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Vegetationsökologische Untersuchungen zum Management und zur Restitution von Feuchtgrünland

Fritsch, Marcus (2012)
Vegetationsökologische Untersuchungen zum Management und zur Restitution von Feuchtgrünland.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Die Vegetation von extensiv bewirtschaftetem Feuchtgrünland ist aufgrund der Veränderungen in der Kulturlandschaft hin zur intensiven Landnutzung im Laufe der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts als sehr gefährdet anzusehen. Meliorationsmaßnahmen sowie starke Nährstoffzufuhr durch Düngung veränderten die Standortbedingungen für eine Nutzung von produktivem Intensivgrünland mit einer meist Süßgras-dominierten, artenarmen Flora. Aufgrund des Artenreichtums und vieler bedrohter Planzenarten stellen der Schutz verbliebener Vorkommen extensiven Feuchtgrünlands sowie die Restitution neuer Gebiete einen Schwerpunkt wissenschaftlicher Studien und Restitutionprojekte dar. Ungünstiges Wasserregime sowie hohe Nährstoffverfügbarkeit sind dabei abiotische, Samenlimitation aufgrund fehlender Populationen sowie hoher Flächenfragmentierung biotische Hindernisse für die Restitution. Geeignete Restitutionsmaßnahmen sowie ein angepasstes Flächenmanagement bilden somit die Voraussetzungen zum Erhalt naturschutzfachlich hochwertigen Extensivgrünlands. Im Rahmen des Erprobungs- und Entwicklungsvorhabens (E+E) „Ried und Sand“ wurden Untersuchungen zum Management und zur Restitution von Grünlandflächen des Hessischen Rieds im Gebiet der Altneckarschlingen durchgeführt. Als Leitbild für die wechsel-feuchten Flächen diente ein Cirsio tuberosi-Molinietum im NSG „Mönchbruch“. Die Fragestellungen befassen sich mit der Entwicklung der Vegetation unter dem Einfluss extensiver Beweidung, der Qualität/Quantität der Vegetation unter dem Aspekt der Tierernährung sowie der Etablierung von Zielarten des Leitbilds auf Art- bzw. „Community“-Ebene unter Anwendung von Oberbodenabtrag und experimentellem Transfer verschiedener Inokulationsmaterialien. Die Analyse der Vegetation (Kapitel 3) führte zur Bestimmung der vorherrschenden Standortfaktoren sowie der Effekte der extensiven Beweidung und moderater Restitutionsmaßnahmen auf den untersuchten Grünlandflächen. Die Ergebnisse wiesen deutliche Unterschiede in den Feuchtigkeitsverhältnissen der Untersuchungsflächen auf, welche sich in der vorherrschenden Vegetation widerspiegeln und durch Messungen des Bodenwassergehaltes zusätzlich dokumentiert wurden. Daneben konnte ein Produktivitätsgradient im Vergleich mit dem Leitbild definiert werden. Untersuchungen auf Standardflächen zeigten, dass extensive Schafbeweidung den Status quo der Vegetation strukturell aufrechterhalten und die Phytodiversität tendenziell erhöhen kann. Bei Brache kam es zur raschen Sukzession mit Streuakkumulation, Rückgang von Gräsern und Zunahme von Kräutern sowie der Ausbildung einer Strauchschicht. Schafbeweidung stellt ein geeignetes Management zur Offenhaltung der Flächen dar, Zielarten des Molinion oder der Molinetalia sowie gefährdete Arten stellten sich nicht ein. Die Effekte der Rinderbeweidung waren inkonsistent, so kam es zur Verbrachung aufgrund zu geringer Intensität sowie dem Erhalt des Status quo. Die Phytodiversität nahm im Vergleich zur Brache leicht zu bzw. blieb gleich, ohne Vorkommen von Zielarten. Punktuelle moderate Restitutionsmaßnahmen mit geringem Oberbodenabtrag und Inokulation ergaben eine Steigerung der Diversität