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Untersuchung der lokalen und langreichweitigen Wasserdynamik in eingeschränkten Geometrien

Weigler, Max (2020)
Untersuchung der lokalen und langreichweitigen Wasserdynamik in eingeschränkten Geometrien.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.25534/tuprints-00011882
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Trotz langjähriger intensiver Forschung an Wasser sind nach wie vor viele physikalische Eigenschaften dieser außergewöhnlichen Flüssigkeit unverstanden. Für Wasser werden zahlreiche Anomalien hinsichtlich thermodynamischer und dynamischer Eigenschaften beobachtet, welche beim Herunterkühlen besonders deutlich hervortreten. Hinweise für die Ursachen dieser Anomalien werden im tief unterkühlten Temperaturbereich zwischen 150 K und 235 K, dem sogenannten „no man’s land“ vermutet, in welchem Wasser stets im kristallinen Zustand vorliegt. Aus diesem Grund sind experimentelle Untersuchungen in diesem Bereich von fundamentaler Bedeutung. Es wird ausgenutzt, dass die Schmelztemperatur innerhalb nanoskopischer Geometrien deutlich herabgesenkt werden kann, sodass es möglich ist die Eigenschaften von flüssigem Wasser innerhalb des „no man’s land“ zu studieren. Als Confinement wurden bereits in vorangegangenen Arbeiten mesoporöse Silikamaterialien mit unterschiedlichen Porendurchmessern verwendet. Nach Eintreten von partieller Kristallisation im Poreninneren bleibt ein gewisser Wasseranteil an den Grenzflächen im flüssigen Zustand, welcher weiterhin für Untersuchungen im unterkühlten Temperaturbereich zugänglich ist. Es wurde für unterschiedliche Systeme mit Wasser ein Übergang in der Temperaturabhängigkeit der lokalen Dynamik in der Nähe von 220 K beobachtet. Nach wie vor wird kontrovers diskutiert, ob der Übergang eine charakteristische Eigenschaft von Wasser darstellt, oder dieser lediglich durch die geometrische Einschränkung verursacht wird. Es ist somit unklar, inwieweit die Beobachtungen für solche Systeme relevant für die Eigenschaften von unterkühltem Bulk-Wasser sind, weshalb es von fundamentaler Bedeutung ist, charakteristische Wassereigenschaften von generellen Confinement- Effekten zu unterscheiden. Um den Einfluss der Confinement-Größe auf die Dynamik zu studieren, wurde in dieser Arbeit Wasser in Silikaporen MCM-41 und SBA-15 untersucht, deren Porendurchmesser systematisch von 2,1 nm bis 9,4 nm variiert wurde. Außerdem wurden Anzeichen gesucht, ob für Wasser im Confinement bei Temperaturen unterhalb des Übergangs die strukturelle α-Relaxation oder ein rein lokaler Sekundärprozess beobachtet wird. Neben der Forschung an reinem Wasser in Silikaporen, wurde ebenfalls die Dynamik von Wasser-Glycerin-Mischungen mit unterschiedlicher Wasserkonzentration in Silikaporen sowie im Bulk untersucht. Darüber hinaus fanden Studien an einer Wasser-ε-Polylysin-Lösung statt. Unterschiedliche Methoden der kernmagnetischen Resonanz und der dielektrischen Spektroskopie wurden verwendet, um die Dynamik in einem breiten Temperaturbereich zu studieren. Durch Kombination verschiedener 2H-NMR-Experimente und DS wurde die lokale Reorientierungsdynamik über etwa zwölf Größenordnungen bestimmt. Zusätzlich fanden Untersuchungen der langreichweitigen Translationsbewegung mit Hilfe von 1H- und 2H-NMR-Diffusometrie in hohen statischen Feldgradienten statt. Für alle untersuchten Porendurchmesser wurde bei einer Temperatur von etwa 220 K eine Änderung in der Dynamik von einem fragilen bei hohen zu einem starken Verhalten bei tiefen Temperaturen beobachtet. Es wurde gezeigt, dass die Dynamik über den gesamten Temperaturbereich näherungsweise unabhängig vom Porendurchmesser ist, selbst wenn der zugängliche Porenraum durch partielle Kristallisation deutlich reduziert wurde. Außerdem wurde beobachtet, dass die lokale Reorientierungsdynamik in Silikaporen der von Bulk-Wasser für Temperaturen oberhalb und unterhalb des „no man’s land“ ähnelt. