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Einbeziehung der Time History zur Auswertung von Tragfähigkeitsmessungen mittels Falling Weight Deflectometer (FWD)

Čičković, Marko (2022)
Einbeziehung der Time History zur Auswertung von Tragfähigkeitsmessungen mittels Falling Weight Deflectometer (FWD).
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.26083/tuprints-00021219
Ph.D. Thesis, Primary publication, Publisher's Version

Abstract

Die Verkehrsinfrastruktur hat in der Gesamtgesellschaft einen kaum zu unterschätzenden Wert. So ermöglich erst eine funktionstüchtige Verkehrsinfrastruktur den Austausch von Waren, sichert beziehungsweise schafft Arbeitsplätze und ermöglicht auch einen gewissen gesellschaftlichen Austausch – insgesamt sorgt die Verkehrsinfrastruktur also für Wohlstand materieller und ideeller Art. Im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) 2030, den das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) herausgegeben hat, wird ein Gesamtin-vestitionsvolumen von ca. 270 Mrd. € bis zum Jahr 2030 ausgewiesen, wovon ca. 133 Mrd. € für den Verkehrsträger Straße vorgesehen sind, wovon wiederum 67 Mrd. € für die Erhaltung des Bundesfernstraßennetzes als Bedarf ermittelt wurden (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, 2016). Der betrachtete Zeithorizont dieser Investitionen umfasst den Zeitraum zwischen 2016 und 2030. Straßen des untergeordneten Netzes, also Landes-, Kreis- und kommunale Straßen sind in dieser Berechnung nicht berücksichtigt. Hieraus geht hervor, dass enorme finanzielle Mittel für die Erhaltung des gesamten Straßennetzes notwendig sind und es daher eine wichtige Aufgabe ist, Bedarfe und Ausmaße von Erhaltungsmaßnahmen identifizieren zu können. Grundsätzlich dient die auf Bundesfernstraßen im Vier-Jahres-Rhythmus stattfindende Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) als Datenbasis, um erhaltungsbedürftige Abschnitte zu definieren und darauf aufbauend Erhaltungsmaßnahmen zu planen. Jedoch konzentrieren sich die in der ZEB enthaltenen Messverfahren auf oberflächlich sichtbare Merkmale einer Verkehrsflächenbefestigung und können daher wenig zum Zustand der strukturellen Substanz aussagen. Hier können Tragfähigkeitsmessverfahren als komplementäres Messverfahren eingesetzt werden, da diese zum einen zerstörungsfrei arbeiten, zum anderen auch durch die Art der Messverfahren selbst (Beanspruchung → Messung der mechanischen Reaktion der Befestigung) direkte Rückschlüsse auf die strukturelle Substanz zulassen. Vergleiche zwischen Zustandsgrößen der ZEB und Tragfähigkeitsgrößen (messtechnische Erfassung mittels Traffic Speed Deflectometer (TSD)) zeigten, dass nur ein geringer Zusammenhang besteht (Čičković, Bald & Middendorf, 2020). Eines der Tragfähigkeitsmessverfahren ist das Falling Weight Deflectometer (FWD), welches bereits seit einigen Jahrzehnten international im Einsatz ist und punktuell die Tragfähigkeit erfasst. Das Messprinzip ist simpel: Das FWD erzeugt über Gewichtplatten eine Last, die über Gummipuffer und eine Lastplatte in die zu untersuchende Verkehrsflächenbefestigung eingetragen wird. Der zugehörige Kraftstoß entspricht dabei der Beanspruchung eines Lkw-Rads. Die hervorgerufene Verformung wird mithilfe von Geophonen erfasst. Diese Geophone sind in unterschiedlichen Entfernungen zum Lastmittelpunkt angebracht und können so die gesamte Verformungsmulde abbilden. Da der Kraftstoß des FWD keinerlei Horizontalkomponente aufweist, gibt es hier auch keinerlei Asymmetrien, die berücksichtigt werden müssten. Der derzeitige Stand der Technik ist, dass der Maximalwert der Verformung an jedem Geophon verwendet wird, um eine stationäre Verformungsmulde zu konstruieren. Diese stationäre Verformungsmulde wird anschließend verwendet, um Tragfähigkeitsgrößen zu ermitteln und darauf aufbauend die untersuchte Verkehrsflächenbefestigung hinsichtlich ihrer Tragfähigkeit zu