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Auswirkungen von α-Strahlung auf Stamm- und Vorläuferzellen des humanen Lungenepithels

Röder, Kim Carola (2022)
Auswirkungen von α-Strahlung auf Stamm- und Vorläuferzellen des humanen Lungenepithels.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.26083/tuprints-00019519
Dissertation, Erstveröffentlichung, Verlagsversion

Kurzbeschreibung (Abstract)

Das Bronchialepithel der Lunge gilt als besonders strahlungssensitiv und besteht aus verschiedenen Zelltypen, die durch Mutationen zur Tumorgenese von Lungenkrebs entarten können. Als Auslöser für Lungenkrebs sind hauptsächlich Rauchen und Radon verantwortlich. Auf der anderen Seite wird Radon auch zur Therapie von verschiedenen chronischen entzündlichen Erkrankungen eingesetzt. Der genaue Wirkmechanismus von Radon ist noch nicht geklärt, der zum einen krebsinduzierend sein kann und zum anderen chronisch entzündliche Krankheiten therapiert. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Auswirkung von α-Partikeln im Vergleich zu Röntgenstrahlung auf die Stammzellen des humanen Bronchialepithels untersucht. Hierzu wurde die Kultivierung der undifferenzierten primären humanen Bronchialepithelzellen (NHBE) und deren Differenzierung in der Air Liquid Interface (ALI) Kultur zu einem organotypischen Bronchialepithel etabliert. Um interindividuelle Unterschiede von Strahlungseffekten zu untersuchen, wurden die NHBE von zwei Spendern verwendet. Die undifferenzierten Zellen wurden mit α-Partikel (0,25 - 1,00 Gy) und Röntgenstrahlen (0,5 - 4,0 Gy) bestrahlt und auf das Zellüberleben, die Proliferation, Genexpression (zelltypspezifisch, Seneszenz- und Entzündungsmarker) und ihre Differenzierungseigenschaften analysiert. Das aus bestrahlten NHBE (0,25 und 0,5 Gy α-Partikel und 0,5 und 2,0 Gy Röntgenstrahlung) resultierende Bronchialepithel wurde anschließend auf seine Funktionalität in Bezug auf Selbstreinigungseigenschaften und Integrität der Barriereeigenschaften untersucht. Die α-Partikel und Röntgenbestrahlung führt bei den undifferenzierten NHBE zu einer reduzierten Koloniebildung, reduzierten Proliferation, Induktion der p21 Seneszenz und einer verstärkten Differenzierung der Basalzellen in Becherzellen, verglichen mit den scheinbestrahlten NHBE. Dabei bewirkten α-Partikel einen drei bis fünfmal stärkeren Effekt als die gleiche Dosis an Röntgenstrahlung. Eine deutlich vermehrte Apoptose oder Autophagie der NHBE wurde nach Strahlenexposition nicht beobachtet. Die NHBE beider Spender unterschieden sich in ihren Wachstumseigenschaften, aber nicht in der Strahlenantwort, mit Ausnahme des Zellüberlebens nach Röntgenstrahlung. Wurden die NHBE nach Bestrahlung in der ALI Kultur in Epithelien differenziert zeigte sich im Verlauf der Differenzierung eine gestiegene Expression des Becherzellmarkers MUC5AC und des proinflammatorischen Interleukins IL1β, sowie eine verspätete Expression des Markers FOXJ1 für zilientragende Zellen, im Vergleich zur Kontrolle. Bei dem Einfluss auf die Expression der verschiedenen Marker im Laufe der Differenzierung führten 0,5 Gy α-Partikel zu einer geringeren oder gar keiner Veränderung als 2,0 Gy Röntgenstrahlung. Interindividuelle Unterschiede waren bei der Expression von FOXJ1 und der Intensität des Strahleneinflusses bei MUC5AC und der Clubzellen festzustellen, während es bei den anderen Markern keinen Unterschied gab. Die Expression der Marker für Basalzellen, Seneszenz und Autophagie wurde durch die Strahlung nicht verändert. Die Epithelien, welche aus 0,5 Gy α-Partikeln und 2,0 Gy Röntgenstrahlung bestrahlten NHBE differenziert wurden, zeigten eine verschlechterte Selbstreinigung und eine gesunkene Permeabilität im Vergleich zur Kontrolle. Eine Ursache für die gesunkene Permeabilität wurde noch nicht identifiziert.

