129) durchgeführt. Innerhalb von Insektenpopulationen können dauerhafte, stabile Virusinfektionen leicht unentdeckt bleiben, wenn typische Zeichen einer Erkrankung ausbleiben und der Krankheitsverlauf einen subletalen Charakter aufweist. Ein solches Virus mit dem Namen PhopGV-R konnte von einer P. operculella Laborpopulation isoliert werden. Überbevölkerung, das sogenannte „crowding“ von Larven, führte nicht zum sichtbaren Ausbruch dieses Virus. Doch eine Sekundärinfektion mit einem homologen Virus (PhopGV-CR3) aktivierte das populationsinterne Virus und führte zu einer offen sichtbaren Infektion. Wohingegen ein drittes Virus Isolat mit Namen PhopGV-GR1, das interne Virus blocken konnte und einen Ausschluss der co-Infektion, die sogenannte „superinfection exclusion“, zeigte. Diese Forschung zeigt, dass stabile Virusinfektionen von Insektenpopulationen offenbar nicht die Ausnahme, sondern die Regel darstellen. Die Folge stabiler Virusinfektionen ist ein Einfluss auf die Populationsdynamik. Co-Infektionen von populationsinternen Virus Isolaten mit zusätzlich eingebrachten Virus Isolaten werden in manchen Fällen erlaubt, hingegen in anderen Fällen verhindert. Abschließend konnte ein potentiell neues Mikrosporidium (Nosema sp. Phop) aus P. operculella isoliert und beschrieben werden. Dieses Mikrosporidium zeigte einen antagonistischen Effekt gegenüber PhopGV in P. operculella Larven. Die Erkenntnisse von Virus-Virus sowie Virus-Mikrosporidium Interaktionen können dabei helfen die Wirkweise von PhopGV vorherzusagen, wenn es im Feld gegen P. operculella zum Einsatz kommt, vor dem Hintergrund, dass dort andere PhopGV Isolate oder Mikrosporidien natürlicherweise vorkommen können. | Deutsch |