bewerten. Das FWD ist aber grundsätzlich in der Lage, auch die zeitlichen Verläufe der Kraft und Verformungen abzuspeichern. Diese sogenannte Time History wird allerdings bisher in keinster Weise verwendet, um Tragfähigkeitsgrößen zu berechnen. Ziel dieser Arbeit ist es, auf Grundlage einer ausgiebigen Literaturstudie und messtechnischer Erfahrung, Kennwerte zu identifizieren, die auf Basis der Time History des FWD berechnet werden können und hieraus einen Mehrwert für die Bewertung der Tragfähigkeit zu erzeugen. In der Wissenschaft sind bislang nur wenige Kennwerte bekannt, die mithilfe der Time History des FWD berechnet werden können: die dissipierte Energie Wdiss, die Wellenausbreitungsgeschwindigkeit vW und der Phasenverschiebungswinkel δ. Alle drei Kennwerte nutzen den Umstand, dass Verkehrsflächenbefestigungen kein ideal-elastisches Materialverhalten aufweisen, sondern auch viskose Anteile besitzen. Daher entspricht der Entlastungspfad nie vollständig dem Belastungspfad. Bisherige Untersuchungen stellten die Hypothese auf, dass die Kennwerte aus der Time History des FWD vor allem das Materialverhalten der gebundenen Schichten ansprechen, das heißt vor allem Steifigkeitsänderungen bei hohen Temperaturen können bei Verkehrsflächenbefestigungen aus Asphalt detektiert werden. Gleichzeitig wird auch festgestellt, dass Steifigkeitsabnahmen der ungebundenen Schichten während der Tauperiode vor allem durch die dissipierte Energie Wdiss erkannt werden können. Mechanisch gesehen steht die dissipierte Energie Wdiss in direktem Zusammenhang mit dem Schaden, den ein Belastungszyklus auslöst und der Materialermüdung. Daher ergibt dieser dynamische Kennwert, im Gegensatz zu den bisher vorhandenen, konventionellen Tragfähigkeitskennwerten, eine direkte Verbindung zur vorherrschenden Materialermüdung. Datengrundlage zur Reproduktion der dynamischen Tragfähigkeitskennwerte ist zum einen eine modelltheoretische Untersuchung anhand eines Spektralelementmethodenmodells, zum anderen experimentelle Untersuchungen an insgesamt elf Messstrecken unterschiedlicher konstruktiver Ausbildung. Die insgesamt elf Messstrecken umfassen Verkehrsflächenbefestigungen aus Asphalt (neun Messtrecken), eine Verkehrsflächenbefestigung aus Beton und eine Verkehrsflächenbefestigung aus ungebundenem Material. Die Messungen fanden im Laufe des Kalenderjahrs 2017 statt und deckten verschiedene Wetter- und Jahreszeitenlagen ab. Es wurde ein Messraster mit einer Maschenweite von 25 m gewählt, bei einer Gesamtstreckenlänge von jeweils 500 m und bei sieben Messstrecken wurde in zwei Messlinien gemessen (Fahrstreifenmitte und rechte Rollspur). Zur Feststellung des Aufbaus der Messstrecken wurden Bohrkerne entnommen, anhand derer die Schichtdicken erfasst wurden. Die Analyse der Tragfähigkeitsmessungen ergibt eine starke Abnahme der Tragfähigkeit der ungebundenen Schichten während der Tauperiode. Dies äußert sich durch eine starke Abnahme des Schichtmoduls der ungebundenen Schichten M0 auf Seiten der konventionellen Tragfähigkeitskennwerte. Auf Seiten der dynamischen Tragfähigkeitskennwerte kann eine starke Zunahme der dissipierten Energie Wdiss beobachtet werden. Steifigkeitsänderungen der gebundenen Schichten infolge hoher Temperaturen im Sommer können ebenso beobachtet werden, allerdings sind deren Auswirkungen auf die dynamischen Tragfähigkeitskennwerte bei weitem nicht so groß wie Steifigkeitsänderungen der ungebundenen Schichten. Bei der Analyse der Untersuchungsergebnisse der Verkehrsflächenbefestigung aus Beton (MS 3) zeigen sich kaum Veränderungen der Tragfähigkeitsgrößen. Die Ergebnisse der Messungen auf einer ungebundenen Befestigung (in Lettland) zeigt einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Steifigkeit der ungebundenen Schichten und der dissipierten Energie Wdiss. Die Zunahme von visko-elastischen Effekten, die aufgrund hoher Temperaturen im Asphalt zu beobachten