mit verbreiteten Grünland- und Ruderalarten und nur wenigen Zielarten. Fräsen, anstatt des Oberbodenabtrags, führte zu weniger ausgeprägten Effekten, und die Phytodiversität konnte nur leicht gesteigert werden. Die Sukzession junger Ackerbrachen führte beginnend mit kurzlebigen Segetal- und Ruderalarten über ausdauernde, krautige Ruderalfluren zu Gräser-dominierter Vegetation. Eine Inokulation bewirkte eine deutlich erhöhte Artenzahl zumeist durch weit verbreitete Grünlandarten. Ein weiterer Aspekt des extensiven Grünlandmanagements ist eine ausgewogene Ernährung der Weidetiere, welche deren langfristige Gesundheit sicherstellt. Diese ist von der verfügbaren Phytomasse sowie deren Qualität abhängig und kann eventuell durch angepasstes Weidemanagement verbessert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Phytomasseproduktion sowie deren Qualität zum „Peak-Standing-Crop“-Zeitpunkt verschiedener Grünlandtypen im Hessischen Ried und eines Leitbilds untersucht (Kapitel 4). Vegetationsparameter, die Phytomasseproduktion sowie die ruminale Stickstoffbilanz, Rohfaser, Rohprotein, Mineralstoffe (Calcium, Kalium, Magnesium, Natrium und Phosphor) und der Energiegehalt (umsetzbare Energie, Nettoenergie-Laktation) verschiedener Grünlandtypen und des Leitbilds wurden analysiert. Die Grünlandtypen unterschieden sich nur gering, und die Versorgung der Weidetiere konnte als gut eingeschätzt werden, teilweise mit unzureichender Natrium- sowie Phosphor-Verfügbarkeit. In ruderalisierten Beständen kam es zu erhöhten Stickstoffgehalten, welche bei ungünstigem Weidemanagement toxisch wirken können. Das Leitbild zeigte geringere Phytomasseproduktion und leichte Defizite bei Rohproteingehalt, der ruminalen Stickstoffbilanz sowie Kalium und Phosphor im Vergleich zur Riedvegetation. Im Falle einer kleinflächigen Restitution der Zielgesellschaft im Hessischen Ried kompensieren verbleibende Grünlandflächen eine mögliche Unterversorgung von Phosphor und Natrium und ermöglichen so ein längerfristiges Management durch den Weideverbund. Bei einem geplanten Weideverbund von „Sand“- und „Ried“-Flächen innerhalb des E+E-Projektgebietes besitzt das „Ried“ eine bedeutende Rolle für die Tierernährung. Abiotische, z.B. Nährstoffverfügbarkeit, sowie biotische Faktoren, z. B. Samenlimitierung, sind für eine Restitution artenreichen Grünlands zu berücksichtigen. Daher untersuchte eine Pilotstudie die Keimung, Etablierung und Vitalität von Zielarten auf Artebene in Abhängigkeit der Bodenabtragstiefe (Kapitel 5). Die Applikation der Diasporen wurde auf einem Bodentiefegradient bzw. auf Bodenabtragsflächen durchgeführt. Neben der Entwicklung der Einzelarten wurden die floristische Struktur der spontan aufgetretenen Vegetation sowie der Aufbau der Diasporenbank untersucht. Die Keimung und Etablierung der eingebrachten Zielarten auf den Teilflächen verlief bei fast allen Untersuchungsansätzen günstig. Während bei 10 cm Abtragstiefe nicht alle Zielarten erfolgreich keimen bzw. sich etablieren konnten, ermöglichten tiefere Bodenabtragungen die Etablierung aller applizierten Zielarten. Zu trockene Bedingungen führten zum Ausbleiben der Keimung bei Carex tomentosa, während zu nasse Bedingungen mit sehr langen Überstauungsereignissen besonders von Galium wirtgenii und Linum catharticum nicht toleriert wurden. Cirsium tuberosum nahm eine intermediäre Stellung ein. Die höchste Etablierungsrate und Vitalität aller Zielarten wurde bei 25 bzw. 40 cm Abtragstiefe erreicht. Im Laufe der vier