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass die beobachtete Dynamik auch unterhalb des Übergangs nach wie vor für einen Austausch von Wassermolekülen in unterschiedlichen lokalen Umgebungen sorgt, sodass diese keinen rein lokalen Sekundärprozess darstellt. Außer lediglich einer erhöhten Heterogenität fanden sich keine Confinement-Effekte für die Dynamik derWasser-Glycerin-Mischungen. Eine ähnliche Wasserdynamik wie in Silikaporen wurde auch im Fall der untersuchten Wasser-ε-Polylysin-Lösung beobachtet. Für dieses System wurde ebenfalls die Dynamik eines weiteren Prozesses bestimmt, welcher einer kollektiven Bewegung von ε-Polylysin und Wasser zugeschrieben wird. Die Studie der langreichweitigen Translationsbewegung zeigte, dass die Diffusion von Wasser innerhalb der Silikaporen deutlich langsamer ist als im Bulk. Mit Verringern des Porendurchmessers, ergaben sich systematisch kleinere Diffusionskoeffizienten. Für die langreichweitige Translation zeigt sich im Gegensatz zur lokalen Reorientierung kein Übergang in der Temperaturabhängigkeit. Die Diffusionskoeffizienten folgen dagegen über den gesamten Temperaturbereich jeweils einem Arrhenius-Gesetz. Der Vergleich der Rotations- und Translationsdynamik spricht dafür, dass in der Nähe der Silikawände die lokale Reorientierung von der langreichweitigen Diffusion entkoppelt. Für alle untersuchten Systeme zeigten sich eher schwache Confinement-Effekte in Hinsicht auf lokale Reorientierungen. Der dynamische Übergang konnte ausschließlich im Fall von Wasser beobachtet werden und zeigte sich unabhängig von Porengröße. Aufgrund dieser Befunde wird angenommen, dass dieser Übergang nicht alleine durch Confinement-Effekte verursacht sein kann. Alternativ wird in Betracht gezogen, dass bei tiefen Temperaturen fluktuierende eisartige Strukturen mit flüssigkeitsähnlichen Strukturen koexistieren könnten. Der Übergang ist dann möglicherweise auf eine Änderung von einem strukturell homogenen Zustand zu einem Zustand mit sehr lokaler Heterogenität zurückzuführen.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2020
Autor(en): Weigler, Max
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Untersuchung der lokalen und langreichweitigen Wasserdynamik in eingeschränkten Geometrien
Sprache: Deutsch
Referenten: Vogel, Prof. Dr. Michael ; Buntkowsky, Prof. Dr. Gerd
Publikationsjahr: 2020
Ort: Darmstadt
Datum der mündlichen Prüfung: 22 Januar 2020
DOI: 10.25534/tuprints-00011882
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/11882
Kurzbeschreibung (Abstract):

Trotz langjähriger intensiver Forschung an Wasser sind nach wie vor viele physikalische Eigenschaften dieser außergewöhnlichen Flüssigkeit unverstanden. Für Wasser werden zahlreiche Anomalien hinsichtlich thermodynamischer und dynamischer Eigenschaften beobachtet, welche beim Herunterkühlen besonders deutlich hervortreten. Hinweise für die Ursachen dieser Anomalien werden im tief unterkühlten Temperaturbereich zwischen 150 K und 235 K, dem sogenannten „no man’s land“ vermutet, in welchem Wasser stets im kristallinen Zustand vorliegt. Aus diesem Grund sind experimentelle Untersuchungen in diesem Bereich von fundamentaler Bedeutung. Es wird ausgenutzt, dass die Schmelztemperatur innerhalb nanoskopischer Geometrien deutlich herabgesenkt werden kann, sodass es möglich ist die Eigenschaften von flüssigem Wasser innerhalb des „no man’s land“ zu studieren. Als Confinement wurden bereits in vorangegangenen Arbeiten mesoporöse Silikamaterialien mit unterschiedlichen Porendurchmessern verwendet. Nach Eintreten von partieller Kristallisation im Poreninneren bleibt ein gewisser Wasseranteil an den Grenzflächen im flüssigen Zustand, welcher weiterhin für Untersuchungen im unterkühlten Temperaturbereich zugänglich ist. Es wurde für unterschiedliche Systeme mit Wasser ein Übergang in der Temperaturabhängigkeit der lokalen Dynamik in der Nähe von 220 K beobachtet. Nach wie vor wird kontrovers diskutiert, ob der Übergang eine charakteristische Eigenschaft von Wasser darstellt, oder dieser lediglich durch die geometrische Einschränkung verursacht wird. Es ist somit unklar, inwieweit die Beobachtungen für solche Systeme relevant für die Eigenschaften von unterkühltem Bulk-Wasser sind, weshalb es von fundamentaler Bedeutung ist, charakteristische Wassereigenschaften von generellen Confinement- Effekten zu unterscheiden. Um den Einfluss der Confinement-Größe auf die Dynamik zu studieren, wurde in dieser Arbeit Wasser in Silikaporen MCM-41 und SBA-15 untersucht, deren Porendurchmesser systematisch von 2,1 nm bis 9,4 nm variiert wurde. Außerdem wurden Anzeichen gesucht, ob für Wasser im Confinement bei Temperaturen unterhalb des Übergangs die strukturelle α-Relaxation oder ein rein lokaler Sekundärprozess beobachtet wird. Neben der Forschung an reinem Wasser in Silikaporen, wurde ebenfalls die Dynamik von Wasser-Glycerin-Mischungen mit unterschiedlicher Wasserkonzentration in Silikaporen sowie im Bulk untersucht. Darüber hinaus fanden Studien an einer Wasser-ε-Polylysin-Lösung statt. Unterschiedliche