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Beurteilung von Störfallprogrammen anhand ihres Einschwingverhaltens - am Beispiel des Schienenpersonennahverkehrs

Chu, Friederike (2014)
Beurteilung von Störfallprogrammen anhand ihres Einschwingverhaltens - am Beispiel des Schienenpersonennahverkehrs.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Störungen sind im komplexen und von vielfältigen externen Einflüssen mitbestimmten Bahnbetrieb oft unvermeidbar und führen i. d. R. zu Abweichungen vom Fahrplan. Die Folgekosten von Störungen können sehr hoch sein, weshalb strukturierte Wege gefunden werden müssen, um Störungen im Schienenverkehr zu begegnen. Die Verwendung von vorab geplanten Störfallprogrammen zum Umgang mit Störungen im Schienenverkehr bietet vielerlei Vorteile, wie die Verkürzung der Reaktionszeit der Disposition und die Möglichkeit einer effizienten Kommunikation. Daher ist der Einsatz von Störfallprogrammen als Teil einer umfassenden Störfallmanagementstrategie im Schienenverkehr sinnvoll und wichtig.

Der Begriff Störfallprogramm (SFP) bezeichnet Handlungskonzepte für den Störungsfall im Schienenverkehr in deren Rahmen vorab ausgewählte und definierte Maßnahmen der Disposition, Kommunikation und Fahrgastlenkung umgesetzt werden. Störfallprogramme laufen in verschiedenen Phasen ab. Bisher fehlen Methoden zur Bewertung der verschiedenen Phasen von Störfallprogrammen in Bezug auf ihre Machbarkeit, Dauer und die zu erwartende betriebliche Qualität.

Der Zeitraum vom Zeitpunkt der Ausrufung eines Störfallprogramms bis zum Erreichen eines stabilen Störungszustands wird Einschwingphase genannt. Der Zeitraum vom Zeitpunkt der Aufhebung eines Störfallprogramms bis zum Erreichen des Regelbetriebs wird Ausschwingphase genannt. Der Verlauf der Einschwingphase bestimmt die Dauer, bis die stabile Phase erreicht ist, wobei das Erreichen eines des stabilen Zustands die Grundlage für eine erfolgreiche Ausschwingphase bildet. Aufgrund ihrer besonderen Bedeutung wird sich in der vorliegenden Arbeit auf die Betrachtung der Einschwingphase konzentriert. Zusätzlich erfolgt - aufgrund der verbreiteten Anwendung von Störfallprogrammen bei diesen Störungsarten - eine Betrachtung von Störungen, bei denen die Verfügbarkeit der Infrastruktur teilweise oder vollständig eingeschränkt ist.

Um das Einschwingverhalten von Störfallprogrammen abschätzen zu können, werden die Einflüsse auf die Einschwingphase identifiziert und quantifiziert. Neben den Einflussfaktoren Prozessqualität, Schulungsstand der Mitarbeiter und Vorhandensein von Reserven im Störungsfall ist der Auswahl und Gestaltung der Dispositionsmaßnahmen die größte Bedeutung zuzuschreiben. Dies ist in den besonderen Eigenschaften des Bahnbetriebs in Störungen, d. h. längeren Belegungszeiten und der schrittweise umgesetzten Abstellung überzähliger Züge in der Einschwingphase, begründet.

Die im Störungsfall zur Verfügung stehenden Dispositionsmaßnahmen lassen sich größtenteils auf die Hauptdispositionsmaßnahmen Teilausfall, Ausfall und Umleitung von Zügen oder Linien zurückführen. Hierbei erfordert die Dispositionsmaßnahme Teilausfall vorzeitige Wenden. Darauf aufbauend wird ein Vorgehen zur Berechnung des Belegungsgrads in Wendebahnhöfen erarbeitet, welches die bei Störfällen besonderen Eigenschaften der längeren Belegungszeiten und der schrittweise erfolgenden Reduktion der Zugzahlen in die Berechnungen einbezieht.

Der Belegungsgrad einzelner Gleise in Wendebahnhöfen ermöglicht es, verschiedene Lösungsmöglichkeiten vorab zu beurteilen. In Verbindung mit den ebenfalls in der Arbeit entwickelten Regeln und Richtwerten zur Machbarkeit von Störfallprogrammen ist es nun möglich, die Machbarkeit einzelner SFP-Lösungen bereits in der Planung abzuschätzen sowie diese Lösungen untereinander zu vergleichen. Zur Vervollständigung der Arbeit wird ein Ansatz zur Abschätzung der Dauer der Gesamtvorgänge bis zum Ende der Einschwingphase entwickelt.

Bisher wurden die Übergangsphase von einer Störung zum geregelten Störungsbetrieb im Allgemeinen unzureichend sowie die Einschwingphase von Störfallprogrammen im Speziellen weder in der Forschung noch in der Praxis behandelt. Dies erfolgt in der vorliegenden Arbeit. Weiterhin werden zum ersten Mal die besonderen Eigenschaften des Bahnbetriebs in Störungen und ihre Wirkung auf das Einschwingverhalten von Störfallprogrammen beschrieben und modelliert.