Untersuchungsjahre wurden eine flächenhafte Ausbreitung der Zielarten sowie der beginnende Aufbau einer Diasporenbank nachverfolgt. Eine Ansiedlung nach endozoochorer Ausbreitung durch Schafe kam mit Sicherheit nur bei Galium wirtgenii vor, Carex tomentosa keimte nicht, und bei Linum catharticum konnte eine sekundäre Inokulation nicht ausgeschlossen werden. Zumindest für Galium wirtgenii können Schafe als Vektoren via Endozoochorie dienen und eine Austauschdynamik von Diasporen gewährleisten. Die Maßnahme des Transfers von Inokulationsmaterial eines Cirsio tuberosi-Molinietum (Knollenkratzdistel-Pfeifengraswiese) zur Überwindung der Samenlimitierung wurde in Kapitel 6 auf “Community“-Ebene untersucht. Inokuliert wurde mit frischem Mahdgut bzw. Rechgut und neben der Etablierung der Zielgesellschaft wurden Potenziale, wie z. B. Diversität des Artenpools, analysiert. Die experimentellen Ansätze umfassten zwei Inokulationsstreifen und einen Kontrollstreifen auf einer Restitutionsfläche, deren Oberboden zuvor abgetragen wurde. Beide Inokulationsansätze zeigten eine Etablierung von Zielarten nach zwei Jahren. Im ersten Jahr wurde ein deutliches Zielartenaufkommen verzeichnet, während im darauffolgenden Jahr ein leichter Rückgang, vermutlich aufgrund nasser Witterung und langer Überstauungsereignisse, auftrat und sich Bestände nasser Ausprägung entwickelten. Der Vergleich der Inokulationsmaterialien ergab ein höheres Potenzial des Rechguts, welches eine höhere Diversität an Diasporen aufwies. Zurückzuführen ist dies möglicherweise auf eine Retention der Diasporen in den im Rechgut befindlichen Moos- bzw. Streufraktionen. Frisches Mahdgut enthielt teils hohe Abundanzen von Zielarten, welche zum Mahdzeitpunkt fruchteten. Weiteres Monitoring erscheint angebracht, da nach zwei Jahren die Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Auch ein angemessenes Management der Fläche, z. B. durch ein einschüriges Mahd-Weide-System, ist notwendig, um die Entwicklung und den Fortbestand der etablierten Zielgesellschaft zu gewährleisten. Insgesamt konnte die vorliegende Arbeit zeigen, dass extensives Management mit Beweidung den strukturellen Status quo von Grünlandflächen des Hessischen Rieds, welche durch das vorherrschende Wasserregime sowie hohe Nährstoffverfügbarkeit charakterisiert sind, aufrechterhalten kann und diese Grünlandflächen eine gute Ernährung der Weidetiere gewährleisten, sowie geringere Futterqualität von höherwertigen Offenlandsystemen, z. B. Sandrasen, in einem Weideverbund kompensieren. Eine deutliche naturschutzfachliche Verbesserung und Erhöhung der Phytodiversität, konnte das Management allein nicht gewährleisten. Hier können die Restitutionsmaßnahmen Oberbodenabtrag in Verbindung mit dem Transfer von Inokulationsmaterial zu einer Etablierung der punktuell angestrebten Zielgesellschaft auf “Community“-Ebene führen. Besonders der Transfer von Rechgut stellt eine erfolgsversprechende Möglichkeit dar. Die mögliche Verküpfung solcher kleinflächigen Restitutionsflächen durch das vorhandene Weidemanagement sichert die Tierernährung und kann z. B. via Endozoochorie die Aufwertung weiterer Grünlandflächen des Hessischen Rieds bedeuten. Im Weideverbund des E+E-Vorhabens mit naturschutzfachlich hochwertigen Sandrasen kompensieren die vorhandenen Grünlandflächen die geringere Phytomasseproduktion sowie –qualität und verbessern die Bedingungen des Weidemanagement.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2012
Autor(en): Fritsch, Marcus
