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Untersuchungen zur Reparatur Methylmethansulfonat-induzierter DNA-Schäden

Ensminger, Michael (2011)
Untersuchungen zur Reparatur Methylmethansulfonat-induzierter DNA-Schäden.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Die DNA-schädigende Wirkung von alkylierenden Agenzien wie Methylmethansulfonat (MMS) wurde in den letzten Jahren intensiv untersucht. Einige Studien ergaben dabei Hinweise darauf, dass sich die schädigende Wirkung dieser Substanzen hauptsächlich während der S-Phase des Zellzyklus manifestiert. Diese Theorie kann anhand der meisten klassisch durchgeführten Untersuchungen wie Überlebensexperimenten oder chromosomalen Studien aber nicht überprüft werden, da diese technischen Ansätze lediglich eine Beurteilung der Wirkung eines Agenz auf die gesamte, untersuchte Zellpopulation erlauben. Daher wurde in dieser Arbeit ein Zellzyklus-spezifischer Ansatz zur Analyse MMS-induzierter DNA-Schäden etabliert. Dies wurde durch eine Kombination der γH2AX-Immunfluoreszenzanalyse mit einer Markierung replizierender Zellen durch halogenierte Thymidin-Analoga möglich. Mit Hilfe dieser Zellzyklus-spezifischen γH2AX-Analyse konnte bestätigt werden, dass γH2AX-Foci nach einer MMS-Behandlung fast ausschließlich während der S-Phase induziert werden. Dies stellt einen deutlichen Hinweis dafür dar, dass es nach einer MMS-Behandlung zur Ausbildung Replikations-assoziierter DNA-Schäden kommt. MMS-induzierte Basenmethylierungen werden durch die Basen-Exzisionsreparatur (BER) behoben, einem Prozess, der die temporäre Ausbildung von Einzelstrangbrüchen (SSB) beinhaltet. Durch die Untersuchung XRCC1-defizienter Zellen, welche die während der BER erzeugten SSBs akkumulieren, konnte in der vorliegenden Arbeit der Prozess der Ausbildung MMS-induzierter γH2AX-Foci genauer charakterisiert werden. Diese XRCC1-defizienten Zellen zeigten nach einer MMS-Behandlung eine deutlich erhöhte Induktion an γH2AX-Foci. Konsistent mit einer beschriebenen Hypersensitivität dieser Zellen gegenüber alkylierenden Agenzien verdeutlicht dieses Ergebnis, dass während der BER erzeugte SSBs zur Ausbildung von γH2AX-Foci nach MMS beitragen. Hier kann ein Prozess eines replication fork run-off postuliert werden, wenn Replikationsgabeln auf die temporär erzeugten SSBs treffen. Dabei kommt es zur Ausbildung ein-endiger Doppelstrangbrüche (DSB), die als γH2AX-Foci detektierbar werden. Die direkt durch MMS induzierten Basenmethylierungen tragen dagegen kaum zur Ausbildung von γH2AX-Foci nach MMS bei. Sie können aber Replikationsgabeln transient blockieren und führen somit zusammen mit den ein-endigen DSBs zu einer verlangsamten Progression MMS-behandelter Zellen durch die S-Phase. Zahlreiche Überlebensstudien in den letzten Jahren haben eine starke Empfindlichkeit von Zellen mit einer Defizienz im DSB-Reparaturprozess der Homologen Rekombination (HR) gegenüber MMS und anderen Alkylanzien beschrieben. Daher wird diesem Reparaturweg eine entscheidende Funktion bei der Reparatur MMS-induzierter Schäden zugeschrieben. Anhand der in dieser Arbeit angewandten Zellzyklus-spezifischen γH2AX-Immunfluoreszenzanalyse konnte diese Annahme nicht nur bestätigt werden, die erstellten γH2AX-Reparaturkinetiken verdeutlichen sogar eine Determinierung der nach einer MMS-Behandlung erzeug-ten ein-endigen DSBs für den HR-Weg. Eine Reparatur dieser Schäden über den Prozess der Nichthomologen End¬verknüpfung (NHEJ) ist dagegen selbst unter der Bedingung einer HR-Defizienz nicht möglich. Der Prozess der HR ist aber nicht für die Reparatur Replikations-abhängiger DSBs, wie sie nach MMS auftreten, von Bedeutung. Frühere Studien dieser Arbeitsgruppe demonstrierten eine essentielle Rolle des HR-Wegs für die Reparatur Heterochromatin-assoziierter DSBs nach einer Bestrahlung in der G2-Phase. Durch einen Vergleich des Reparaturverhaltens unterschiedlicher reparaturdefizienter Zelllinien nach einer MMS-Behandlung und nach einer Bestrahlung in der G2-Phase konnten in dieser Arbeit Unterschiede in den genetischen Anforderungen dieser beiden distinkten HR-Vorgänge detektiert werden. So besitzen