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Abschätzung der Kohlenstoffspeicherung und –freisetzung in Seen Europas: Ein Beitrag zur Eingrenzung der fehlenden Senke im globalen Kohlenstoffkreislauf

Kastowski, Martin (2011)
Abschätzung der Kohlenstoffspeicherung und –freisetzung in Seen Europas: Ein Beitrag zur Eingrenzung der fehlenden Senke im globalen Kohlenstoffkreislauf.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Die Rolle von Seen innerhalb des globalen Kohlenstoffkreislaufes ist bisher weitgehend unbeachtet geblieben. Globale oder großräumige Abschätzungen der C-Stoffflüsse von Seen sind selten und ungenau. Dabei sind Seen wichtige Reaktoren in Bezug auf Kohlenstoffverbindungen und können durch Sedimentation am Seeboden Kohlenstoff dauerhaft dem Kohlenstoffkreislauf entziehen. An der Seeoberfläche wird unter anderem CO2 und CH4 mit der Atmosphäre ausgetauscht. Dadurch können Seen sowohl als Kohlenstoffquelle wie auch als –senke in Bezug zur Atmosphäre fungieren. Innerhalb dieser Arbeit wurde sowohl der Austausch von CO2 und der Seeoberfläche als auch die C-Sedimentation in den Seen Europas untersucht und eine Abschätzung der Stoffflüsse vorgenommen. Zu diesem Zweck wurde eine räumliche, statistische Analyse verfügbarer relevanter Daten mit den Eigenschaften von Seen und ihrer Einzugsgebiete durchgeführt. Zusätzlich erfolgten eine Berechnung der absoluten Seefläche Europas und eine Detailbetrachtung von Beispielseen. Bei bisherigen überregionalen bzw. globalen Schätzungen der Oberfläche von Seen wurde davon ausgegangen, dass diese vorrangig von großen Seen dominiert wird. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Bedeutung kleiner Seen massiv unterschätzt wurde. Die Berechnung der Seefläche angelehnt an einer Pareto-Verteilung ergab für Europa eine absolute Seefläche von etwa 240 000 km2 die von knapp 300 000 Seen gebildet wird. Über 100 000 km2 Seefläche können dabei Seen <5 km2 zugeschrieben werden. Im Allgemeinen geben Seen CO2 an die Atmosphäre ab und fungieren als Kohlenstoffquelle. Lediglich während Phasen erhöhter Primärproduktion, vorrangig während der Algenblüten im Frühjahr und Herbst wird temporär CO2 aus der Atmosphäre aufgenommen. Dabei sind diese jahreszeitlichen Schwankungen in den CO2-Konzentrationen des Oberflächenwassers relativ regelmäßig, werden allerdings immer wieder von Einzelereignissen besonders starker CO2 Emission unterbrochen. Als mögliche Ursachen dieser Ereignisse konnten der erhöhte allochthone C-Eintrag infolge starker Regenfälle oder unregelmäßige Durchmischung des Seekörpers identifiziert werden. Es konnte innerhalb dieser Arbeit keine signifikante Korrelation zwischen dem CO2 Austausch an der Oberfläche und den See- bzw. Einzugsgebietseigenschaften ermittelt werden. Besonders hohe durchschnittliche CO2-Konzentrationen sind vor allem in kleinen Seen zu finden. Die Extrapolation der analysierten CO2-Daten auf die europäische Seefläche unter Berücksichtigung der Eisbedeckung ergab eine jährliche C-Emission von 17 Mio t a-1 in Form von CO2. Die Speicherung von Kohlenstoff im Sediment ist deutlich geringer als die Abgabe an die Atmosphäre. Die obersten 20 cm des Seesedimentes wurden bei dieser Untersuchung nicht berücksichtigt, da in diesem Bereich noch starke Aufarbeitung des organischen Materials erfolgt. In den meisten Seen ist sowohl die Akkumulationsrate von Kohlenstoff als auch die allgemeine Feststoffakkumulation in Laufe der letzten 10 000 Jahre deutlich gestiegen. Das Einsetzen der erhöhten Sedimentakkumulation korreliert grob mit dem Beginn des Neolithikums und damit der Umstellung der menschlichen Lebensgewohnheiten auf Sesshaftigkeit mit betriebenen Vieh- und Ackerbau. Die räumliche Analyse der Daten ergibt eine Korrelation der C-Akkumulation mit der Seegröße und dem Anteil der landwirtschaftlichen Nutzung im Einzugsgebiet und bestätigt somit den Verdacht der massiven anthropogenen Beeinflussung der Seesedimentation. Diese Korrelation wurde für die Extrapolation auf Europa verwendet und so eine C Akkumulation von 1,25 Mio t a-1 errechnet. Seen entziehen somit dem Kohlenstoffkreislauf nur in geringen Mengen Kohlenstoff. Verglichen mit anderen C-Speichern wie z.B. den Böden handelt es sich jedoch um eine sehr stabile langfristige Senke. Wesentlich bedeutender für den Kohlenstoffkreislauf ist die Abgabe von CO2 über die Seeoberfläche. Der freigesetzte Kohlenstoff entstammt größtenteils Böden und Vegetation der Einzugsgebiete der Seen und wurde vermutlich in geologisch kurzen Zeiträumen der Atmosphäre entzogen und ihr nun wieder zugeführt. Extrapoliert man die Ergebnisse innerhalb einer Überschlagsrechnung global, so ergibt sich eine C-Speicherung von 0,022 Gt a-1 in Seesedimenten und eine C-Emission von 0,3 Gt a-1.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2011