Methoden der kernmagnetischen Resonanz und der dielektrischen Spektroskopie wurden verwendet, um die Dynamik in einem breiten Temperaturbereich zu studieren. Durch Kombination verschiedener 2H-NMR-Experimente und DS wurde die lokale Reorientierungsdynamik über etwa zwölf Größenordnungen bestimmt. Zusätzlich fanden Untersuchungen der langreichweitigen Translationsbewegung mit Hilfe von 1H- und 2H-NMR-Diffusometrie in hohen statischen Feldgradienten statt. Für alle untersuchten Porendurchmesser wurde bei einer Temperatur von etwa 220 K eine Änderung in der Dynamik von einem fragilen bei hohen zu einem starken Verhalten bei tiefen Temperaturen beobachtet. Es wurde gezeigt, dass die Dynamik über den gesamten Temperaturbereich näherungsweise unabhängig vom Porendurchmesser ist, selbst wenn der zugängliche Porenraum durch partielle Kristallisation deutlich reduziert wurde. Außerdem wurde beobachtet, dass die lokale Reorientierungsdynamik in Silikaporen der von Bulk-Wasser für Temperaturen oberhalb und unterhalb des „no man’s land“ ähnelt. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass die beobachtete Dynamik auch unterhalb des Übergangs nach wie vor für einen Austausch von Wassermolekülen in unterschiedlichen lokalen Umgebungen sorgt, sodass diese keinen rein lokalen Sekundärprozess darstellt. Außer lediglich einer erhöhten Heterogenität fanden sich keine Confinement-Effekte für die Dynamik derWasser-Glycerin-Mischungen. Eine ähnliche Wasserdynamik wie in Silikaporen wurde auch im Fall der untersuchten Wasser-ε-Polylysin-Lösung beobachtet. Für dieses System wurde ebenfalls die Dynamik eines weiteren Prozesses bestimmt, welcher einer kollektiven Bewegung von ε-Polylysin und Wasser zugeschrieben wird. Die Studie der langreichweitigen Translationsbewegung zeigte, dass die Diffusion von Wasser innerhalb der Silikaporen deutlich langsamer ist als im Bulk. Mit Verringern des Porendurchmessers, ergaben sich systematisch kleinere Diffusionskoeffizienten. Für die langreichweitige Translation zeigt sich im Gegensatz zur lokalen Reorientierung kein Übergang in der Temperaturabhängigkeit. Die Diffusionskoeffizienten folgen dagegen über den gesamten Temperaturbereich jeweils einem Arrhenius-Gesetz. Der Vergleich der Rotations- und Translationsdynamik spricht dafür, dass in der Nähe der Silikawände die lokale Reorientierung von der langreichweitigen Diffusion entkoppelt. Für alle untersuchten Systeme zeigten sich eher schwache Confinement-Effekte in Hinsicht auf lokale Reorientierungen. Der dynamische Übergang konnte ausschließlich im Fall von Wasser beobachtet werden und zeigte sich unabhängig von Porengröße. Aufgrund dieser Befunde wird angenommen, dass dieser Übergang nicht alleine durch Confinement-Effekte verursacht sein kann. Alternativ wird in Betracht gezogen, dass bei tiefen Temperaturen fluktuierende eisartige Strukturen mit flüssigkeitsähnlichen Strukturen koexistieren könnten. Der Übergang ist dann möglicherweise auf eine Änderung von einem strukturell homogenen Zustand zu einem Zustand mit sehr lokaler Heterogenität zurückzuführen.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

Despite many years of intensive research on water, many physical properties of this extraordinary liquid are still not understood. For water, numerous anomalies in terms of thermodynamic and dynamic properties are observed, which emerge particularly clearly upon cooling. Evidence for the cause of these anomalies is suspected in the deeply supercooled temperature regime between 150 K and 235 K, the so-called „no man’s land“, in which water is always in the crystalline state. For this reason, experi- mental investigations in this regime are of fundamental importance. It is exploited that the melting temperature within nanoscopic geometries can be reduced significantly, so that it is possible to study the properties of liquid water within the „no man’s land“. Mesoporous silica materials with different pore diameters have already been used in previous work as Confinement. After the occurrence of partial crystallization in the interior of the pore, at the interfaces a certain amount of water remains in the liquid state, which is still accessible for investigations in the subcooled temperature range. For different systems with water a transition in the temperature dependence of local dynamics near 220 K has been observed. It is still controversial whether the transition is a characteristic property of water, or this is only caused by the