wären, kann auf Grundlage der experimentellen Untersuchungen nicht bestätigt werden. Die teilweise großen Unterschiede der Tragfähigkeitsgrößen zwischen rechter Rollspur und Fahrstreifenmitte können mechanisch aufgrund der Lage der Beanspruchung (Plattenmitte oder Plattenrand) begründet werden. Plattenstatische Berechnungen bestätigen die ungefähre Größenordnung der Unterschiede in der quantitativen Ausprägung von Tragfähigkeits¬kennwerten, je nachdem ob die Beanspruchung in Plattenmitte oder nahe des Plattenrands erfolgt. Die modelltheoretische Untersuchung wird mithilfe einer Spektralelementmethode (SEM) durchgeführt, bei der das 2S2P1D-Modell für Asphalt angewendet wird. Die SEM-Simulation ermöglich durch die Rückrechnung in der Frequenzdomäne eine Berücksichtigung viskoser Materialverhaltensanteile und es kann der Kraftstoß des FWD nachempfunden werden – Output ist eine Time History der Kraft und der Verformungen. Bei der Parameterstudie wird zum einen ein elastischer und visko-elastischer Fall betrachtet, bei dem die Asphaltkörpertemperatur und damit die Steifigkeit der gebundenen Schichten (Asphalt) variiert wird. In einem weiteren Fall wird die Steifigkeit der ungebundenen Schicht bei gleichbleibenden Eigenschaften der gebundenen Schichten variiert. Dabei zeigt sich, dass im elastischen Betrachtungsfall keinerlei Veränderungen der dynamischen Tragfähigkeitskennwerte zu verzeichnen sind. Beim visko-elastischen Betrachtungsfall kommt es zu einer Zunahme der dissipierten Energie Wdiss. Gleiches lässt sich bei der Abnahme der Steifigkeit der ungebundenen Schichten beobachten. Um die konventionellen mit den dynamischen Tragfähigkeitskennwerten zu vergleichen, wird auf Basis einer Voruntersuchung ein hyperbolischer Zusammenhang angenommen, das heißt die dissipierte Energie Wdiss verändert sich überproportional im Bereich niedriger Steifigkeiten der gebundenen und ungebundenen Schichten (repräsentiert durch die konventionellen Tragfähigkeitskennwerte). Dieser Zusammenhang wird sowohl beim Schichtmodul der ungebundenen Schichten M0 als auch bei der charakteristischen Steifigkeit der lastverteilenden Schicht M1h3 bestätigt. Eine statistische Analyse der Zusammenhänge zeigt jedoch, dass der Zusammenhang zwischen der charakteristischen Steifigkeit der lastverteilenden Schicht M1h3 und der dissipierten Energie Wdiss bedingt wird durch den Zusammenhang zwischen dem Schichtmodul M0 und der charakteristischen Steifigkeit M1h3. Die Korrelations- und Regressionsanalyse zeigt auch, dass der Zusammenhang zwischen dissipierter Energie Wdiss und dem Schichtmodul M0 stärker ist. Dies kann dadurch begründet werden, dass bei der Berechnung der dissipierten Energie Wdiss der Verformungsverlauf im Lastmittelpunkt herangezogen wird und dieser in hohem Maße auch von der Steifigkeit der ungebundenen Schichten abhängig ist. So ergibt sich, dass die dissipierte Energie Wdiss geeignet ist, um Aussagen über die Steifigkeiten der gebundenen und ungebundenen Schichten treffen zu können, jedoch die Aussageschärfe für die ungebundenen Schichten deutlich stärker ist. Schließlich lässt sich feststellen, dass die Betrachtung der Time History Vorteile bietet hinsichtlich des Verständnisses dynamischer Prozesse bei der Beanspruchung von Verkehrsflächenbefestigungen und sich hieraus Kennwerte ableiten lassen, die signifikanter auf Schwächen in der strukturellen Substanz schließen lassen. Gleichzeitig lassen sich aus der Time History auch Potentiale bezüglich der Qualitätssicherung von FWD-Tragfähigkeitsmessungen identifizieren, da eine Verwendung der Time History zur genaueren Analyse der Vergleichbarkeit unterschiedlicher Messgeräte herangezogen werden kann. Außerdem ergibt sich aus den experimentellen Untersuchungen die Fragestellung, inwieweit die bisherigen Normierungsverfahren ergänzt werden müssen um die Steifigkeitsveränderung der ungebundenen Schichten während der Tauperiode.