Zusammenfassend zeigen die Experimente, dass NHBE als Strahlenantwort ihre Proliferation einstellen und differenzieren, um die Weitergabe von Schäden an ihre Nachkommen zu verhindern. Die Strahlung fördert die Expression von MUC5AC und inhibiert die FOXJ1 Expression, was zu einer verzögert einsetzenden Ziliogenese führt. Das Ungleichgewicht dieser Differenzierung spiegelt sich in der verschlechterten Selbstreinigung wider. Übertragen auf den Menschen, bedeutet eine reduzierte Selbstreinigung eine Begünstigung von Infektionen, chronischen Lungenerkrankungen und Karzinogenese. Die anhaltende Expression von IL1β deutet auf eine anhaltende Entzündungsreaktion hin. Eine Entzündung steigert in vivo das ROS Level und dereguliert dadurch die Homöostase der Bronchialzellen, induziert genetische Instabilität und begünstigt somit zusätzlich die Karzinogenese. Die beschriebenen Effekte traten nur bei 0,5 Gy α-Partikeln oder 2,0 Gy Röntgenstrahlung, wie Röntgenstrahlung in der Radiotherapie genutzt wird, auf. Während niedrigere Dosen, welche deutlich über der von gängigen radiologischen Untersuchungen oder einer Radontherapie lagen, keinen signifikanten Einfluss auf das Epithel hatten.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2022
Autor(en): Röder, Kim Carola
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Auswirkungen von α-Strahlung auf Stamm- und Vorläuferzellen des humanen Lungenepithels
Sprache: Deutsch
Referenten: Durante, Prof. Dr. Marco ; Thiel, Prof. Dr. Gerhard
Publikationsjahr: 2022
Ort: Darmstadt
Kollation: 86, cxxii Seiten
Datum der mündlichen Prüfung: 26 November 2021
DOI: 10.26083/tuprints-00019519
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/19519
Kurzbeschreibung (Abstract):