die Kinase ATM und die Nuklease Artemis beispielweise essentielle Funktionen im heterochromatischen HR-Weg in der G2-Phase, für die HR-abhängige Reparatur ein-endiger DSBs nach einer MMS-Behandlung sind beide Proteine aber nicht von Bedeutung. Anhand durchflusszytometrischer Analysen wurde in dieser Arbeit auch der Einfluss einer MMS-Behandlung auf das Zellzyklusverhalten untersucht. Dabei wurden eine MMS-bedingte Verlangsamung der S-Phase-Progression sowie ein lang anhaltender Zellzyklus-Arrest in der Spät-S/G2-Phase detektiert. Der eingeleitete G2/M-Checkpoint ist dabei sehr effektiv, denn in mitotischen Zellen konnten nach einer MMS-Behandlung keine zusätzlichen Schäden in Form von γH2AX-Foci detektiert werden. Durch die Analyse unter¬schied¬licher Zellzyklus¬stadien in der S- und G2-Phase wurden in dieser Arbeit zudem deutliche Hinweise dafür erhalten, dass Wildtyp-Zellen nach einer MMS-Behandlung für sehr lange Zeit in einem späten Stadium der S-Phase persistieren. Ein Übergang in die G2-Phase und anschließend in die Mitose scheint erst dann möglich zu werden, wenn der Großteil der MMS-induzierten, ein-endigen DSBs repariert wurde. Auf HR-defiziente Zellen ist dieses Verhalten aber nicht uneingeschränkt übertragbar, denn diese Zellen können mit einer erhöhten Zahl unreparierter DSBs in die G2-Phase progressieren. Ein Übergang in die Mitose wird aber auch in HR-defizienten Zellen unterbunden. Worauf dieses unterschiedliche Zellzyklusverhalten von HR-defizienten und Wildtyp-Zellen basiert, ist noch unklar und wird Gegenstand weiterer Unter¬suchungen sein.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2011
Autor(en): Ensminger, Michael
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Untersuchungen zur Reparatur Methylmethansulfonat-induzierter DNA-Schäden
Sprache: Deutsch
Referenten: Löbrich, Prof. Dr. Markus ; Thiel, Prof. Dr. Gerhard
Publikationsjahr: 21 Dezember 2011
Datum der mündlichen Prüfung: 12 März 2012
URL / URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-31969
Kurzbeschreibung (Abstract):

Die DNA-schädigende Wirkung von alkylierenden Agenzien wie Methylmethansulfonat (MMS) wurde in den letzten Jahren intensiv untersucht. Einige Studien ergaben dabei Hinweise darauf, dass sich die schädigende Wirkung dieser Substanzen hauptsächlich während der S-Phase des Zellzyklus manifestiert. Diese Theorie kann anhand der meisten klassisch durchgeführten Untersuchungen wie Überlebensexperimenten oder chromosomalen Studien aber nicht überprüft werden, da diese technischen Ansätze lediglich eine Beurteilung der Wirkung eines Agenz auf die gesamte, untersuchte Zellpopulation erlauben. Daher wurde in dieser Arbeit ein Zellzyklus-spezifischer Ansatz zur Analyse MMS-induzierter DNA-Schäden etabliert. Dies wurde durch eine Kombination der γH2AX-Immunfluoreszenzanalyse mit einer Markierung replizierender Zellen durch halogenierte Thymidin-Analoga möglich. Mit Hilfe dieser Zellzyklus-spezifischen γH2AX-Analyse konnte bestätigt werden, dass γH2AX-Foci nach einer MMS-Behandlung fast ausschließlich während der S-Phase induziert werden. Dies stellt einen deutlichen Hinweis dafür dar, dass es nach einer MMS-Behandlung zur Ausbildung Replikations-assoziierter DNA-Schäden kommt. MMS-induzierte Basenmethylierungen werden durch die Basen-Exzisionsreparatur (BER) behoben, einem Prozess, der die temporäre Ausbildung von Einzelstrangbrüchen (SSB) beinhaltet. Durch die Untersuchung XRCC1-defizienter Zellen, welche die während der BER erzeugten SSBs akkumulieren, konnte in der vorliegenden Arbeit der Prozess der Ausbildung MMS-induzierter γH2AX-Foci genauer charakterisiert werden. Diese XRCC1-defizienten Zellen zeigten nach einer MMS-Behandlung eine deutlich erhöhte Induktion an γH2AX-Foci. Konsistent mit einer beschriebenen Hypersensitivität dieser Zellen gegenüber alkylierenden Agenzien verdeutlicht dieses Ergebnis, dass während der BER erzeugte SSBs zur Ausbildung von γH2AX-Foci nach MMS beitragen. Hier kann ein Prozess eines replication fork run-off postuliert werden, wenn Replikationsgabeln auf die temporär erzeugten SSBs treffen. Dabei kommt es zur Ausbildung ein-endiger