Item Type: Ph.D. Thesis
Erschienen: 2022
Creators: Čičković, Marko
Type of entry: Primary publication
Title: Einbeziehung der Time History zur Auswertung von Tragfähigkeitsmessungen mittels Falling Weight Deflectometer (FWD)
Language: German
Referees: Bald, Prof. Dr. J. Stefan ; Sivapatham, Prof. Dr. Pahirangan ; Riedl, Prof. Dr. Steffen
Date: 2022
Place of Publication: Darmstadt
Collation: 272 Seiten in verschiedenen Zählungen
Refereed: 28 January 2022
DOI: 10.26083/tuprints-00021219
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/21219
Abstract:

Die Verkehrsinfrastruktur hat in der Gesamtgesellschaft einen kaum zu unterschätzenden Wert. So ermöglich erst eine funktionstüchtige Verkehrsinfrastruktur den Austausch von Waren, sichert beziehungsweise schafft Arbeitsplätze und ermöglicht auch einen gewissen gesellschaftlichen Austausch – insgesamt sorgt die Verkehrsinfrastruktur also für Wohlstand materieller und ideeller Art. Im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) 2030, den das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) herausgegeben hat, wird ein Gesamtin-vestitionsvolumen von ca. 270 Mrd. € bis zum Jahr 2030 ausgewiesen, wovon ca. 133 Mrd. € für den Verkehrsträger Straße vorgesehen sind, wovon wiederum 67 Mrd. € für die Erhaltung des Bundesfernstraßennetzes als Bedarf ermittelt wurden (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, 2016). Der betrachtete Zeithorizont dieser Investitionen umfasst den Zeitraum zwischen 2016 und 2030. Straßen des untergeordneten Netzes, also Landes-, Kreis- und kommunale Straßen sind in dieser Berechnung nicht berücksichtigt. Hieraus geht hervor, dass enorme finanzielle Mittel für die Erhaltung des gesamten Straßennetzes notwendig sind und es daher eine wichtige Aufgabe ist, Bedarfe und Ausmaße von Erhaltungsmaßnahmen identifizieren zu können. Grundsätzlich dient die auf Bundesfernstraßen im Vier-Jahres-Rhythmus stattfindende Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) als Datenbasis, um erhaltungsbedürftige Abschnitte zu definieren und darauf aufbauend Erhaltungsmaßnahmen zu planen. Jedoch konzentrieren sich die in der ZEB enthaltenen Messverfahren auf oberflächlich sichtbare Merkmale einer Verkehrsflächenbefestigung und können daher wenig zum Zustand der strukturellen Substanz aussagen. Hier können Tragfähigkeitsmessverfahren als komplementäres Messverfahren eingesetzt werden, da diese zum einen zerstörungsfrei arbeiten, zum anderen auch durch die Art der Messverfahren selbst (Beanspruchung → Messung der mechanischen Reaktion der Befestigung) direkte Rückschlüsse auf die strukturelle Substanz zulassen. Vergleiche zwischen Zustandsgrößen der ZEB und Tragfähigkeitsgrößen (messtechnische Erfassung mittels Traffic Speed Deflectometer (TSD)) zeigten, dass nur ein geringer Zusammenhang besteht (Čičković, Bald & Middendorf, 2020). Eines der Tragfähigkeitsmessverfahren ist das Falling Weight Deflectometer (FWD), welches bereits seit einigen Jahrzehnten international im Einsatz ist und punktuell die Tragfähigkeit erfasst. Das Messprinzip ist simpel: Das FWD erzeugt über Gewichtplatten eine Last, die über Gummipuffer und eine Lastplatte in die zu untersuchende Verkehrsflächenbefestigung eingetragen wird. Der zugehörige Kraftstoß entspricht dabei der Beanspruchung eines Lkw-Rads. Die hervorgerufene Verformung wird mithilfe von Geophonen erfasst. Diese Geophone sind in unterschiedlichen Entfernungen zum Lastmittelpunkt angebracht und können so die gesamte Verformungsmulde abbilden. Da der Kraftstoß des FWD keinerlei Horizontalkomponente aufweist, gibt es hier auch keinerlei Asymmetrien, die berücksichtigt werden müssten. Der derzeitige Stand der Technik ist, dass der Maximalwert der Verformung an jedem Geophon verwendet wird, um eine stationäre Verformungsmulde zu konstruieren. Diese stationäre Verformungsmulde wird anschließend verwendet, um Tragfähigkeitsgrößen zu ermitteln und darauf aufbauend die