geometric constraint. It is therefore unclear to what extent the observations for such systems are relevant to the properties of supercooled bulk water, so it is of fundamental importance to distin- guish characteristic water properties from general confinement effects. In order to study the influence of the size of the confinement on the dynamics, in this work water in silica pores MCM-41 and SBA-15 was examined, whose pore diameter was systematically varied from 2.1 nm to 9.4 nm. In addition, it was searched for evidences whether the structural α-relaxation or a mere local secondary process is observed for water in confinement at temperatures below the transition. In addition to the research on pure water in silica pores, the dynamics of water-glycerol mixtures with different water concentrations in silica pores and bulk were also investigated. In addition, studies on a water ε-polylysine solution took place. In order to study the dynamics in a broad temperature range, different methods of nuclear magnetic resonance and dielectric spectroscopy were used. By combining various 2H NMR experiments and DS, the local reorientation dynamics was determined over about twelve orders of magnitude. In addition, long-range translational motion studies were performed using 1H and 2H NMR diffusometry in strong static static field gradients. For all investigated pore diameters at a temperature of about 220 K a change in the dynamics from a fragile at high to a strong behavior at low temperatures was observed. It has been shown that the dynamics over the entire temperature range is approximately independent of the pore diameter, even if the accessible pore space was significantly reduced by partial crystallization. It has also been observed that the local reorientation dynamics in silica pores are similar to those of bulk water for temperatures above and below the „no man’s land“. There are also indications that the observed dynamics still ensure an exchange of water molecules in different local environments even below the transition, so that this is not a mere local secondary process. Apart from an increased heterogeneity, no Confinement effects for the dynamics of the water-glycerin mixtures were found. In the case of the investigated water ε-polylysine solution, a water dynamics similar to that in silica pores was observed. The dynamics of another process was also determined for this system, which is attributed to a collective motion of ε-Polylysin and water. The study of the long-range translational motion showed that the diffusion of water inside the silica pores is significantly slower than in bulk. As the pore diameter decreased, systematically smaller diffusion coefficients were obtained. In contrast to local reori- entation, there is no transition in temperature dependence for long-range translation. The diffusion coefficients, however, follow an Arrhenius law over the entire temperature range. The comparison of rotational and translational dynamics suggests that in the vicinity of the silica walls local reorientation is decoupled from long-range diffusion. For all investigated systems rather weak confinement effects with respect to local reorientations were shown. The dynamic transition was observed only in the case of water and was independent of pore size. Based on these findings, it is assumed that this transition not be caused only by confinement effects. Alternatively, it is considered that at low temperatures. The transition may then be due to a change from a structurally homogeneous state to a state with very local heterogeneity.

Englisch
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-118827
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 530 Physik
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 05 Fachbereich Physik
05 Fachbereich Physik > Institut für Festkörperphysik (2021 umbenannt in Institut für Physik Kondensierter Materie (IPKM))
05 Fachbereich Physik > Institut für Festkörperphysik (2021 umbenannt in Institut für Physik Kondensierter Materie (IPKM)) > Molekulare Dynamik in kondensierter Materie
05 Fachbereich Physik > Institut für Festkörperphysik (2021 umbenannt in Institut für Physik Kondensierter Materie (IPKM)) > Magnetische Kernresonanz
Hinterlegungsdatum: 23 Jun 2020 08:58
Letzte Änderung: 30 Jun 2020 08:54
PPN:
Referenten: Vogel, Prof. Dr. Michael ; Buntkowsky, Prof. Dr. Gerd
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 22 Januar 2020
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