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Vegetationsökologische Untersuchungen zum Management und zur Restitution von Feuchtgrünland
Sprache: Deutsch
Referenten: Schwabe-Kratochwil, Prof. Dr. Angelika ; Blüthgen, Prof. Dr. Nico
Publikationsjahr: 28 September 2012
Datum der mündlichen Prüfung: 20 April 2012
URL / URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-29697
Kurzbeschreibung (Abstract):

Die Vegetation von extensiv bewirtschaftetem Feuchtgrünland ist aufgrund der Veränderungen in der Kulturlandschaft hin zur intensiven Landnutzung im Laufe der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts als sehr gefährdet anzusehen. Meliorationsmaßnahmen sowie starke Nährstoffzufuhr durch Düngung veränderten die Standortbedingungen für eine Nutzung von produktivem Intensivgrünland mit einer meist Süßgras-dominierten, artenarmen Flora. Aufgrund des Artenreichtums und vieler bedrohter Planzenarten stellen der Schutz verbliebener Vorkommen extensiven Feuchtgrünlands sowie die Restitution neuer Gebiete einen Schwerpunkt wissenschaftlicher Studien und Restitutionprojekte dar. Ungünstiges Wasserregime sowie hohe Nährstoffverfügbarkeit sind dabei abiotische, Samenlimitation aufgrund fehlender Populationen sowie hoher Flächenfragmentierung biotische Hindernisse für die Restitution. Geeignete Restitutionsmaßnahmen sowie ein angepasstes Flächenmanagement bilden somit die Voraussetzungen zum Erhalt naturschutzfachlich hochwertigen Extensivgrünlands. Im Rahmen des Erprobungs- und Entwicklungsvorhabens (E+E) „Ried und Sand“ wurden Untersuchungen zum Management und zur Restitution von Grünlandflächen des Hessischen Rieds im Gebiet der Altneckarschlingen durchgeführt. Als Leitbild für die wechsel-feuchten Flächen diente ein Cirsio tuberosi-Molinietum im NSG „Mönchbruch“. Die Fragestellungen befassen sich mit der Entwicklung der Vegetation unter dem Einfluss extensiver Beweidung, der Qualität/Quantität der Vegetation unter dem Aspekt der Tierernährung sowie der Etablierung von Zielarten des Leitbilds auf Art- bzw. „Community“-Ebene unter Anwendung von Oberbodenabtrag und experimentellem Transfer verschiedener Inokulationsmaterialien. Die Analyse der Vegetation (Kapitel 3) führte zur Bestimmung der vorherrschenden Standortfaktoren sowie der Effekte der extensiven Beweidung und moderater Restitutionsmaßnahmen auf den untersuchten Grünlandflächen. Die Ergebnisse wiesen deutliche Unterschiede in den Feuchtigkeitsverhältnissen der Untersuchungsflächen auf, welche sich in der vorherrschenden Vegetation widerspiegeln und durch Messungen des Bodenwassergehaltes zusätzlich dokumentiert wurden. Daneben konnte ein Produktivitätsgradient im Vergleich mit dem Leitbild definiert werden. Untersuchungen auf Standardflächen zeigten, dass extensive Schafbeweidung den Status quo der Vegetation strukturell aufrechterhalten und die Phytodiversität tendenziell erhöhen kann. Bei Brache kam es zur raschen Sukzession mit Streuakkumulation, Rückgang von Gräsern und Zunahme von Kräutern sowie der Ausbildung einer Strauchschicht. Schafbeweidung stellt ein geeignetes Management zur Offenhaltung der Flächen dar, Zielarten des Molinion oder der Molinetalia sowie gefährdete Arten stellten sich nicht ein. Die Effekte der Rinderbeweidung waren inkonsistent, so kam es zur Verbrachung aufgrund zu geringer Intensität sowie dem Erhalt des Status quo. Die Phytodiversität nahm im Vergleich zur Brache leicht zu bzw. blieb gleich, ohne Vorkommen von Zielarten. Punktuelle moderate Restitutionsmaßnahmen