untersuchte Verkehrsflächenbefestigung hinsichtlich ihrer Tragfähigkeit zu bewerten. Das FWD ist aber grundsätzlich in der Lage, auch die zeitlichen Verläufe der Kraft und Verformungen abzuspeichern. Diese sogenannte Time History wird allerdings bisher in keinster Weise verwendet, um Tragfähigkeitsgrößen zu berechnen. Ziel dieser Arbeit ist es, auf Grundlage einer ausgiebigen Literaturstudie und messtechnischer Erfahrung, Kennwerte zu identifizieren, die auf Basis der Time History des FWD berechnet werden können und hieraus einen Mehrwert für die Bewertung der Tragfähigkeit zu erzeugen. In der Wissenschaft sind bislang nur wenige Kennwerte bekannt, die mithilfe der Time History des FWD berechnet werden können: die dissipierte Energie Wdiss, die Wellenausbreitungsgeschwindigkeit vW und der Phasenverschiebungswinkel δ. Alle drei Kennwerte nutzen den Umstand, dass Verkehrsflächenbefestigungen kein ideal-elastisches Materialverhalten aufweisen, sondern auch viskose Anteile besitzen. Daher entspricht der Entlastungspfad nie vollständig dem Belastungspfad. Bisherige Untersuchungen stellten die Hypothese auf, dass die Kennwerte aus der Time History des FWD vor allem das Materialverhalten der gebundenen Schichten ansprechen, das heißt vor allem Steifigkeitsänderungen bei hohen Temperaturen können bei Verkehrsflächenbefestigungen aus Asphalt detektiert werden. Gleichzeitig wird auch festgestellt, dass Steifigkeitsabnahmen der ungebundenen Schichten während der Tauperiode vor allem durch die dissipierte Energie Wdiss erkannt werden können. Mechanisch gesehen steht die dissipierte Energie Wdiss in direktem Zusammenhang mit dem Schaden, den ein Belastungszyklus auslöst und der Materialermüdung. Daher ergibt dieser dynamische Kennwert, im Gegensatz zu den bisher vorhandenen, konventionellen Tragfähigkeitskennwerten, eine direkte Verbindung zur vorherrschenden Materialermüdung. Datengrundlage zur Reproduktion der dynamischen Tragfähigkeitskennwerte ist zum einen eine modelltheoretische Untersuchung anhand eines Spektralelementmethodenmodells, zum anderen experimentelle Untersuchungen an insgesamt elf Messstrecken unterschiedlicher konstruktiver Ausbildung. Die insgesamt elf Messstrecken umfassen Verkehrsflächenbefestigungen aus Asphalt (neun Messtrecken), eine Verkehrsflächenbefestigung aus Beton und eine Verkehrsflächenbefestigung aus ungebundenem Material. Die Messungen fanden im Laufe des Kalenderjahrs 2017 statt und deckten verschiedene Wetter- und Jahreszeitenlagen ab. Es wurde ein Messraster mit einer Maschenweite von 25 m gewählt, bei einer Gesamtstreckenlänge von jeweils 500 m und bei sieben Messstrecken wurde in zwei Messlinien gemessen (Fahrstreifenmitte und rechte Rollspur). Zur Feststellung des Aufbaus der Messstrecken wurden Bohrkerne entnommen, anhand derer die Schichtdicken erfasst wurden. Die Analyse der Tragfähigkeitsmessungen ergibt eine starke Abnahme der Tragfähigkeit der ungebundenen Schichten während der Tauperiode. Dies äußert sich durch eine starke Abnahme des Schichtmoduls der ungebundenen Schichten M0 auf Seiten der konventionellen Tragfähigkeitskennwerte. Auf Seiten der dynamischen Tragfähigkeitskennwerte kann eine starke Zunahme der dissipierten Energie Wdiss beobachtet werden. Steifigkeitsänderungen der gebundenen Schichten infolge hoher Temperaturen im Sommer können ebenso beobachtet werden, allerdings sind deren Auswirkungen auf die dynamischen Tragfähigkeitskennwerte bei weitem nicht so groß wie Steifigkeitsänderungen der ungebundenen Schichten. Bei der Analyse der Untersuchungsergebnisse der Verkehrsflächenbefestigung aus Beton (MS 3) zeigen sich kaum Veränderungen der Tragfähigkeitsgrößen. Die Ergebnisse der Messungen auf einer ungebundenen Befestigung (in Lettland) zeigt einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Steifigkeit der ungebundenen Schichten und der dissipierten Energie Wdiss. Die Zunahme von visko-elastischen Effekten, die aufgrund hoher