Eisenreich, Marc (2018)
Einbindung dezentraler Erzeuger am Beispiel von Photovoltaikanlagen ins elektrische Verteilungsnetz und die Auswirkungen auf die Netzstruktur.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Die Energiewende findet im Verteilungsnetz statt. Durch technischen Fortschritt und politischen Gestaltungswillen sind seit Beginn dieses Jahrhunderts bundesweit über eine Million Photovoltaikanlagen ans öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen worden, zum allergrößten Teil in der niedrigsten Spannungsebene. In mehr und mehr Regionen führt dies zu einem Paradigmenwechsel im Verteilungsnetz, d.h., es kommt zu zeitweise bidirektionalen Leistungsflüssen, was bislang ungekannte Herausforderungen bei Netzplanung und Netzbetrieb zur Folge hat. Lösungen dafür sind unter dem Begriff „Smart Grid“ bekannt, und wurden in verschiedenen teilweise öffentlich geförderten Forschungsprojekten untersucht.
In diesen Kontext ist die vorliegende Arbeit einzuordnen. Wesentliche Merkmale sind ein systemischer Blick auf das Netz als Gesamtsystem statt auf einzelne Komponenten. Wegen des Fokus auf das Gesamtsystem werden die Ergebnisse ausschließlich mittels Softwaresimulationen erzielt und nicht im Labor oder im realen Netz. Dafür werden reale Netzdaten, generische Verbrauchsprofile sowie reale Einspeiseverläufe verwendet.
Von einem Verteilungsnetzbetreiber stehen reale Daten der einem Umspannwerk unterlagerten Mittel- und Niederspannungsebene zur Verfügung. Auf dieser Basis werden die Niederspannungsnetze anhand qualitativer und quantitativer Kriterien in sechs Cluster eingeteilt und zwölf repräsentative Niederspannungsnetze sowie die beiden Mittelspannungsnetze detailliert nachgebildet. Weiterhin wird anhand eines öffentlichen Registers von Photovoltaikanlagen eine Verteilung der PV-Anlagengröße auf die Netzanschlusspunkte der Niederspannung erstellt. Der zeitliche Verlauf der Einspeisung wird aus realen Leistungsverläufen gewonnen. Die Annahmen zur Durchdringung mit PV-Anlagen und die Cluster gehen in die Festlegung der Konfigurationen ein. In der Ausgangslage werden die repräsentativen Niederspannungsnetze ohne PV-Anlagen betrachtet. Im zweiten Schritt wird in diesen Netzen die Situation mit maximaler dezentraler Einspeisung simuliert. Als drittes wird die gesamte Mittelspannungsebene untersucht, indem die Niederspannungsnetze durch Vertreter aus ihrem Cluster aggregiert werden.
Lastflusssimulationen bilden den Schwerpunkt dieser Arbeit. Dafür wird ein Netzberechnungsprogramm eingesetzt, weshalb die gängige Modellierung der Betriebsmittel übernommen wird. Die Netznachbildung erfolgt nur im Mitsystem. Die Simulationen erfolgen quasistatisch durch Vorgabe von Profilen für Wirk- und Blindleistung an den Netzanschlusspunkten und mit einer simulierten Dauer von zwei Jahren. Knotenspannungen sowie die Auslastung von Transformatoren und Leitungen sind Gegenstand der Auswertung. Die Simulationen werden in verschiedenen Szenarien durchgeführt. Sie unterscheiden sich in den Maßnahmen zur Behebung von Grenzwertverletzungen. Im Niederspannungsnetz ist fast ausschließlich das Spannungsband betroffen. Als insgesamt wirkungsvollste Maßnahme hat sich der Einsatz eines regelbaren Ortsnetztransformators erwiesen. Blindleistungsregelung am Wechselrichter eignet sich eher in Einzelfällen, führt aber auch zu einer höheren Auslastung der Betriebsmittel. In der Mittelspannungsebene werden unter den gewählten Annahmen auch vereinzelt Leitungen überlastet.
Die Auswirkungen auf die Versorgungszuverlässigkeit werden mit Hilfe einer probabilistischen Zuverlässigkeitsberechnung untersucht. Die Bewertung erfolgt anhand von standardisierten Kenngrößen wie der durchschnittlichen Nichtverfügbarkeit für Netzkunden. Dieser Wert wird hauptsächlich beeinflusst von zusätzlichen Umschaltmöglichkeiten zur Wiederversorgung, wenngleich die Effekte insgesamt eher gering sind.