Doppelstrangbrüche (DSB), die als γH2AX-Foci detektierbar werden. Die direkt durch MMS induzierten Basenmethylierungen tragen dagegen kaum zur Ausbildung von γH2AX-Foci nach MMS bei. Sie können aber Replikationsgabeln transient blockieren und führen somit zusammen mit den ein-endigen DSBs zu einer verlangsamten Progression MMS-behandelter Zellen durch die S-Phase. Zahlreiche Überlebensstudien in den letzten Jahren haben eine starke Empfindlichkeit von Zellen mit einer Defizienz im DSB-Reparaturprozess der Homologen Rekombination (HR) gegenüber MMS und anderen Alkylanzien beschrieben. Daher wird diesem Reparaturweg eine entscheidende Funktion bei der Reparatur MMS-induzierter Schäden zugeschrieben. Anhand der in dieser Arbeit angewandten Zellzyklus-spezifischen γH2AX-Immunfluoreszenzanalyse konnte diese Annahme nicht nur bestätigt werden, die erstellten γH2AX-Reparaturkinetiken verdeutlichen sogar eine Determinierung der nach einer MMS-Behandlung erzeug-ten ein-endigen DSBs für den HR-Weg. Eine Reparatur dieser Schäden über den Prozess der Nichthomologen End¬verknüpfung (NHEJ) ist dagegen selbst unter der Bedingung einer HR-Defizienz nicht möglich. Der Prozess der HR ist aber nicht für die Reparatur Replikations-abhängiger DSBs, wie sie nach MMS auftreten, von Bedeutung. Frühere Studien dieser Arbeitsgruppe demonstrierten eine essentielle Rolle des HR-Wegs für die Reparatur Heterochromatin-assoziierter DSBs nach einer Bestrahlung in der G2-Phase. Durch einen Vergleich des Reparaturverhaltens unterschiedlicher reparaturdefizienter Zelllinien nach einer MMS-Behandlung und nach einer Bestrahlung in der G2-Phase konnten in dieser Arbeit Unterschiede in den genetischen Anforderungen dieser beiden distinkten HR-Vorgänge detektiert werden. So besitzen die Kinase ATM und die Nuklease Artemis beispielweise essentielle Funktionen im heterochromatischen HR-Weg in der G2-Phase, für die HR-abhängige Reparatur ein-endiger DSBs nach einer MMS-Behandlung sind beide Proteine aber nicht von Bedeutung. Anhand durchflusszytometrischer Analysen wurde in dieser Arbeit auch der Einfluss einer MMS-Behandlung auf das Zellzyklusverhalten untersucht. Dabei wurden eine MMS-bedingte Verlangsamung der S-Phase-Progression sowie ein lang anhaltender Zellzyklus-Arrest in der Spät-S/G2-Phase detektiert. Der eingeleitete G2/M-Checkpoint ist dabei sehr effektiv, denn in mitotischen Zellen konnten nach einer MMS-Behandlung keine zusätzlichen Schäden in Form von γH2AX-Foci detektiert werden. Durch die Analyse unter¬schied¬licher Zellzyklus¬stadien in der S- und G2-Phase wurden in dieser Arbeit zudem deutliche Hinweise dafür erhalten, dass Wildtyp-Zellen nach einer MMS-Behandlung für sehr lange Zeit in einem späten Stadium der S-Phase persistieren. Ein Übergang in die G2-Phase und anschließend in die Mitose scheint erst dann möglich zu werden, wenn der Großteil der MMS-induzierten, ein-endigen DSBs repariert wurde. Auf HR-defiziente Zellen ist dieses Verhalten aber nicht uneingeschränkt übertragbar, denn diese Zellen können mit einer erhöhten Zahl unreparierter DSBs in die G2-Phase progressieren. Ein Übergang in die Mitose wird aber auch in HR-defizienten Zellen unterbunden. Worauf dieses unterschiedliche Zellzyklusverhalten von HR-defizienten und Wildtyp-Zellen basiert, ist noch unklar und wird Gegenstand weiterer Unter¬suchungen sein.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

The toxic and mutagenic effects of alkylating agents like methyl methanesulfonate (MMS) were intensively investigated over the last decades. Some studies indicated that MMS develops its toxic effect only during the S phase of the cell cycle. The most commonly used techniques to analyze the effects of MMS were survival assays or chromosomal studies. However, these techniques only allow an estimation of the impact of MMS on the whole cell population. The theory of a S-phase mediated effect of MMS cannot be confirmed by these assays. In this study, therefore, a cell-cycle specific assay was established by combi¬ning the technique of γH2AX immunofluorescence analysis with a labeling of replicating cells with halogenated