Temperaturen im Asphalt zu beobachten wären, kann auf Grundlage der experimentellen Untersuchungen nicht bestätigt werden. Die teilweise großen Unterschiede der Tragfähigkeitsgrößen zwischen rechter Rollspur und Fahrstreifenmitte können mechanisch aufgrund der Lage der Beanspruchung (Plattenmitte oder Plattenrand) begründet werden. Plattenstatische Berechnungen bestätigen die ungefähre Größenordnung der Unterschiede in der quantitativen Ausprägung von Tragfähigkeits¬kennwerten, je nachdem ob die Beanspruchung in Plattenmitte oder nahe des Plattenrands erfolgt. Die modelltheoretische Untersuchung wird mithilfe einer Spektralelementmethode (SEM) durchgeführt, bei der das 2S2P1D-Modell für Asphalt angewendet wird. Die SEM-Simulation ermöglich durch die Rückrechnung in der Frequenzdomäne eine Berücksichtigung viskoser Materialverhaltensanteile und es kann der Kraftstoß des FWD nachempfunden werden – Output ist eine Time History der Kraft und der Verformungen. Bei der Parameterstudie wird zum einen ein elastischer und visko-elastischer Fall betrachtet, bei dem die Asphaltkörpertemperatur und damit die Steifigkeit der gebundenen Schichten (Asphalt) variiert wird. In einem weiteren Fall wird die Steifigkeit der ungebundenen Schicht bei gleichbleibenden Eigenschaften der gebundenen Schichten variiert. Dabei zeigt sich, dass im elastischen Betrachtungsfall keinerlei Veränderungen der dynamischen Tragfähigkeitskennwerte zu verzeichnen sind. Beim visko-elastischen Betrachtungsfall kommt es zu einer Zunahme der dissipierten Energie Wdiss. Gleiches lässt sich bei der Abnahme der Steifigkeit der ungebundenen Schichten beobachten. Um die konventionellen mit den dynamischen Tragfähigkeitskennwerten zu vergleichen, wird auf Basis einer Voruntersuchung ein hyperbolischer Zusammenhang angenommen, das heißt die dissipierte Energie Wdiss verändert sich überproportional im Bereich niedriger Steifigkeiten der gebundenen und ungebundenen Schichten (repräsentiert durch die konventionellen Tragfähigkeitskennwerte). Dieser Zusammenhang wird sowohl beim Schichtmodul der ungebundenen Schichten M0 als auch bei der charakteristischen Steifigkeit der lastverteilenden Schicht M1h3 bestätigt. Eine statistische Analyse der Zusammenhänge zeigt jedoch, dass der Zusammenhang zwischen der charakteristischen Steifigkeit der lastverteilenden Schicht M1h3 und der dissipierten Energie Wdiss bedingt wird durch den Zusammenhang zwischen dem Schichtmodul M0 und der charakteristischen Steifigkeit M1h3. Die Korrelations- und Regressionsanalyse zeigt auch, dass der Zusammenhang zwischen dissipierter Energie Wdiss und dem Schichtmodul M0 stärker ist. Dies kann dadurch begründet werden, dass bei der Berechnung der dissipierten Energie Wdiss der Verformungsverlauf im Lastmittelpunkt herangezogen wird und dieser in hohem Maße auch von der Steifigkeit der ungebundenen Schichten abhängig ist. So ergibt sich, dass die dissipierte Energie Wdiss geeignet ist, um Aussagen über die Steifigkeiten der gebundenen und ungebundenen Schichten treffen zu können, jedoch die Aussageschärfe für die ungebundenen Schichten deutlich stärker ist. Schließlich lässt sich feststellen, dass die Betrachtung der Time History Vorteile bietet hinsichtlich des Verständnisses dynamischer Prozesse bei der Beanspruchung von Verkehrsflächenbefestigungen und sich hieraus Kennwerte ableiten lassen, die signifikanter auf Schwächen in der strukturellen Substanz schließen lassen. Gleichzeitig lassen sich aus der Time History auch Potentiale bezüglich der Qualitätssicherung von FWD-Tragfähigkeitsmessungen identifizieren, da eine Verwendung der Time History zur genaueren Analyse der Vergleichbarkeit unterschiedlicher Messgeräte herangezogen werden kann. Außerdem ergibt sich aus den experimentellen Untersuchungen die Fragestellung, inwieweit die bisherigen Normierungsverfahren ergänzt werden müssen um die Steifigkeitsveränderung der ungebundenen Schichten während der Tauperiode.