Die Erstellung von Störfallprogrammen kann durch die vorliegenden Ergebnisse deutlich verbessert werden. Durch die Vorabbeurteilung der Machbarkeit verringert sich der Anteil der "Versuch-Irrtum"-Vorgehensweise bei der Entwicklung und ersten Umsetzung konkreter Störfallprogramme. Folgen sind verkürzte Lernphasen bei der Umsetzung, bessere Betriebsqualität auch in Störungen sowie eine größere Akzeptanz des SFP-Konzeptes. Letztendlich wird dadurch die Attraktivität des Schienenpersonenverkehrs gesteigert, weshalb die vorliegende Arbeit auch einen kleinen Beitrag zur Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene leistet.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2014
Autor(en): Chu, Friederike
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Beurteilung von Störfallprogrammen anhand ihres Einschwingverhaltens - am Beispiel des Schienenpersonennahverkehrs
Sprache: Deutsch
Referenten: Oetting, Prof. Dr. Andreas ; Boltze, Prof. Dr. Manfred
Publikationsjahr: 2014
Ort: Darmstadt
Datum der mündlichen Prüfung: 9 April 2014
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/4146/1/FB13_FChu_Disser...
Kurzbeschreibung (Abstract):

Störungen sind im komplexen und von vielfältigen externen Einflüssen mitbestimmten Bahnbetrieb oft unvermeidbar und führen i. d. R. zu Abweichungen vom Fahrplan. Die Folgekosten von Störungen können sehr hoch sein, weshalb strukturierte Wege gefunden werden müssen, um Störungen im Schienenverkehr zu begegnen. Die Verwendung von vorab geplanten Störfallprogrammen zum Umgang mit Störungen im Schienenverkehr bietet vielerlei Vorteile, wie die Verkürzung der Reaktionszeit der Disposition und die Möglichkeit einer effizienten Kommunikation. Daher ist der Einsatz von Störfallprogrammen als Teil einer umfassenden Störfallmanagementstrategie im Schienenverkehr sinnvoll und wichtig.

Der Begriff Störfallprogramm (SFP) bezeichnet Handlungskonzepte für den Störungsfall im Schienenverkehr in deren Rahmen vorab ausgewählte und definierte Maßnahmen der Disposition, Kommunikation und Fahrgastlenkung umgesetzt werden. Störfallprogramme laufen in verschiedenen Phasen ab. Bisher fehlen Methoden zur Bewertung der verschiedenen Phasen von Störfallprogrammen in Bezug auf ihre Machbarkeit, Dauer und die zu erwartende betriebliche Qualität.

Der Zeitraum vom Zeitpunkt der Ausrufung eines Störfallprogramms bis zum Erreichen eines stabilen Störungszustands wird Einschwingphase genannt. Der Zeitraum vom Zeitpunkt der Aufhebung eines Störfallprogramms bis zum Erreichen des Regelbetriebs wird Ausschwingphase genannt. Der Verlauf der Einschwingphase bestimmt die Dauer, bis die stabile Phase erreicht ist, wobei das Erreichen eines des stabilen Zustands die Grundlage für eine erfolgreiche Ausschwingphase bildet. Aufgrund ihrer besonderen Bedeutung wird sich in der vorliegenden Arbeit auf die Betrachtung der Einschwingphase konzentriert. Zusätzlich erfolgt - aufgrund der verbreiteten Anwendung von Störfallprogrammen bei diesen Störungsarten - eine Betrachtung von Störungen, bei denen die Verfügbarkeit der Infrastruktur teilweise oder vollständig eingeschränkt ist.

Um das Einschwingverhalten von Störfallprogrammen abschätzen zu können, werden die Einflüsse auf die Einschwingphase identifiziert und quantifiziert. Neben den Einflussfaktoren Prozessqualität, Schulungsstand der Mitarbeiter und Vorhandensein von Reserven im Störungsfall ist der Auswahl und Gestaltung der Dispositionsmaßnahmen die größte Bedeutung zuzuschreiben. Dies ist in den besonderen Eigenschaften des Bahnbetriebs in Störungen, d. h. längeren Belegungszeiten und der schrittweise umgesetzten Abstellung überzähliger Züge in der Einschwingphase, begründet.

Die im Störungsfall zur Verfügung stehenden Dispositionsmaßnahmen lassen sich größtenteils auf die Hauptdispositionsmaßnahmen Teilausfall, Ausfall und Umleitung von Zügen oder Linien zurückführen. Hierbei erfordert die Dispositionsmaßnahme Teilausfall vorzeitige Wenden. Darauf aufbauend wird ein Vorgehen zur Berechnung des Belegungsgrads in Wendebahnhöfen erarbeitet, welches die bei Störfällen besonderen Eigenschaften der längeren Belegungszeiten und der schrittweise erfolgenden Reduktion der Zugzahlen in die Berechnungen einbezieht.