Autor(en): Kastowski, Martin
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Abschätzung der Kohlenstoffspeicherung und –freisetzung in Seen Europas: Ein Beitrag zur Eingrenzung der fehlenden Senke im globalen Kohlenstoffkreislauf
Sprache: Deutsch
Referenten: Hinderer, Prof. Dr. Matthias ; Kempe, Prof. Dr. Stephan
Publikationsjahr: 22 Juli 2011
Datum der mündlichen Prüfung: 7 Juli 2001
URL / URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-26876
Kurzbeschreibung (Abstract):

Die Rolle von Seen innerhalb des globalen Kohlenstoffkreislaufes ist bisher weitgehend unbeachtet geblieben. Globale oder großräumige Abschätzungen der C-Stoffflüsse von Seen sind selten und ungenau. Dabei sind Seen wichtige Reaktoren in Bezug auf Kohlenstoffverbindungen und können durch Sedimentation am Seeboden Kohlenstoff dauerhaft dem Kohlenstoffkreislauf entziehen. An der Seeoberfläche wird unter anderem CO2 und CH4 mit der Atmosphäre ausgetauscht. Dadurch können Seen sowohl als Kohlenstoffquelle wie auch als –senke in Bezug zur Atmosphäre fungieren. Innerhalb dieser Arbeit wurde sowohl der Austausch von CO2 und der Seeoberfläche als auch die C-Sedimentation in den Seen Europas untersucht und eine Abschätzung der Stoffflüsse vorgenommen. Zu diesem Zweck wurde eine räumliche, statistische Analyse verfügbarer relevanter Daten mit den Eigenschaften von Seen und ihrer Einzugsgebiete durchgeführt. Zusätzlich erfolgten eine Berechnung der absoluten Seefläche Europas und eine Detailbetrachtung von Beispielseen. Bei bisherigen überregionalen bzw. globalen Schätzungen der Oberfläche von Seen wurde davon ausgegangen, dass diese vorrangig von großen Seen dominiert wird. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Bedeutung kleiner Seen massiv unterschätzt wurde. Die Berechnung der Seefläche angelehnt an einer Pareto-Verteilung ergab für Europa eine absolute Seefläche von etwa 240 000 km2 die von knapp 300 000 Seen gebildet wird. Über 100 000 km2 Seefläche können dabei Seen <5 km2 zugeschrieben werden. Im Allgemeinen geben Seen CO2 an die Atmosphäre ab und fungieren als Kohlenstoffquelle. Lediglich während Phasen erhöhter Primärproduktion, vorrangig während der Algenblüten im Frühjahr und Herbst wird temporär CO2 aus der Atmosphäre aufgenommen. Dabei sind diese jahreszeitlichen Schwankungen in den CO2-Konzentrationen des Oberflächenwassers relativ regelmäßig, werden allerdings immer wieder von Einzelereignissen besonders starker CO2 Emission unterbrochen. Als mögliche Ursachen dieser Ereignisse konnten der erhöhte allochthone C-Eintrag infolge starker Regenfälle oder unregelmäßige Durchmischung des Seekörpers identifiziert werden. Es konnte innerhalb dieser Arbeit keine signifikante Korrelation zwischen dem CO2 Austausch an der Oberfläche und den See- bzw. Einzugsgebietseigenschaften ermittelt werden. Besonders hohe durchschnittliche CO2-Konzentrationen sind vor allem in kleinen Seen zu finden. Die Extrapolation der analysierten CO2-Daten auf die europäische Seefläche unter Berücksichtigung der Eisbedeckung ergab eine jährliche C-Emission von 17 Mio t a-1 in Form von CO2. Die Speicherung von Kohlenstoff im Sediment ist deutlich geringer als die Abgabe an die Atmosphäre. Die obersten 20 cm des Seesedimentes wurden bei dieser Untersuchung nicht berücksichtigt, da in diesem Bereich noch starke Aufarbeitung des organischen Materials erfolgt. In den meisten Seen ist sowohl die Akkumulationsrate von Kohlenstoff als auch die allgemeine Feststoffakkumulation in Laufe der letzten 10 000 Jahre deutlich gestiegen. Das Einsetzen der erhöhten Sedimentakkumulation korreliert grob mit dem Beginn des Neolithikums und damit der Umstellung der menschlichen Lebensgewohnheiten auf Sesshaftigkeit mit betriebenen Vieh- und Ackerbau. Die räumliche Analyse der Daten ergibt eine Korrelation der C-Akkumulation mit der Seegröße und dem Anteil der landwirtschaftlichen Nutzung im Einzugsgebiet und bestätigt somit den Verdacht der massiven anthropogenen Beeinflussung der Seesedimentation. Diese Korrelation wurde für die Extrapolation auf Europa