mit geringem Oberbodenabtrag und Inokulation ergaben eine Steigerung der Diversität mit verbreiteten Grünland- und Ruderalarten und nur wenigen Zielarten. Fräsen, anstatt des Oberbodenabtrags, führte zu weniger ausgeprägten Effekten, und die Phytodiversität konnte nur leicht gesteigert werden. Die Sukzession junger Ackerbrachen führte beginnend mit kurzlebigen Segetal- und Ruderalarten über ausdauernde, krautige Ruderalfluren zu Gräser-dominierter Vegetation. Eine Inokulation bewirkte eine deutlich erhöhte Artenzahl zumeist durch weit verbreitete Grünlandarten. Ein weiterer Aspekt des extensiven Grünlandmanagements ist eine ausgewogene Ernährung der Weidetiere, welche deren langfristige Gesundheit sicherstellt. Diese ist von der verfügbaren Phytomasse sowie deren Qualität abhängig und kann eventuell durch angepasstes Weidemanagement verbessert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Phytomasseproduktion sowie deren Qualität zum „Peak-Standing-Crop“-Zeitpunkt verschiedener Grünlandtypen im Hessischen Ried und eines Leitbilds untersucht (Kapitel 4). Vegetationsparameter, die Phytomasseproduktion sowie die ruminale Stickstoffbilanz, Rohfaser, Rohprotein, Mineralstoffe (Calcium, Kalium, Magnesium, Natrium und Phosphor) und der Energiegehalt (umsetzbare Energie, Nettoenergie-Laktation) verschiedener Grünlandtypen und des Leitbilds wurden analysiert. Die Grünlandtypen unterschieden sich nur gering, und die Versorgung der Weidetiere konnte als gut eingeschätzt werden, teilweise mit unzureichender Natrium- sowie Phosphor-Verfügbarkeit. In ruderalisierten Beständen kam es zu erhöhten Stickstoffgehalten, welche bei ungünstigem Weidemanagement toxisch wirken können. Das Leitbild zeigte geringere Phytomasseproduktion und leichte Defizite bei Rohproteingehalt, der ruminalen Stickstoffbilanz sowie Kalium und Phosphor im Vergleich zur Riedvegetation. Im Falle einer kleinflächigen Restitution der Zielgesellschaft im Hessischen Ried kompensieren verbleibende Grünlandflächen eine mögliche Unterversorgung von Phosphor und Natrium und ermöglichen so ein längerfristiges Management durch den Weideverbund. Bei einem geplanten Weideverbund von „Sand“- und „Ried“-Flächen innerhalb des E+E-Projektgebietes besitzt das „Ried“ eine bedeutende Rolle für die Tierernährung. Abiotische, z.B. Nährstoffverfügbarkeit, sowie biotische Faktoren, z. B. Samenlimitierung, sind für eine Restitution artenreichen Grünlands zu berücksichtigen. Daher untersuchte eine Pilotstudie die Keimung, Etablierung und Vitalität von Zielarten auf Artebene in Abhängigkeit der Bodenabtragstiefe (Kapitel 5). Die Applikation der Diasporen wurde auf einem Bodentiefegradient bzw. auf Bodenabtragsflächen durchgeführt. Neben der Entwicklung der Einzelarten wurden die floristische Struktur der spontan aufgetretenen Vegetation sowie der Aufbau der Diasporenbank untersucht. Die Keimung und Etablierung der eingebrachten Zielarten auf den Teilflächen verlief bei fast allen Untersuchungsansätzen günstig. Während bei 10 cm Abtragstiefe nicht alle Zielarten erfolgreich keimen bzw. sich etablieren konnten, ermöglichten tiefere Bodenabtragungen die Etablierung aller applizierten Zielarten. Zu trockene Bedingungen führten zum Ausbleiben der Keimung bei Carex tomentosa, während zu nasse Bedingungen mit sehr langen Überstauungsereignissen besonders von Galium wirtgenii und Linum catharticum nicht toleriert wurden. Cirsium tuberosum nahm eine intermediäre Stellung ein. Die höchste Etablierungsrate und