Alternative Abstract:
Alternative abstract Language

The value of the transport infrastructure in society as a whole can hardly be underestimated. It is only a functioning transport infrastructure that enables the exchange of goods, secures or creates jobs and also facilitates a certain level of social exchange - all in all, the transport infrastructure thus ensures prosperity of a material and non-material kind. The Federal Transport Infrastructure Plan (BVWP) 2030, published by the Federal Ministry of Transport and Digital Infrastructure (BMVI), shows a total investment volume of around €270 billion up to 2030, of which around €133 billion is earmarked for roads, of which €67 billion has been identified as required for the maintenance of the federal road network (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, 2016). The time horizon considered for these investments covers the period between 2016 and 2030. Roads of the subordinate network, i.e. state, district and municipal roads are not included in this calculation. This shows that enormous financial resources are required for the maintenance of the entire road network and that it is therefore an important task to be able to identify the needs and extent of maintenance measures. In principle, the condition survey and assessment (ZEB), which takes place every four years on federal roads, serves as a data basis for defining sections in need of maintenance and planning maintenance measures on this basis. However, the measurement methods contained in the ZEB concentrate on superficially visible features of a pavement and can therefore say little about the condition of the structural substance. In this case, bearing capacity measurement methods can be used as a complementary measurement method, since they work non-destructively on the one hand and on the other hand also allow direct conclusions to be drawn about the structural substance due to the nature of the measurement methods themselves (load → measurement of the mechanical response of the pavement). Comparisons between state parameters of the ZEB and load-bearing capacity parameters (measurement by means of Traffic Speed Deflectometer (TSD)) showed that there is only a slight correlation (Čičković et al., 2020). One of the bearing capacity measurement methods is the Falling Weight Deflectometer (FWD), which has been in use internationally for several decades and measures the bearing capacity at specific points. The measuring principle here is comparatively simple: The FWD generates a load via load plates, which is applied via rubber buffers and a load plate to the pavement to be examined. The associated force impact corresponds to the load of a truck wheel. The triggered deformation is recorded with the aid of geophones. These geophones are mounted at different distances from the load center and can thus map the entire deformation bowl. Since the force impact of the FWD has no horizontal component, there are no asymmetries that need to be taken into account. The current state of the art is to use the maximum value of the deformation at each geophone to construct a steady-state deformation bowl. This steady-state deformation bowl is then used to determine bearing capacity characteristics and, based on this, to evaluate the pavement under investigation in terms of its bearing capacity. In principle, however, the FWD is also capable of storing the time histories of the force and deformations. However, this so-called time history has not yet been used in any way to calculate load-bearing capacity parameters. The aim of this work is to identify, on the basis of an extensive literature study and experience, characteristic values that can be calculated on the basis of the time history of the FWD and to generate from this an added value for the evaluation of the bearing capacity. So far, only a few parameters are known in science that can be calculated using the time history of the FWD: the dissipated energy Wdiss, the wave propagation velocity vW and the phase shift angle δ. All three characteristic values take advantage of the fact that pavements do not exhibit ideal elastic material behavior, but also have viscous components. Therefore, the unloading path never completely corresponds to the loading path. Previous investigations hypothesised that the characteristic values from the time history of the FWD mainly address the material behavior of the bound layers, i.e. mainly stiffness changes at high temperatures can be detected in asphalt pavements. At the same time, it is also found that stiffness decreases of the unbound layers during the dew period can be detected mainly by the dissipated energy Wdiss. Mechanically, the dissipated energy Wdiss is directly related to the damage caused by a loading cycle and the material fatigue. Therefore, in contrast to previously existing conventional load capacity parameters, this dynamic parameter yields a direct link to the prevailing material fatigue. The data basis for reproducing the dynamic load-bearing capacity characteristic values is, on the one hand, a model-theoretical investigation using a spectral element method model and, on the other hand, experimental investigations on a total of eleven measuring sections of different structural design. The total of eleven measurement sections include pavements made of asphalt (nine measurement sections), one pavement made of concrete and one pavement made of unbound material. The measurements took place during the calendar year 2017 and covered different weather and seasonal conditions. A measurement grid with a mesh size of 25 m was selected, with a total section length of 500 m in each case, and measurements were taken