verwendet und so eine C Akkumulation von 1,25 Mio t a-1 errechnet. Seen entziehen somit dem Kohlenstoffkreislauf nur in geringen Mengen Kohlenstoff. Verglichen mit anderen C-Speichern wie z.B. den Böden handelt es sich jedoch um eine sehr stabile langfristige Senke. Wesentlich bedeutender für den Kohlenstoffkreislauf ist die Abgabe von CO2 über die Seeoberfläche. Der freigesetzte Kohlenstoff entstammt größtenteils Böden und Vegetation der Einzugsgebiete der Seen und wurde vermutlich in geologisch kurzen Zeiträumen der Atmosphäre entzogen und ihr nun wieder zugeführt. Extrapoliert man die Ergebnisse innerhalb einer Überschlagsrechnung global, so ergibt sich eine C-Speicherung von 0,022 Gt a-1 in Seesedimenten und eine C-Emission von 0,3 Gt a-1.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

Large amounts of carbon entering lakes via stream inflow, mostly as DOC, are subject of diverse altering processes resulting in carbon sedimentation or degassing as CO2 or CH4. Carbon sedimentation in lakes is one of the rare natural processes that withdraw carbon from the atmosphere and store it permanently for geological time scales. On the other hand lakes seem to be generally CO2 oversaturated and thus function as carbon sources with respect to the atmosphere. Because of their minor spatial coverage lakes are mostly neglected in studies concerning the global carbon cycle. So far estimates of carbon fluxes or even the spatial coverage of lakes are very imprecise. Based on sedimentation data from 183 lakes and surface water data from 1495 lakes in Europe a detailed GIS analysis was carried out to identify controlling factors of carbon sedimentation and CO2 gas exchange with the atmosphere. Results were used for a pan-European estimate of resulting carbon fluxes. Additionally, the European lake area was recalculated especially considering the role of small lakes that has been largely underestimated. We calculated a total European lake area of 240 000 km2 consisting of over 300 000 lakes larger 0.1 km2. This is ca. 40 % more than found in existing lake databases. Carbon accumulation in lake sediments is generally low although it can reach considerable rates in individual small lakes. Comparatively high accumulations rates used for previous estimates are not reflected in our data. Mean carbon accumulation in small lakes is exceeding those in large ones. Pre-historic and historic human impact such as soil erosion raised carbon sedimentation in many lakes due to higher input of allochthonous material and thus a better preservation of organic matter. Further, recent eutrophication of lakes can cause increased carbon sediment concentrations. Because the affected layers are still exposed to degradation the long-term effect remain uncertain. The Holocene long-term mean of total European carbon accumulation in lake sediments was estimated at 1.25 Mio t a-1. CO2 evasion via the lake surface is exceeding the long-term carbon storage in sediments by more than an order of magnitude. CO2 concentrations in lake surface water are strongly varying with time. Almost all lakes showed periodical variations due to primary productivity with low CO2 concentrations during algae bloom. Undersaturation was only occasionally reached in accordant spring or autumn. Erratic events like strong precipitation, ice break up or unusual water mixing may lead to enormous oversaturation resulting in high CO2 emissions. These events are mainly affecting the total budget and are at the same time a source of major errors in estimates because of insufficient sampling intervals in most lakes. We estimated an emission of 17 Mio t a-1 C as CO2 from European lakes.

Englisch
Freie Schlagworte: Seen, Europa, Kohlenstoff, CO2, Sedimentation
Schlagworte:
Einzelne SchlagworteSprache
Lakes, Europe, carbon, CO2, sedimentationEnglisch
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 550 Geowissenschaften
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 11 Fachbereich Material- und Geowissenschaften
11 Fachbereich Material- und Geowissenschaften > Geowissenschaften
Hinterlegungsdatum: 27 Jul 2011 07:25
Letzte Änderung: 05 Mär 2013 09:51
PPN:
Referenten: Hinderer, Prof. Dr. Matthias ; Kempe, Prof. Dr. Stephan
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 7 Juli 2001
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Lakes, Europe, carbon, CO2, sedimentationEnglisch
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