Vitalität aller Zielarten wurde bei 25 bzw. 40 cm Abtragstiefe erreicht. Im Laufe der vier Untersuchungsjahre wurden eine flächenhafte Ausbreitung der Zielarten sowie der beginnende Aufbau einer Diasporenbank nachverfolgt. Eine Ansiedlung nach endozoochorer Ausbreitung durch Schafe kam mit Sicherheit nur bei Galium wirtgenii vor, Carex tomentosa keimte nicht, und bei Linum catharticum konnte eine sekundäre Inokulation nicht ausgeschlossen werden. Zumindest für Galium wirtgenii können Schafe als Vektoren via Endozoochorie dienen und eine Austauschdynamik von Diasporen gewährleisten. Die Maßnahme des Transfers von Inokulationsmaterial eines Cirsio tuberosi-Molinietum (Knollenkratzdistel-Pfeifengraswiese) zur Überwindung der Samenlimitierung wurde in Kapitel 6 auf “Community“-Ebene untersucht. Inokuliert wurde mit frischem Mahdgut bzw. Rechgut und neben der Etablierung der Zielgesellschaft wurden Potenziale, wie z. B. Diversität des Artenpools, analysiert. Die experimentellen Ansätze umfassten zwei Inokulationsstreifen und einen Kontrollstreifen auf einer Restitutionsfläche, deren Oberboden zuvor abgetragen wurde. Beide Inokulationsansätze zeigten eine Etablierung von Zielarten nach zwei Jahren. Im ersten Jahr wurde ein deutliches Zielartenaufkommen verzeichnet, während im darauffolgenden Jahr ein leichter Rückgang, vermutlich aufgrund nasser Witterung und langer Überstauungsereignisse, auftrat und sich Bestände nasser Ausprägung entwickelten. Der Vergleich der Inokulationsmaterialien ergab ein höheres Potenzial des Rechguts, welches eine höhere Diversität an Diasporen aufwies. Zurückzuführen ist dies möglicherweise auf eine Retention der Diasporen in den im Rechgut befindlichen Moos- bzw. Streufraktionen. Frisches Mahdgut enthielt teils hohe Abundanzen von Zielarten, welche zum Mahdzeitpunkt fruchteten. Weiteres Monitoring erscheint angebracht, da nach zwei Jahren die Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Auch ein angemessenes Management der Fläche, z. B. durch ein einschüriges Mahd-Weide-System, ist notwendig, um die Entwicklung und den Fortbestand der etablierten Zielgesellschaft zu gewährleisten. Insgesamt konnte die vorliegende Arbeit zeigen, dass extensives Management mit Beweidung den strukturellen Status quo von Grünlandflächen des Hessischen Rieds, welche durch das vorherrschende Wasserregime sowie hohe Nährstoffverfügbarkeit charakterisiert sind, aufrechterhalten kann und diese Grünlandflächen eine gute Ernährung der Weidetiere gewährleisten, sowie geringere Futterqualität von höherwertigen Offenlandsystemen, z. B. Sandrasen, in einem Weideverbund kompensieren. Eine deutliche naturschutzfachliche Verbesserung und Erhöhung der Phytodiversität, konnte das Management allein nicht gewährleisten. Hier können die Restitutionsmaßnahmen Oberbodenabtrag in Verbindung mit dem Transfer von Inokulationsmaterial zu einer Etablierung der punktuell angestrebten Zielgesellschaft auf “Community“-Ebene führen. Besonders der Transfer von Rechgut stellt eine erfolgsversprechende Möglichkeit dar. Die mögliche Verküpfung solcher kleinflächigen Restitutionsflächen durch das vorhandene Weidemanagement sichert die Tierernährung und kann z. B. via Endozoochorie die Aufwertung weiterer Grünlandflächen des Hessischen Rieds bedeuten. Im Weideverbund des E+E-Vorhabens mit naturschutzfachlich hochwertigen Sandrasen kompensieren die vorhandenen Grünlandflächen die geringere Phytomasseproduktion sowie –qualität und verbessern die Bedingungen des Weidemanagement.