analogues of thymidin. By using this cell-cycle specific approach it was possible to confirm the theory that MMS-induced γH2AX foci are only induced during S-phase indicating that MMS-induced DNA damage is arising in a replication dependent manner. MMS-induced base methylations are repaired via base excision repair (BER), a process that involves the transient induction of DNA single-strand breaks (SSB). By analyzing XRCC1-deficient cells, which accumulate these SSBs, the process of γH2AX foci formation after MMS treatment was characterized in more detail. After MMS treatment XRCC1-deficient cells showed strong¬ly elevated γH2AX foci levels indicating that SSBs induced during BER contribute to the formation of γH2AX foci after MMS. These results are consistent with several studies demonstrating a hypersensitivity of these cell lines against alkylating agents. After MMS, a model of a replication fork run-off process can be postulated when replication forks encounter transiently induced SSBs leading to the formation of one-ended DSBs that can be visualized as γH2AX foci. In contrast to SSBs, MMS-induced base methylations do not contribute to γH2AX foci formation. Nevertheless, these lesions can transiently block replication forks. Although this process is normally not associated with the formation of one-ended DSBs, it does contribute to a slowdown of S-phase progression after MMS treatment. Over the last years, many different studies showed a hypersensitivity of cells with a defect in the DSB repair process homologous recombination (HR) against MMS indicating an essential role of HR in the repair of MMS-induced DNA damage. Here, this notion was confirmed by using the cell-cycle specific γH2AX immunofluorescence analysis. The kinetics of formation and repair of γH2AX foci after MMS treatment demonstrate that MMS-induced one-ended DSBs are determined for the HR repair process. Repairing these DSBs via non-homologous end-joining (NHEJ) is not possible, even under conditions when HR is defective. HR is not only important for the repair of replication dependent DSBs. Previous studies in our group revealed an essential role of HR for the repair of heterochromatin-associated DSBs induced by ionizing radiation in the G2 phase. Here, the genetic requirements of these two distinct sub-pathways of HR were compared by analyzing the γH2AX kinetics in different mutant cell lines. The results show that the kinase ATM and the nuclease Artemis are essential factors for the HR-dependent repair of heterochromatic DSBs in G2 phase, whereas both proteins are dispensable for the repair of MMS-induced one-ended DSBs during S phase. This demonstrates that the two HR pathways show differences in the factors involved. Base methylations and replication-associated one-ended DSBs have an impact on the cell-cycle behavior after MMS treatment. By FACS analysis, a MMS-mediated slowdown in S-phase progression and a prolonged cell-cycle arrest in late S/G2-phase were observed. The G2/M-checkpoint seems to be very efficient after MMS treatment because there were no additional γH2AX foci detected in mitotic cells after MMS. Furthermore, different cell-cycle stages in S and G2 phase were analyzed in this study and the results indicate that MMS-treated cells stay in a late stage of S phase until most of the MMS-induced one-ended DSBs are repaired. In contrast to this, HR deficient cells were able to progress to G2 phase with elevated levels of persisting DSBs. The molecular base for this different behavior of wildtype and HR-deficient cells is not clear yet and will be further investigated.

Englisch
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften, Biologie
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 10 Fachbereich Biologie > Radiation Biology and DNA Repair
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10 Fachbereich Biologie
Hinterlegungsdatum: 06 Dez 2012 15:22
Letzte Änderung: 05 Mär 2013 10:04
PPN:
Referenten: Löbrich, Prof. Dr. Markus ; Thiel, Prof. Dr. Gerhard
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 12 März 2012
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