Das Bronchialepithel der Lunge gilt als besonders strahlungssensitiv und besteht aus verschiedenen Zelltypen, die durch Mutationen zur Tumorgenese von Lungenkrebs entarten können. Als Auslöser für Lungenkrebs sind hauptsächlich Rauchen und Radon verantwortlich. Auf der anderen Seite wird Radon auch zur Therapie von verschiedenen chronischen entzündlichen Erkrankungen eingesetzt. Der genaue Wirkmechanismus von Radon ist noch nicht geklärt, der zum einen krebsinduzierend sein kann und zum anderen chronisch entzündliche Krankheiten therapiert. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Auswirkung von α-Partikeln im Vergleich zu Röntgenstrahlung auf die Stammzellen des humanen Bronchialepithels untersucht. Hierzu wurde die Kultivierung der undifferenzierten primären humanen Bronchialepithelzellen (NHBE) und deren Differenzierung in der Air Liquid Interface (ALI) Kultur zu einem organotypischen Bronchialepithel etabliert. Um interindividuelle Unterschiede von Strahlungseffekten zu untersuchen, wurden die NHBE von zwei Spendern verwendet. Die undifferenzierten Zellen wurden mit α-Partikel (0,25 - 1,00 Gy) und Röntgenstrahlen (0,5 - 4,0 Gy) bestrahlt und auf das Zellüberleben, die Proliferation, Genexpression (zelltypspezifisch, Seneszenz- und Entzündungsmarker) und ihre Differenzierungseigenschaften analysiert. Das aus bestrahlten NHBE (0,25 und 0,5 Gy α-Partikel und 0,5 und 2,0 Gy Röntgenstrahlung) resultierende Bronchialepithel wurde anschließend auf seine Funktionalität in Bezug auf Selbstreinigungseigenschaften und Integrität der Barriereeigenschaften untersucht. Die α-Partikel und Röntgenbestrahlung führt bei den undifferenzierten NHBE zu einer reduzierten Koloniebildung, reduzierten Proliferation, Induktion der p21 Seneszenz und einer verstärkten Differenzierung der Basalzellen in Becherzellen, verglichen mit den scheinbestrahlten NHBE. Dabei bewirkten α-Partikel einen drei bis fünfmal stärkeren Effekt als die gleiche Dosis an Röntgenstrahlung. Eine deutlich vermehrte Apoptose oder Autophagie der NHBE wurde nach Strahlenexposition nicht beobachtet. Die NHBE beider Spender unterschieden sich in ihren Wachstumseigenschaften, aber nicht in der Strahlenantwort, mit Ausnahme des Zellüberlebens nach Röntgenstrahlung. Wurden die NHBE nach Bestrahlung in der ALI Kultur in Epithelien differenziert zeigte sich im Verlauf der Differenzierung eine gestiegene Expression des Becherzellmarkers MUC5AC und des proinflammatorischen Interleukins IL1β, sowie eine verspätete Expression des Markers FOXJ1 für zilientragende Zellen, im Vergleich zur Kontrolle. Bei dem Einfluss auf die Expression der verschiedenen Marker im Laufe der Differenzierung führten 0,5 Gy α-Partikel zu einer geringeren oder gar keiner Veränderung als 2,0 Gy Röntgenstrahlung. Interindividuelle Unterschiede waren bei der Expression von FOXJ1 und der Intensität des Strahleneinflusses bei MUC5AC und der Clubzellen festzustellen, während es bei den anderen Markern keinen Unterschied gab. Die Expression der Marker für Basalzellen, Seneszenz und Autophagie wurde durch die Strahlung nicht verändert. Die Epithelien, welche aus 0,5 Gy α-Partikeln und 2,0 Gy Röntgenstrahlung bestrahlten NHBE differenziert wurden, zeigten eine verschlechterte Selbstreinigung und eine gesunkene Permeabilität im Vergleich zur Kontrolle. Eine Ursache für die gesunkene Permeabilität wurde noch nicht identifiziert.

Zusammenfassend zeigen die Experimente, dass NHBE als Strahlenantwort ihre Proliferation einstellen und differenzieren, um die Weitergabe von Schäden an ihre Nachkommen zu verhindern. Die Strahlung fördert die Expression von MUC5AC und inhibiert die FOXJ1 Expression, was zu einer verzögert einsetzenden Ziliogenese führt. Das Ungleichgewicht dieser Differenzierung spiegelt sich in der verschlechterten Selbstreinigung wider. Übertragen auf den Menschen, bedeutet eine reduzierte Selbstreinigung eine Begünstigung von Infektionen, chronischen Lungenerkrankungen und Karzinogenese. Die anhaltende Expression von IL1β deutet auf eine anhaltende Entzündungsreaktion hin. Eine Entzündung steigert in vivo das ROS Level und dereguliert dadurch die Homöostase der Bronchialzellen, induziert genetische Instabilität und begünstigt somit zusätzlich die Karzinogenese. Die beschriebenen Effekte traten nur bei 0,5 Gy α-Partikeln oder 2,0 Gy Röntgenstrahlung, wie Röntgenstrahlung in der Radiotherapie genutzt wird, auf. Während niedrigere Dosen, welche deutlich über der von gängigen radiologischen Untersuchungen oder einer Radontherapie lagen, keinen signifikanten Einfluss auf das Epithel hatten.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