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Due to changes in cultural landscapes which intensified the land use within the second half of the last century, the vegetation of extensively managed moist grassland became more and more endangered. Melioration as well as strong nutrient inputs by fertilisation changed the site conditions to productive, intensively managed grassland with an often species-poor vegetation, dominated by species of the family Poaceae. Because of the high phytodiversity and the many endangered plant species in the remaining extensively managed moist grassland areas, protection and restoration of these areas have become the focus of scientific studies and restoration projects. An unfavourable water regime as well as a high nutrient availability are abiotic obstacles, while seed limitation caused by the lack of populations and a high fragmentation of the plots are biotic obstacles to the restoration. Therefore, adequate restoration methods and an adjusted management of the areas are important conditions for the protection of extensively managed grassland with a high nature-conservation value. Within the scope of the testing and development (T+D) project “Ried und Sand”, investigations of the management and restoration of grassland areas in the “Hessian Ried” were carried out in the area of former meanders of the Neckar. Cirsio tuberosi-Molinietum vegetation in the nature protection area “Mönchbruch” served as a target area. The aspects treated in this thesis are related to the development of the vegetation in extensively grazed areas, the quantity and quality of the phytomass with respect to animal nutrition, and the establishment of target species (by means of topsoil removal and experimental transfer of different types of inoculation material) on species and community levels. The investigation of the vegetation (Chapter 3) succeeded in specifying the main site-conditions as well as the effects of extensive grazing and moderate restoration methods on the investigated plots. The differences in soil moisture of the plots, which are reflected in the composition of the vegetation, could be ascertained by perennial measurements. Additionally, a productivity gradient could be defined with reference to the target area. Investigation on standard plots showed that sheep grazing maintains the vegetation structure and tends to increase phytodiversity. On fallow land, a rapid succession occurred, which led to litter accumulation, reduction of grasses, increase of herbs and formation of a shrub layer. Grazing is an appropriate measure to ensure an open landscape, but it did not result in the establishment of either Molinion and Molinietalia species or endangered species. The effects of cattle grazing were very different. On one site the grazing intensity was so low in the plot areas that it didn’t have consistent effects and fallow stages occurred which maintained the status quo. The species number showed a small increase, or at least no decrease, compared to control plots. However, rare or endangered species were not favoured. Moderate restoration methods with a slight topsoil removal and inoculation led to an increase of phytodiversity due to an establishment of ubiquitous grassland and ruderal species, but only very few target species. When the rotary tiller was employed instead of topsoil removal, the effects were less pronounced and phytodiversity was also slightly increased. On young ex-arable land, succession led from a stage of annual weeds and ruderals to a stage with perennial ruderals and to stands which were dominated by graminoids. Inoculation brought about a considerable increase in species number, but mostly of widespread grassland species. Another aspect of extensive grassland management is a balanced livestock nutrition which guarantees health and welfare of the grazing animals in the long run. This depends on the quantity as well as the quality of the available phytomass and can probably be improved by an adjusted grazing management. As part of this thesis, the phytomass production and its quality at the time of peak standing crop of different grassland types in the “Hessian Ried” and a target area was investigated (Chapter 4). Vegetation parameters, phytomass production as well as ruminal nitrogen budget (RNB), contents of crude fibre, crude protein, minerals (calcium, potassium, magnesium, sodium and phosphorus) and energy content (metabolizable energy, net energy content for lactation) of the vegetation of different grassland types and the target area were analysed. The grassland types were only slightly different and the animal nutrition could be qualified as good, sometimes with an insufficient availability of sodium and phosphorus. Ruderalised areas showed an increased nitrogen content, which can be toxic in some cases. The target area was characterised by a lower phytomass production and slightly reduced crude protein contents, RNB and contents of potassium and phosphorus compared to the “Ried”-areas. In case the target communities are restored in only small areas of the “Hessian Ried”, remaining grassland areas can compensate a possibly insufficient supply of phosphorus and sodium and thus enable long-term management within the grazing system. In the case of a grazing system including “Ried” and “Sand” areas within the investigation area of the Testing and Development-Project “Ried und Sand”, the “Ried”-areas play an important role for animal nutrition. Abiotic factors such as nutrient availability as well as biotic factors such as seed limitation are to be considered for the restoration of grassland. In a pilot study we analysed germination, establishment and vitality of target species depending on topsoil removal depth (Chapter 5). Seed addition was arranged on a gradient of soil removal and topsoil-removed plots. Besides the development of these single species, we analysed the floristic structure of the spontaneous vegetation and the establishment of a seedbank. Germination and establishment of the seeded target species was mainly successful in all approaches. Target species germinated and established themselves weakly at a soil removal depth of 10 cm, but very successfully at 25-40 cm depth. Carex tomentosa was not able to germinate and establish in the dryer parts of the gradient, whereas too-wet conditions with long, persistent watering were not tolerated by Galium wirtgenii and Linum catharticum. Cirsium tuberosum occupied an intermediate position. An optimal establishment rate and vitality of the four target species was attained between 25 and 40 cm depth. In the course of our four-year study we documented the spread of the target species as well as the beginning of the establishment of a seed bank. Only Galium wirtgenii clearly germinated and established itself successfully after endozoochorous dispersal by sheep. Carex tomentosa didn’t germinate and for Linum catharticum we were not able to exclude secondary inoculation. At least for Galium sheep may play a role as vectors to guarantee diaspore dynamics between the areas. We further investigated the biotic measure of inoculation of a Cirsio tuberosi-Molinietum to overcome seed-limitation on community level after topsoil removal in the area of the “Hessian Ried” (Chapter 6). The inoculation was carried out with fresh mown or raked material. In addition to the establishment of the target community, the potentials of different inoculation materials, including the diversity of their species-pool, could be assessed as well. The experimental design comprised two inoculation stripes and one control stripe on a restoration site with previous topsoil removal. The establishment of target species of the Cirsio-Molinietum was monitored in both inoculation approaches after two years. In the first year a clear emergence of target species was recorded, whereas next year a small decrease occurred, probably due to wet weather conditions and prolonged inundation events. Therefore, there was a development of stands with wet soil conditions. Comparison of the two inoculation materials showed a higher restoration potential of raked material, which had a higher diversity of seed species. This is probably caused by the retention of seeds in the bryophyte and/or litter fraction of this inoculation material. In contrast, mown material contained partially a higher abundance of target species, which fructified at mowing date. Further monitoring of the established populations of both experimental approaches seems advisable, because the development is probably not yet completed after two years. An appropriate extensive management of the site, e. g. a mowing-grazing system, is also necessary to ensure the development and survival of the established target plant community. Altogether this thesis shows that an extensive grazing management can maintain the structural status quo of grassland areas in the “Hessian Ried”, which is characterised by the predominant water regime and high nutrient availability. These grassland areas provide good animal nutrition and can compensate for grassland with phytomass of less nutritional quality but with higher conservation values, such as sand-ecosystems, within one grazing system. A significant improvement of nature conservation values and an increase of phytodiversity could not be guaranteed by the management. Here, the restoration methods topsoil removal in combination with the transfer of inoculation material can lead to an establishment of the target-community on species- as well as community-level. Especially the transfer of raked material is a promising method. The possible connection of such scattered restoration areas by the existing grazing system guarantees animal nutrition and can improve further grassland areas in the “Hessian Ried”, e. g via endozoochory. In the grazing system of the T+D-project the existing grassland areas can compensate for the lower phytomass production and quality of sand ecosystems with high nature conservation values, and thus improve the conditions of the whole grazing management.

Englisch
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften, Biologie
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 10 Fachbereich Biologie
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10 Fachbereich Biologie > Vegetationsökologie und Restitution
Hinterlegungsdatum: 01 Okt 2012 15:30
Letzte Änderung: 05 Mär 2013 10:03
PPN:
Referenten: Schwabe-Kratochwil, Prof. Dr. Angelika ; Blüthgen, Prof. Dr. Nico
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 20 April 2012
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