in two measurement lines (center of lane and right-hand rolling lane) for seven measurement sections. In order to determine the structure of the measured sections, cores were taken and used to record the layer thicknesses. The analysis of the bearing capacity measurements shows a strong decrease of the bearing capacity of the unbound layers during the dew period. This is manifested by a strong decrease in the modulus of the unbound layers M0 on the side of the conventional bearing capacity parameters. On the side of the dynamic bearing capacity parameters, a strong increase of the dissipated energy Wdiss can be observed. Stiffness changes of the bound layers due to high temperatures in summer can also be observed, but their effects on the dynamic bearing capacity parameters are by far not as large as stiffness changes of the unbound layers. The analysis of the results of the concrete pavement (MS 3) shows hardly any changes in the bearing capacity values. The results of the measurements on an unbound pavement (in Latvia) show a significant correlation between the stiffness of the unbound layers and the dissipated energy Wdiss. The increase of visco-elastic effects, which would be observed due to high temperatures in the asphalt, cannot be confirmed on the basis of the experimental investigations. The partially large differences in the bearing capacity values between the right-hand rolling lane and the center of the lane can be explained mechanically on the basis of the location of the load (center of the slab or edge of the slab). Plate static calculations confirm the approximate magnitude of the differences in the quantitative expression of load-bearing capacity parameters, depending on whether the loading takes place in the center of the plate or near the edge of the plate. The model-theoretical investigation is carried out by means of a spectral element method (SEM) using the 2S2P1D model for asphalt. The SEM simulation allows to take into account viscous material behaviour components by back-calculation in the frequency domain and it is possible to emulate the force impact of the FWD – output is a time history of the force and deformations. In the parameter study, an elastic and visco-elastic case is considered in one case, where the asphalt body temperature and thus the stiffness of the bound layers (asphalt) is varied. In another case, the stiffness of the unbound layer is varied while the properties of the bound layers remain the same. This shows that in the elastic case, no changes in the dynamic load-bearing capacity parameters are observed. In the visco-elastic case, the dissipated energy Wdiss increases. The same can be observed in the decrease of the stiffness of the unbound layers. In order to compare the conventional with the dynamic bearing capacity values, a hyperbolic relationship is assumed on the basis of a preliminary investigation, i.e. the dissipated energy Wdiss changes disproportionately in the region of low stiffnesses of the bound and unbound layers (represented by the conventional bearing capacity values). This relationship is confirmed both for the layer modulus of the unbound layers M0 and for the characteristic stiffness of the load-distributing layer M1h3. However, a statistical analysis of the correlations shows that the correlation between the characteristic stiffness of the load-distributing layer M1h3 and the dissipated energy Wdiss is conditioned by the correlation between the layer modulus M0 and the characteristic stiffness M1h3. The correlation and regression analysis also shows that the relationship between dissipated energy Wdiss and the layer modulus M0 is stronger. This can be justified by the fact that the calculation of the dissipated energy Wdiss is based on the deformation curve at the load center, which is also highly dependent on the stiffness of the unbound layers. Thus, it can be seen that the dissipated energy Wdiss is suitable for making statements about the stiffnesses of the bound and unbound layers, but that the validity of the statements is significantly stronger for the unbound layers. Finally, it can be stated that the consideration of the time history is advantageous with regard to the understanding of dynamic processes during the stressing of pavements and that characteristic values can be derived from it that allow more significant conclusions to be drawn about weaknesses in the structural substance. At the same time, the time history can also be used to identify potentials with regard to the quality assurance of FWD bearing capacity measurements, since the use of the time history can be used for a more precise analysis of the comparability of different measuring devices. Additionally, the experimental investigations raise the question of whether the existing standardisation procedures need to be supplemented by the change in stiffness of the unbound layers during the thaw period.

English
Status: Publisher's Version
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-212199
Classification DDC: 600 Technology, medicine, applied sciences > 620 Engineering and machine engineering
Divisions: 13 Department of Civil and Environmental Engineering Sciences
13 Department of Civil and Environmental Engineering Sciences > Institutes of Transportation
13 Department of Civil and Environmental Engineering Sciences > Institutes of Transportation > Transportation Infrastructure Engineering
Date Deposited: 18 Jul 2022 12:55
Last Modified: 19 Jul 2022 05:30
PPN:
Referees: Bald, Prof. Dr. J. Stefan ; Sivapatham, Prof. Dr. Pahirangan ; Riedl, Prof. Dr. Steffen
Refereed / Verteidigung / mdl. Prüfung: 28 January 2022
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