The bronchial epithelium of the lung is considered to be particularly sensitive to radiation. It consists of different cell types that can develop into lung cancer cells through mutations. The main triggers for lung cancer are smoking and radon. On the other hand, radon is also used in the therapy of various chronic inflammatory diseases. The exact mechanism of action of radon is not yet clear. On the one hand it can be cancer inducing and on the other hand it is used for treating chronic inflammatory diseases. In this work, the effect of α-particles compared to X-rays on the stem cells of human bronchial epithelium were studied. For this purpose, the cultivation of undifferentiated primary human bronchial epithelial (NHBE) cells and their differentiation in air liquid interface (ALI) culture to an organotypic bronchial epithelium was established. To investigate interindividual differences of radiation effects, NHBE from two donors were used. The undifferentiated cells were irradiated with α-particles (0.25 - 1.00 Gy) and X-rays (0.5 - 4.0 Gy) and analyzed for cell survival, proliferation, gene expression (cell type specific, senescence and inflammation markers) and their differentiation properties. The bronchial epithelium resulting from irradiated NHBE (0.25 and 0.5 Gy α-particles and 0.5 and 2.0 Gy X-rays) was then evaluated for its functionality in terms of self-cleaning properties and integrity of barrier properties. The exposure of undifferentiated NHBE to α-particles and X-rays resulted in reduced colony formation, reduced proliferation, induction of p21 senescence, and increased differentiation of basal cells into goblet cells, but α-particles produced an effect three to five times stronger than the same dose of X-ray irradiation. Apoptosis or autophagy were not altered by irradiation compared with sham-irradiated cells. NHBE from both donors differed in growth characteristics but not in radiation response, except for cell survival after X-ray irradiation.

When the irradiated NHBE were differentiated into epithelia in ALI culture, increased expression of the goblet cell marker MUC5AC and the proinflammatory interleukin IL1β, as well as delayed expression of the ciliary cell marker FOXJ1, was seen during the course of differentiation compared with the control. 0.5 Gy α-particles resulted in less or no change than 2.0 Gy of x-rays, regarding the expression of the various markers during expression. Interindividual differences were seen in the expression of FOXJ1 and the intensity of radiation influence in MUC5AC and the club cells. In contrast there was no difference in the other markers. The expression of the markers for basal cells, senescence, and autophagy was not altered by radiation. Epithelia differentiated from 0.5 Gy α-particles and 2.0 Gy X-ray irradiated NHBE showed impaired mucociliary clearance and decreased permeability compared with the control. A cause for the decreased permeability has not yet been identified.

In summary, the experiments show that NHBE cease proliferation and differentiate in response to radiation to prevent the transmission of damage to their progeny. Radiation enhances MUC5AC expression and inhibits FOXJ1 expression, resulting in delayed onset of ciliogenesis. The dysregulation of the differentiation progress is reflected in the reduced mucociliary clearance. Translated to humans, reduced self-clearance fosters infections, chronic lung disease, and carcinogenesis. Persistent expression of IL1β indicates a sustained inflammatory response. In vivo inflammation increases ROS levels, thereby deregulating bronchial cell homeostasis, inducing genetic instability, and thus further promoting carcinogenesis. The described effects occurred only with 0.5 Gy α-particles or 2.0 Gy X-rays, as X-rays are used in radiotherapy. Lower doses, which were significantly higher than those of common radiological examinations or radon therapy, had no significant effect on the epithelium.

Englisch
Status: Verlagsversion
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-195197
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 500 Naturwissenschaften
500 Naturwissenschaften und Mathematik > 530 Physik
500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften, Biologie
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 10 Fachbereich Biologie
10 Fachbereich Biologie > Stammzell- und Entwicklungsbiologie
Hinterlegungsdatum: 09 Feb 2022 15:05
Letzte Änderung: 10 Feb 2022 06:37
PPN:
Referenten: Durante, Prof. Dr. Marco ; Thiel, Prof. Dr. Gerhard
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 26 November 2021
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