Der Belegungsgrad einzelner Gleise in Wendebahnhöfen ermöglicht es, verschiedene Lösungsmöglichkeiten vorab zu beurteilen. In Verbindung mit den ebenfalls in der Arbeit entwickelten Regeln und Richtwerten zur Machbarkeit von Störfallprogrammen ist es nun möglich, die Machbarkeit einzelner SFP-Lösungen bereits in der Planung abzuschätzen sowie diese Lösungen untereinander zu vergleichen. Zur Vervollständigung der Arbeit wird ein Ansatz zur Abschätzung der Dauer der Gesamtvorgänge bis zum Ende der Einschwingphase entwickelt.

Bisher wurden die Übergangsphase von einer Störung zum geregelten Störungsbetrieb im Allgemeinen unzureichend sowie die Einschwingphase von Störfallprogrammen im Speziellen weder in der Forschung noch in der Praxis behandelt. Dies erfolgt in der vorliegenden Arbeit. Weiterhin werden zum ersten Mal die besonderen Eigenschaften des Bahnbetriebs in Störungen und ihre Wirkung auf das Einschwingverhalten von Störfallprogrammen beschrieben und modelliert.

Die Erstellung von Störfallprogrammen kann durch die vorliegenden Ergebnisse deutlich verbessert werden. Durch die Vorabbeurteilung der Machbarkeit verringert sich der Anteil der "Versuch-Irrtum"-Vorgehensweise bei der Entwicklung und ersten Umsetzung konkreter Störfallprogramme. Folgen sind verkürzte Lernphasen bei der Umsetzung, bessere Betriebsqualität auch in Störungen sowie eine größere Akzeptanz des SFP-Konzeptes. Letztendlich wird dadurch die Attraktivität des Schienenpersonenverkehrs gesteigert, weshalb die vorliegende Arbeit auch einen kleinen Beitrag zur Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene leistet.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

In a complex system like railway transport, which is governed by a lot of different external influences, disruptions can often not be avoided and cause timetable deviations during operations. The costs resulting from disruptions in railway transport can be significant, which is the reason why structured ways in dealing with railway disruptions have to be found. The application of disruption programs offers different advantages when dealing with railway disruptions, like shorter reaction times for dispatchers and the possibility of communicating passenger information more efficiently. For this reason, disruption programs constitute an important part of any comprehensive disruption management concept in passenger railway transport.

Disruption programs are sets of pre-defined dispatching, communication and passenger routing measures in case of large (infrastructural) disruptions with the goal of ensuring stable operations during a disrupted situation. Disruption programs evolve in different phases. Until now, methods to evaluate the different phases of disruption programs in regard to their feasibility, duration and the expected operational quality are missing.

The transition phase - after the declaration of a disruption program until steady operations during the disruption are reached - is crucial and therfore the basis of a smooth return to regular operations after the disruption. Due to its particular importance, the work at hand concetrates on the transition phase of disruption programs. Furthermore, only disruptions causing limited infrastructure availability are considered further.

In order to estimate the behavior of the transition phase, the influencing factors are identified, quantified and modeled. Besides influencing factors like process quality, level of knowledge and training of operating personnel and the availability of additional resources, the most importance has to be attributed to the selection and configuration of the dispatching measures which form the disruption program. This is due to the special characteristics of railway operations during disruptions which are longer blocking times of the infrastructure and the stepwise reduction of surplus trains that are put into siding during the transition phase.

The available choice of possible dispatching measures during a disruption can be traced back to the major measures of partly canceling, canceling and rerouting trains. Here, the measure of partly canceling trains requires early turnings at other stations than during regular operations. Based on these assumptions, a method for calculating the occupancy rate in turning stations is elaborated, which considers the characteristics of longer blocking times and the stepwise reduction of the number of trains within the calculation.

The occupancy rates of single tracks in turning stations offers the possibility to evaluate different disruption programs. This reference number in combination with the developed rules and guidance figures helps to pre-assess the feasibility of disruption programs already during the planning phase and to compare different solutions. For completion, an approach to estimate the duration until the end of the transition phase is elaborated.

Until now, the transition phase between the beginning of a disruption and until a steady state is reached in general and the transition phase of disruption programs in particular have never been analysed before, neither in research nor in practice. The work at hand describes and models the special characteristics of railway operations during disruptions for the first time.

With the results at hand, the development of disruption programs can be improved significantly. The possibility of pre-assessing the feasibility reduces the share of trial-and-error-learning during the development and implementation of disruption programs. Results are shorter learning cycles, better operational quality during disruptions and a higher acceptance of the concept of disruption programs. The resulting increase in operational quality improves in turn the public image of passenger railway transport, why the work at hand contributes a small part to shift passenger traffic towards the railway sector.

Englisch
Freie Schlagworte: Störfallmanagement Schienenverkehr, Störfallprogramme, Infrastrukturkapazität im Störungsfall
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-41465
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften
13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr
13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr > Institut für Bahnsysteme und Bahntechnik
Hinterlegungsdatum: 21 Sep 2014 19:55
Letzte Änderung: 26 Okt 2018 13:14
PPN:
Referenten: Oetting, Prof. Dr. Andreas ; Boltze, Prof. Dr. Manfred
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 9 April 2014
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