Eine finanzielle Betrachtung der untersuchten Aspekte schließt diese Arbeit ab. Im aktuellen regulatorischen Regime stellen Netzverstärkungen oder Entschädigungszahlungen aufgrund von Abregelung bei der Festsetzung der Netzentgelte grundsätzlich anrechenbare Kosten dar. Aus diesem Grund gibt es für den Netzbetreiber allenfalls indirekte Anreize, Spannungsprobleme besonders effizient zu lösen oder die Zuverlässigkeit durch Verstärkungen zu steigern.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2018 | ||||
Autor(en): | Eisenreich, Marc | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Einbindung dezentraler Erzeuger am Beispiel von Photovoltaikanlagen ins elektrische Verteilungsnetz und die Auswirkungen auf die Netzstruktur | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Balzer, Prof. Dr. Gerd ; Witzmann, Prof. Dr. Rolf ; Hanson, Prof. Dr. Jutta | ||||
Publikationsjahr: | 2018 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 6 Februar 2018 | ||||
URL / URN: | http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/7519 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Die Energiewende findet im Verteilungsnetz statt. Durch technischen Fortschritt und politischen Gestaltungswillen sind seit Beginn dieses Jahrhunderts bundesweit über eine Million Photovoltaikanlagen ans öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen worden, zum allergrößten Teil in der niedrigsten Spannungsebene. In mehr und mehr Regionen führt dies zu einem Paradigmenwechsel im Verteilungsnetz, d.h., es kommt zu zeitweise bidirektionalen Leistungsflüssen, was bislang ungekannte Herausforderungen bei Netzplanung und Netzbetrieb zur Folge hat. Lösungen dafür sind unter dem Begriff „Smart Grid“ bekannt, und wurden in verschiedenen teilweise öffentlich geförderten Forschungsprojekten untersucht. In diesen Kontext ist die vorliegende Arbeit einzuordnen. Wesentliche Merkmale sind ein systemischer Blick auf das Netz als Gesamtsystem statt auf einzelne Komponenten. Wegen des Fokus auf das Gesamtsystem werden die Ergebnisse ausschließlich mittels Softwaresimulationen erzielt und nicht im Labor oder im realen Netz. Dafür werden reale Netzdaten, generische Verbrauchsprofile sowie reale Einspeiseverläufe verwendet. Von einem Verteilungsnetzbetreiber stehen reale Daten der einem Umspannwerk unterlagerten Mittel- und Niederspannungsebene zur Verfügung. Auf dieser Basis werden die Niederspannungsnetze anhand qualitativer und quantitativer Kriterien in sechs Cluster eingeteilt und zwölf repräsentative Niederspannungsnetze sowie die beiden Mittelspannungsnetze detailliert nachgebildet. Weiterhin wird anhand eines öffentlichen Registers von Photovoltaikanlagen eine Verteilung der PV-Anlagengröße auf die Netzanschlusspunkte der Niederspannung erstellt. Der zeitliche Verlauf der Einspeisung wird aus realen Leistungsverläufen gewonnen. Die Annahmen zur Durchdringung mit PV-Anlagen und die Cluster gehen in die Festlegung der Konfigurationen ein. In der Ausgangslage werden die repräsentativen Niederspannungsnetze ohne PV-Anlagen betrachtet. Im zweiten Schritt wird in diesen Netzen die Situation mit maximaler dezentraler Einspeisung simuliert. Als drittes wird die gesamte Mittelspannungsebene untersucht, indem die Niederspannungsnetze durch Vertreter aus ihrem Cluster aggregiert werden. Lastflusssimulationen bilden den Schwerpunkt dieser Arbeit. Dafür wird ein Netzberechnungsprogramm eingesetzt, weshalb die gängige Modellierung der Betriebsmittel übernommen wird. Die Netznachbildung erfolgt nur im Mitsystem. Die Simulationen erfolgen quasistatisch durch Vorgabe von Profilen für Wirk- und Blindleistung an den Netzanschlusspunkten und mit einer simulierten Dauer von zwei Jahren. Knotenspannungen sowie die Auslastung von Transformatoren und Leitungen sind Gegenstand der Auswertung. Die Simulationen werden in verschiedenen Szenarien durchgeführt. Sie unterscheiden sich in den Maßnahmen zur Behebung von Grenzwertverletzungen. Im Niederspannungsnetz ist fast ausschließlich das Spannungsband betroffen. Als insgesamt wirkungsvollste Maßnahme hat sich der Einsatz eines regelbaren Ortsnetztransformators erwiesen. Blindleistungsregelung am Wechselrichter eignet sich eher in Einzelfällen, führt aber auch zu einer höheren Auslastung der Betriebsmittel. In der Mittelspannungsebene werden unter den gewählten Annahmen auch vereinzelt Leitungen überlastet. Die Auswirkungen auf die Versorgungszuverlässigkeit werden mit Hilfe einer probabilistischen Zuverlässigkeitsberechnung untersucht. Die Bewertung erfolgt anhand von standardisierten Kenngrößen wie der durchschnittlichen Nichtverfügbarkeit für Netzkunden. Dieser Wert wird hauptsächlich beeinflusst von zusätzlichen Umschaltmöglichkeiten zur Wiederversorgung, wenngleich die Effekte insgesamt eher gering sind. Eine finanzielle Betrachtung der untersuchten Aspekte schließt diese Arbeit ab. Im aktuellen regulatorischen Regime stellen Netzverstärkungen oder Entschädigungszahlungen aufgrund von Abregelung bei der Festsetzung der Netzentgelte grundsätzlich anrechenbare Kosten dar. Aus diesem Grund gibt es für den Netzbetreiber allenfalls indirekte Anreize, Spannungsprobleme besonders effizient zu lösen oder die Zuverlässigkeit durch Verstärkungen zu steigern. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-75196 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik 18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik > Elektrische Energieversorgung 18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik > Institut für Elektrische Energiesysteme |
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Hinterlegungsdatum: | 01 Jul 2018 19:55 | ||||
Letzte Änderung: | 01 Jul 2018 19:55 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Balzer, Prof. Dr. Gerd ; Witzmann, Prof. Dr. Rolf ; Hanson, Prof. Dr. Jutta | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 6 Februar 2018 | ||||
Export: | |||||
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